Erstmals wird ein ganzheitlicher Transformationsansatz für die hausärztliche Versorgung vertraglich verankert und vergütet: Multiprofessionelle Teams mit qualifizierter Delegation, der konsequente Einsatz digitaler Anwendungen, eine klare Ausrichtung auf die Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten sowie enge Kooperationen mit anderen Gesundheitsakteuren und die Versorgungskoordination durch die Hausarztpraxis bilden die Kernpunkte des HÄPPI-Konzepts. Praxen werden nun gezielt gefördert, um den wachsenden Anforderungen an die hausärztliche Versorgung noch besser gerecht zu werden. Die hausärztliche Praxis wird so als zentrale Steuerungsstelle im Gesundheitssystem gestärkt und fit für die Zukunft gemacht.
„Mit HÄPPI zeigen wir, wie die Transformation der Primärversorgung als Angebot für alle Praxen gelingen kann – nicht als Modellprojekt, sondern als echte Versorgungsrealität. Praxen, die ihre Arbeitsweise verändern wollen, erhalten dafür eine gezielte Vergütung. Die HZV beweist einmal mehr, dass sie der Goldstandard einer hausärztlich gesteuerten Versorgung ist und Antworten auf die drängenden Fragen der Gesundheitsversorgung in die Umsetzung bringt – und zwar heute, nicht erst, wenn es zu spät ist“, betonen Dr. Susanne Bublitz und Prof. Dr. Nicola Buhlinger-Göpfarth, Vorstandsvorsitzende des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands Baden-Württemberg.
Gezielte Förderung für zukunftsfähige Praxen
Die Einführung von HÄPPI im AOK-HZV-Vertrag ist das Ergebnis einer engen und konstruktiven Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern. HÄPPI wurde 2024 in zehn HZV-Pilotpraxen in Baden-Württemberg erprobt und wissenschaftlich von der Universität Heidelberg evaluiert. Die Auswertung zeigt: Digitalisierung und Delegation an akademisches nichtärztliches Personal führten zu einer deutlichen Entlastung der Hausärztinnen und Hausärzte. Gleichzeitig konnten die HÄPPI-Praxen mehr Patientinnen und Patienten versorgen und die Zufriedenheit der Praxisteams stieg.
Darauf aufbauend ist es nun gelungen, ein praxistaugliches Vergütungskonzept für die Transformation zu schaffen: Praxen erhalten pro eingeschriebenen AOK-HZV-Versicherten einen Zuschlag von 20 Euro sowie einen HÄPPI-Transformationszuschlag von 10 Euro zur Unterstützung des Aufbaus der HÄPPI-Infrastruktur. Zusätzlich gibt es weiterhin einen finanziellen Zuschlag für den Einsatz akademischer nichtärztlicher Gesundheitsberufe – abhängig vom Stundenumfang und Anzahl der eingesetzten Fachkräfte (bis zu 15 Euro je Versichertenteilnahmejahr). Die Erfolgsfaktoren des Pilotprojektes sind zugleich die definierten Teilnahmevoraussetzungen für die HÄPPI-Vergütung. Dazu gehört der Einsatz akademischer Gesundheitsberufe, die Nutzung digitaler Anwendungen und die Umsetzung strukturierter Kooperationsprozesse.
„Die HZV bietet eingeschriebenen Versicherten bereits heute nachweislich eine bessere Versorgung. Mit HÄPPI können wir die Qualität weiter steigern und engmaschiger gestalten. Der verpflichtende Einsatz digitaler Hilfsmittel wie Online-Terminbuchung, Videosprechstunden, Messenger, spezieller Software für mehr Sicherheit bei Medikamenten und ein Erinnerungsdienst für Impfungen und Vorsorgeuntersuchungen verbessert die Abläufe in den Praxen deutlich und entlastet Hausärztinnen und Hausärzte sowie akademisierte und nicht-akademisierte Fachkräfte. So bleibt mehr Zeit für die Versorgung kranker Menschen. Positiv ist auch, dass durch die Delegation an nichtärztliches akademisiertes Personal neue Versorgungswege entstehen. Alle Maßnahmen im Rahmen von HÄPPI sind wichtige Schritte, um die Versorgung unserer Versicherten sicherzustellen“, so Johannes Bauernfeind, Vorstandsvorsitzender der AOK Baden-Württemberg.
Auch die Kooperation mit Pflegeheimen sowie Fachärztinnen und Fachärzten, die an den Facharztverträgen nach § 140a SGB V teilnehmen, ist ein zentraler Bestandteil der HÄPPI-Vergütung. Dr. Norbert Smetak, Vorstandsvorsitzender von MEDI Baden-Württemberg, ergänzt: „Wenn wir Steuerung, Gesundheitskompetenz und Patientenzentrierung ernst meinen, brauchen wir echte Versorgungsteams in den Regionen. Durch den verpflichtenden Anschluss der Facharztpraxen endet die Steuerung nicht in der Hausarztpraxis, sondern wird im fachärztlichen Bereich fortgeführt.“
HZV und HÄPPI: Königsweg für die Primärversorgung von morgen
Mit HÄPPI etablieren die Vertragspartner eine weitere zukunftsweisende Komponente in der HZV und zeigen im Kontext der aktuellen gesundheitspolitischen Debatte, dass es für die vielfältigen Herausforderungen des Gesundheitssystems partnerschaftliche Versorgungsgestaltung benötigt. Aus Sicht der baden-württembergischen Vertragspartner bietet HÄPPI eine skalierbare und realistische Perspektive, wie das politisch gewünschte Primärarztsystem in Deutschland funktionieren kann: partnerschaftlich gestaltet, in der HZV verankert und auf die Bedürfnisse von Praxen und Patientinnen und Patienten ausgerichtet.
Hintergrundinformationen
Qualifizierungsoffensive und konkrete UmsetzungshilfenDer Hausärztinnen- und Hausärzteverband Baden-Württemberg unterstützt teilnehmende Praxen mit einem umfassenden Umsetzungspaket: Auf dem Weg zum HÄPPI begleitet ein praxiserprobtes Workbook mit vielen Beispielen für Delegation und zum Einsatz digitaler Tools. Darüber hinaus werden Schulungen und gezielte Beratungen angeboten, für einen erfolgreichen Einstieg und eine nachhaltige Umsetzung.
Patientenzentrierung durch PatientenbefragungenBei HÄPPI sind standardisierte Patientenbefragungen als wesentlicher Bestandteil zur Qualitätssicherung integriert. Diese Befragungen werden digital über standardisierte Fragebögen durchgeführt.
FortbildungenIn den HÄPPI-Praxen wird großer Wert auf kontinuierliche Weiterbildung und den Austausch von Erfahrungen und Best Practices gelegt. Zu diesem Zweck sind verpflichtende fachliche Fortbildungen ein integraler Bestandteil. Zweimal jährlich finden HÄPPI-Fortbildungen statt. Diese Veranstaltungen bieten eine Plattform für Teampraxen, um sich über aktuelle Entwicklungen, Herausforderungen und innovative Lösungsansätze in der hausärztlichen Primärversorgung zu informieren oder auszutauschen.
EvaluationHÄPPI-Praxen verpflichten sich, an regelmäßigen Evaluationen teilzunehmen, die darauf abzielen, die Effektivität und Effizienz des Konzepts zu überprüfen und zu optimieren. Diese Evaluationen umfassen verschiedene Aspekte der Praxisarbeit, darunter die interprofessionelle Zusammenarbeit, die Patientenzufriedenheit und die Nutzung digitaler Tools. Durch die Teilnahme an diesen Untersuchungen tragen die HÄPPI-Praxen aktiv zur Weiterentwicklung des Modells bei und helfen, Verbesserungsmöglichkeiten zu identifizieren.
Der Hausärztinnen- und Hausärzteverband Baden-Württemberg (HÄVBW) ist einer von 18 Landesverbänden des Hausärztinnen- und Hausärzteverbands. Er vertritt die Interessen von über 4.500 Hausärztinnen und Hausärzten in Baden-Württemberg gegenüber der Ärztekammer, der Kassenärztlichen Vereinigung, den Krankenkassen und den Landesministerien. Alle Aktivitäten des HÄVBW sind auf der Website des Landesverbandes (haevbw.de) ersichtlich.
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