Pflegende Angehörige brauchen oft dringend Entlastung. Dafür ist die sogenannte Verhinderungspflege da. Seit Juli dieses Jahres gelten für diese viel zu selten genutzte Leistung der gesetzlichen Pflegeversicherung großzügigere Regelungen.

Eigene Arztbesuche, der wöchentliche Skatabend, die ausgedehnte Joggingrunde mit Freunden – für die meisten Menschen sind das Selbstverständlichkeiten, nicht aber für Pflegende Angehörige. Diese sind mitunter rund um die Uhr in der Pflege eingespannt und oft nahe am Burnout. Gut, wenn dann eine Ersatzperson in der Pflege einspringen kann. Wir zeigen, wie das funktioniert und was die Pflegeversicherung hierfür zahlt.

Steckbrief Verhinderungspflege

  • Für wen? Zu Hause betreute Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2
  • Voraussetzung? Es gibt eine eingetragene Pflegeperson – und diese ist stunden- oder tageweise verhindert
  • Wie viel? Bis zu 3.539 Euro pro Jahr (aus dem gemeinsamen Etat für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege), maximal für 56 Tage (gilt bei tageweiser Verhinderungspflege)
  • Ab wann? Ab dem ersten Tag der Pflegebedürftigkeit ab Pflegegrad 2
  • Kombinierbar? Mit Kurzzeitpflege, Tagespflege, Geldleistung für Pflegedienste, dem Entlastungsbetrag und Pflegegeld (wird gegebenenfalls halbiert)
  • Antragstellung? Erforderlich, nachträglich möglich

In Kürze: Verhinderungs- und Kurzzeitpflege

Seit dem 1. Juli 2025 gibt es bei der Kurzzeit- und Verhinderungspflege gleich mehrere Verbesserungen. Die wichtigste ist: Der Etat für beide Leistungen, die ohnehin eng verknüpft sind, wird zusammengelegt. Es gibt nun einen „Gemeinsamen Jahresbetrag“ für die Kurzzeit- und Verhinderungspflege von bis zu 3.539 Euro.

Biallo-Tipp: Bei dem Gemeinsamen Jahresbetrag nach § 42a SGB XI handelt es sich um einen kalenderjährlichen Anspruch. „Demzufolge besteht der Anspruch auf den Gemeinsamen Jahresbetrag in voller Höhe für ein Kalenderjahr unabhängig vom Zeitpunkt der Feststellung der Pflegebedürftigkeit mit mindestens Pflegegrad 2“, erklärt Jens Ofiera vom GKV-Spitzenverband auf Anfrage. Das bedeutet: Selbst wenn Pflegebedürftigkeit mit Grad 2 erst im November oder Dezember eines Jahres festgestellt wird, können Leistungen der Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege bis zur Höhe von 3.539 Euro genutzt werden. Der Anspruch wird also nicht auf Monate „heruntergerechnet“. Wichtig allerdings: „Sofern in einem Kalenderjahr der Gemeinsame Jahresbetrag nicht ausgeschöpft wird, verfällt der Restanspruch am 31. Dezember des Jahres“, ergänzt Ofiera.

Der Gemeinsame Jahresbetrag kann von zu Hause betreuten Pflegebedürftigen ab Grad 2 flexibel für die Verhinderungs- oder Kurzzeitpflege verwendet werden. Soweit die Leistungen nicht von Privatpersonen, sondern von Pflegeeinrichtungen erbracht werden, müssen diese den Pflegebedürftigen unverzüglich eine Übersicht über die angefallenen Kosten aus dem Jahresbetrag aushändigen.

Überdies wurden zum 1. Juli 2025 die Anspruchsvoraussetzungen und Regeln für beide Leistungen vereinheitlicht. Das bedeutet: Nun kann auch die Verhinderungspflege – wie vorher schon die Kurzzeitpflege – bis zu acht Wochen im Kalenderjahr in Anspruch genommen werden. Das Pflegegeld für die Betroffenen wird dann – wie bisher schon für Menschen mit Kurzzeitpflege – acht statt sechs Wochen lang  zur Hälfte weitergezahlt. Das gilt allerdings nicht für die Verhinderungspflege für ein paar Stunden – etwa für die Doppelkopfrunde. Hierbei wird das Pflegegeld nicht gekürzt. Dazu weiter unten mehr.

Weiterhin entfällt die sogenannte Vorpflegezeit bei der Verhinderungspflege. Bisher mussten die Pflegepersonen mindestens sechs Monate lang die Pflege zu Hause übernommen haben, ehe die Pflegebedürftigen die Verhinderungspflege beanspruchen konnten. Dies gilt seit Juli 2025 nicht mehr.

  • Biallo-Tipp: Nun können Sie die Verhinderungspflege sofort in Anspruch nehmen, wenn mindestens Pflegegrad 2 festgestellt wurde.

Was ist der Unterschied zwischen Kurzzeitpflege und Verhinderungspflege?

Beide Leistungen können genutzt werden, wenn die Pflegeperson (also beispielsweise der Sohn oder die Tochter eines Pflegebedürftigen) verhindert ist.

Kurzzeitpflege stellt auf den Ort der Pflege ab. Hier geht es um eine kurzzeitige Heimpflege. Diese kommt für Sie etwa in folgendem Fall in Frage:

Beispiel: Normalerweise betreut Ihre Tochter Sie. Diese plant aber einen Familienurlaub. In deren Urlaubszeit ziehen Sie in ein Pflegeheim.

Kurzzeitpflege kommt auch infrage, wenn Pflegebedürftigkeit gerade eingetreten ist, etwa nach einem Schlaganfall. In diesem Fall ist es – auch wenn die weitere Pflege zu Hause geplant wird – manchmal sinnvoll, zunächst die Betreuung in einem Pflegeheim in Anspruch zu nehmen.

Bei Verhinderungspflege – auch Ersatzpflege genannt – steht allein der Aspekt der Verhinderung der Pflegeperson im Vordergrund. Diese steht stunden- oder tageweise nicht zur Verfügung. In dieser Zeit springt eine Ersatzperson (oder gegebenenfalls auch ein Pflegedienst oder – bei längerem Ausfall der Pflegeperson – ein Pflegeheim) ein – finanziert oder teilfinanziert von der Pflegeversicherung.

Stunden- und tageweise Verhinderungspflege

Für Verhinderungspflege steht den meisten Pflegebedürftigen pro Jahr derzeit ein Etat in Höhe von 3.539 Euro zur Verfügung.  So hoch ist der zum 1. Juli 2025 eingeführte gemeinsame Jahresbetrag für Verhinderungs- und Kurzzeitpflege. Da Kurzzeitpflege im Heim eher selten genutzt wird, gehen wir im Folgenden davon aus, dass Ihnen der Gesamtetat für Verhinderungspflege zur Verfügung steht. Neben der Begrenzung auf den Höchstbetrag (der künftig angepasst wird) gilt eine zeitliche Begrenzung von 56 Tagen pro Jahr. Diese spielt allerdings nur eine Rolle, wenn Sie die Verhinderungspflege sozusagen „volltags“ (tageweise) nutzen. Als tageweise gilt die Nutzung ab acht Stunden.

Beispiel: Ihre Tochter ist normalerweise Ihre Pflegeperson. Krankheitsbedingt fällt sie länger aus und eine Freundin von Ihnen zieht zu Ihnen in die Wohnung und übernimmt die Pflege vollständig. In diesem Fall können maximal 56 Tage Ersatzpflege mit der Pflegekasse abgerechnet werden. Bei der stundenweisen Verhinderungspflege (unter acht Stunden am Tag) spielt die zeitliche Begrenzung auf 56 Tage keine Rolle. Der Anspruch von 56 Tagen wird dabei nicht aufgebraucht.

Es gibt noch einen weiteren Unterschied zwischen stunden- und tageweiser Verhinderungspflege: Bei tageweiser Verhinderungspflege steht Ihnen als Pflegebedürftigem für die Tage der Ersatzpflege nur ihr halbes Pflegegeld zur Verfügung.

Statistik: Wie häufig Verhinderungspflege genutzt wird

Im Jahr 2024 nutzten immerhin knapp 480.000 Pflegebedürftige die stundenweise Verhinderungspflege. Die Tendenz ist stark steigend. In diesem Jahr gab es jedoch 3,75 Millionen Pflegebedürftige ab Grad 2, die zu Hause lebten. Die übergroße Mehrheit von Ihnen – fast 3,3 Millionen – hat die Leistung, deren Nutzung bei anderen Leistungen der Pflegeversicherung keinerlei Nachteile mit sich bringt, nicht in Anspruch genommen. Dies zum Teil wohl auch, weil ihnen die Leistung unbekannt war.  Die Variante der längerfristigen Ersatzpflege (für volle Tage) wurde 2024 nur in knapp 35.000 Fällen genutzt.

s. Grafik

Beispiele: stundenweise und tageweise Verhinderungspflege

Beispiel für stundenweise Verhinderungspflege

„Mit unserer Frauenclique treffen wir uns seit 20 Jahren mittwochs zum Doppelkopf. Und das bleibt auch jetzt so.“ Inzwischen betreut Dagmar S. (66) ihre Alzheimer-kranke Mutter. „Das ist aufreibend und fast ein Vollzeitjob“, erklärt die pensionierte Lehrerin. Doch mittwochabends hat sie Doppelkopf-frei. Dann springt eine 16-Jährige aus der Nachbarschaft für die Betreuung der Mutter ein. „Gestern haben wir Memory gespielt, das geht manchmal, aber oft kann ich auch was für die Schule tun und muss nur sehen, dass nichts passiert“, sagt die Schülerin. Pro Abend bekommt sie 30 Euro. Die Rechnungen der Schülerin reicht Dagmar S. bei der Pflegekasse ihrer Mutter ein. Diese werden voll erstattet.

Beispiel für die Nutzung für ganze Tage
Die Kölnerin Eva G. pflegt seit einem Jahr ihren Ehemann Matthias, sie ist bei dessen Pflegekasse als Pflegeperson eingetragen. Im Frühjahr 2025 musste sie zu einer Armoperation ins Krankenhaus. Bis dahin hatte sie die Pflege mit Hilfe eines Pflegedienstes geschultert. In der Zeit ihrer Abwesenheit zog eine Bekannte des Ehepaars in dessen Wohnung ein und übernahm für fünf Tage die Pflege. Dafür stellte sie Eva G. insgesamt 484 Euro in Rechnung und quittierte den Erhalt dieses Betrags. Darüber hinaus erstattete Eva G. ihr noch die Hin- und Rückfahrkosten in Höhe von 42 Euro. Eva G., die von der Pflegekasse ihres Mannes auf die Möglichkeit der Verhinderungspflege vorher hingewiesen wurde, hat die Belege bei der Pflegekasse ihres Mannes eingereicht und die Erstattung beantragt. Das Geld wurde ohne weitere Nachfrage überwiesen. Sie kommentiert: „Das lief eigentlich ganz easy, man muss nur wissen, worauf man Anspruch hat.“

Da Eva G. und ihr Mann die Leistung tageweise (und zwar an fünf Tagen) genutzt haben, wurde das Pflegegeld für ihren Ehemann Matthias um knapp 30 Euro gekürzt.

Antragstellung und Organisation der Verhinderungspflege

Beantragt wird die Leistung vom Pflegebedürftigen selbst beziehungsweise von bevollmächtigten Personen. Profitieren sollen davon aber pflegende Angehörige. Sie können durch eine Ersatzpflegeperson von der Pflege entlastet werden und Freiraum erhalten. Deshalb heißt die Verhinderungspflege auch Ersatzpflege. Für ihre Dienste kann die Ersatzpflegeperson entlohnt werden. Das Geld dafür streckt der Pflegebedürftige meist vor und reicht den Zahlungsbeleg oder die Quittung anschließend bei seiner Pflegekasse ein. Möglich ist auch, dass die Ersatzpflegeperson das Geld direkt von der Pflegekasse überwiesen bekommt.

Um die Organisation der Verhinderungspflege muss sich der Pflegebedürftige, dessen Familie oder die Pflegeperson selbst kümmern. Die Pflegeversicherung stellt nur einen Etat zur Verfügung. Derzeit maximal 3.539 Euro im Jahr.

Muss die Pflegeperson erklären, wofür sie die „pflegefreie“ Zeit nutzen will?

Nein. Das geht die Pflegeversicherung auch gar nichts an. In den Antragsbögen der Pflegekassen zur Verhinderungspflege gibt es hierfür zwar die Antwortvorgaben „Krankheit“, „Urlaub“ und „Sonstiges“. Es ist für die Leistung aber völlig gleichgültig, was hier angekreuzt wird. Generell gilt: Niemand muss sich für seinen Wunsch nach pflegefreier Zeit rechtfertigen.

Müssen die Ersatzpersonen für die Pflege qualifiziert sein?

Nein. Danach fragt die Pflegekasse nicht. Auch pflegende Angehörige müssen im Übrigen keinen Nachweis über ihre Pflege-Fähigkeiten erbringen. Bei kurzer Abwesenheit der eigentlichen Pflegeperson reicht es oft, dass überhaupt jemand in der Wohnung anwesend ist und gegebenenfalls ein Glas Wasser reichen kann. Aber natürlich sind je nach der gesundheitlichen Situation des Pflegebedürftigen und je nach Dauer der Abwesenheit der Pflegeperson auch komplexere Hilfestellungen erforderlich – etwa das Umlagern im Bett.

Entlohnung der Ersatzpflegepersonen

Hierfür gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Was für die Ersatzpflege gezahlt wird, ist im Prinzip frei verhandelbar. In einer Entscheidung vom 17. Mai 2000 befand das Bundessozialgericht, einen pauschalen Tageshöchstsatz dürfen die Pflegekassen nicht festlegen (Az.: B3 P8/99 R). Als Orientierung können die in der Altenpflege geltenden Mindestlöhne gelten. Für Pflegefachkräfte gilt seit dem 1. Juli 2025 ein Mindestsatz von 20,50 Euro pro Stunde brutto, für Pflegehilfskräfte 16,10 Euro. Wird die Verhinderungspflege von einem professionellen Pflegedienst geleistet, gelten ohnehin dessen – deutlich höhere – Leistungssätze.

Beispiel: Was möglich ist und wo die Grenzen liegen

Die Tochter einer Pflegebedürftigen nimmt sich jede Woche zwei Abende – insgesamt neun Stunden – pflegefrei, für einen Kneipenbesuch und einen Kinoabend. Für diesen Zeitraum engagiert sie eine Nachbarin als Ersatzpflege. Im Jahr kommen damit – wenn die Ersatzpflege in 50 Wochen genutzt wird – 450 Ersatzpflegestunden zusammen. Einen hohen Stundensatz kann die Tochter in diesem Fall aus der Verhinderungspflege ohnehin nicht finanzieren. Schon bei einem Stundenentgelt von acht Euro kommen 3.400 Euro im Jahr zusammen, womit der Maximalbetrag von 3.539 Euro fast erreicht ist.

Können auch Verwandte und Verschwägerte die Verhinderungspflege übernehmen?

Das geht. Aber dann gelten für die Kostenerstattung andere Regeln. Die Kostenerstattung ist in diesem Fall begrenzt auf den doppelten Betrag des Pflegegelds, der dem jeweiligen Pflegebedürftigen zusteht. ei Pflegegrad 3 beträgt das Pflegegeld derzeit (Stand: September 2025) monatlich 599 Euro. Erstattungsfähig sind damit in einem Monat (2 x 599 Euro =) 1.198 Euro. Auf den Tag umgerechnet sind dies etwa 40 Euro. Dieser Betrag ist für nahe Angehörige eines Pflegebedürftigen mit Grad 3 täglich erstattungsfähig. Hinzu kommen noch Auslagen (etwa für Fahrtkosten), die zusätzlich erstattet werden können. Diese Begrenzung gilt auch für Personen in Ersatzpflege, die mit dem Pflegebedürftigen in einer Wohnung leben.

  • Biallo-Tipp: Zwar ist die Aufwandsentschädigung begrenzt. Vorteilhaft ist bei der Angehörigen-Ersatzpflege jedoch, dass hier die Übernahme des Verdienstausfalls durch die Pflegekasse in Frage kommt.

Beispiel: Der Sohn einer Pflegebedürftigen springt als Ersatzpfleger ein, weil die Tochter, die ansonsten die Pflege übernimmt, in Urlaub fährt. Dafür nimmt der Sohn unbezahlten Urlaub. In diesem Fall kommt die Pflegekasse – solange der Maximalbetrag von 3.539 Euro nicht überschritten wird – auf Antrag für den Verdienstausfall auf.

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Biallo & Team GmbH
Achselschwanger Str. 5
86919 Utting
Telefon: +49 (8806) 333840
Telefax: +49 (8806) 3338419
http://www.biallo.de

Ansprechpartner:
Anita Pabian
Telefon: +49 (8806) 33384-0
Fax: +49 (8806) 33384-19
E-Mail: pabian@biallo.de
Für die oben stehende Story ist allein der jeweils angegebene Herausgeber (siehe Firmenkontakt oben) verantwortlich. Dieser ist in der Regel auch Urheber des Pressetextes, sowie der angehängten Bild-, Ton-, Video-, Medien- und Informationsmaterialien. Die United News Network GmbH übernimmt keine Haftung für die Korrektheit oder Vollständigkeit der dargestellten Meldung. Auch bei Übertragungsfehlern oder anderen Störungen haftet sie nur im Fall von Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Die Nutzung von hier archivierten Informationen zur Eigeninformation und redaktionellen Weiterverarbeitung ist in der Regel kostenfrei. Bitte klären Sie vor einer Weiterverwendung urheberrechtliche Fragen mit dem angegebenen Herausgeber. Eine systematische Speicherung dieser Daten sowie die Verwendung auch von Teilen dieses Datenbankwerks sind nur mit schriftlicher Genehmigung durch die United News Network GmbH gestattet.

counterpixel