Unterschiedlichste Materialien zerstörungsfrei prüfen zu können, ist für Industrie und Wissenschaft in vielen Bereichen essentiell. Das Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF hat jetzt eine neue Methode entwickelt, die erstmals die mechanische Prüfung eines Bauteils unter realistischen Belastungen mit einer radiologischen Durchstrahlungsprüfung kombiniert. Die Methode dient dazu, Materialien zu charakterisieren, und sie erleichtert die Beurteilung von Einschlüssen oder Schädigungen im Werkstoff bezüglich deren Einflusses auf die Festigkeit und Lebensdauer. Damit liefert das Fraunhofer LBF Materialentwicklern und Herstellern sowie Wissenschaftlern wichtige Informationen zum besseren Verständnis von Materialverhalten und Materialcharakterisierung. Näheres ist unter www.lbf.fraunhofer.de/… zu finden.

„Zu verstehen, wie Schäden im Material eines Bauteils entstehen, während es realistischen mechanischen Belastungen ausgesetzt ist, gehört zu den wesentlichen Fragen in der Materialwissenschaft und war bisher so nicht möglich“, betont Oliver Schwarzhaupt, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Funktionsintegrierter Leichtbau am Fraunhofer LBF. Bei der neuen Prüfmethode verbleibt das geprüfte Bauteil während der mechanischen Belastung in der Röntgenanlage. Dadurch kann der exakte Ort im Material während der gesamten Belastungsdauer beobachtet und analysiert werden. Bei bisherigen Konzepten konnte die notwendige Genauigkeit von wenigen Mikrometern durch den abwechselnden Ein- und Ausbau der Probe mit zwischenzeitlicher Durchstrahlungsprüfung nie erreicht werden. „Das neue Verfahren stellt einen sehr großen Fortschritt in puncto Detailauflösung und Genauigkeit sowie der Wiederauffindbarkeit von möglichen Schadensursprüngen dar“, erklärt Schwarzhaupt.

Während die Darmstädter Wissenschaftler das Bauteil einer mechanischen dynamischen Lebensdauerbelastung unterziehen, können sie durch die radiologische Untersuchung in diesem Zyklus das Entstehen und das Fortschreiten der Schädigung beobachten und darstellen. Bei Kräften der Prüfmaschine von bis zu 250 Kilonewton lassen sich auch hochfeste Bauteile aus Kohlenstofffaser, wie sie insbesondere im Flugzeugbau verwendet werden, untersuchen. „Im Verständnis über die Versagensmechanismen bei kohlenstofffaserverstärkten Kunststoffen gibt es noch viel Untersuchungsbedarf“, betont Schwarzhaupt.

Mit modernsten bildgebenden Verfahren lassen sich Risse und Schäden im Material plastisch und dreidimensional darstellen und eröffnen damit viele Möglichkeiten der Analyse. Durch die Verwendung einer Mirkofokussionsröhre besitzt die Röntgenanlage im Fraunhofer LBF ein hohes Auflösungsvermögen von wenigen Mikrometern. Auf diesem Weg wird es möglich, feinste Schäden schon von Beginn der Entstehung an zu erkennen oder kleinste Unregelmäßigkeiten im Material als Ort der Schadensentstehung nachzuweisen. Insbesondere im Bereich faserverstärkte Kunststoffe kann die Entstehung von Schäden auf Faserebene hin untersucht werden.

Mit diesem Wissen über die Fehlerursache und Fehlersequenz können Entwickler, Konstrukteure und Hersteller jetzt ihre Materialien, Komponenten und Herstellungsverfahren verbessern, noch bevor beispielsweise ein Anriss makroskopisch sichtbar wird. „Wir leisten mit dem neuen Konzept einen großen Beitrag zum Thema Materialverständnis und können kundenspezifische Anforderungen im Bereich Materialversagen deutlich besser und in einem früheren Stadium beantworten“, versichert Schwarzhaupt.

Über Fraunhofer Institut LBF

Das Fraunhofer LBF entwickelt, bewertet und realisiert im Kundenauftrag maßgeschneiderte Lösungen für maschinenbauliche Komponenten und Systeme, vor allem für sicherheitsrelevante Bauteile und Systeme. Dies geschieht in den Leistungsfeldern Schwingungstechnik, Leichtbau, Zuverlässigkeit und Polymertechnik. Neben der Bewertung und optimierten Auslegung passiver mechanischer Strukturen werden aktive, mechatronisch-adaptronische Funktionseinheiten entwickelt und prototypisch umgesetzt. Parallel werden entsprechende numerische sowie experimentelle Methoden und Prüftechniken vorausschauend weiterentwickelt. Die Auftraggeber kommen aus dem Automobil- und Nutzfahrzeugbau, der Schienenverkehrstechnik, dem Schiffbau, der Luftfahrt, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Energietechnik, der Elektrotechnik, dem Bauwesen, der Medizintechnik, der chemischen Industrie und weiteren Branchen. Sie profitieren von ausgewiesener Expertise der mehr als 400 Mitarbeiter und modernster Technologie auf mehr als 11 560 Quadratmetern Labor- und Versuchsfläche an den Standorten Bartningstraße und Schlossgartenstraße.

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