Die Ausstellung stellt Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der historischen Umladehallen im Nürnberger Süden vor. Südlich der Ingolstädter Straße erstreckt sich ein gut 90 Hektar großes Gelände, das viele Jahrzehnte als Industrie- und Gewerbefläche diente und zum Teil immer noch dient. Angrenzend an das Gelände des 1903 weit vor den Toren Nürnbergs – mitten im Reichswald – erschlossenen Rangierbahnhofs und der benachbarten Eisenbahnersiedlung rund um die Bauernfeindstraße, befanden sich einst unter anderem der Nürnberger Güterbahnhof Süd und die Umladestelle für Güter und Fracht. Seit Jahren wird dieser Bereich nicht mehr in der ursprünglichen Form genutzt. Die Immobilien sind Eigentum der früheren Bahntochter Aurelis, die hier zusammen mit der Stadt Nürnberg einen neuen Stadtteil plant.

Nach einem Wettbewerb zur Gesamtentwicklung des Areals 2014 tauchte erstmals der Kunstname „Lichtenreuth“ für den zukünftigen Stadtteil auf. Eine Erweiterung der Nürnberger Messe stand ebenso zur Debatte wie Platz für Wohnen und Gewerbe, eingerahmt von Parks und Freizeitflächen. Momentan wird auch über eine neue Universität nachgedacht. Im Zusammenhang mit der öffentlichen Diskussion konnte der Eindruck entstehen, dass es sich bei dem Gebiet nur um eine geschichtslose Brache handeln würde. Gerade in der Öffentlichkeit ist kaum bekannt, welches Bau-, Kultur- und Naturpotential hier schlummert.

Zur Geschichte der Umladehallen

Von jahrzehntelanger intensiver Nutzung zeugt eine Reihe von Bauten. Am eindrucksvollsten sind dabei die gewaltigen Umladehallen: Die Reichsbahndirektion Nürnberg plante diese bereits ab 1923 als einen modernen Neubau. Vorgesehen war eine „Durchfahrtsvariante“ mit sieben Gleisen. Die Planungen waren am 14. März 1929 abgeschlossen, die Weltwirtschaftskrise verzögerte jedoch den Baubeginn. Erst 1932 begann man mit den Arbeiten, Anfang September 1933 konnte die Reichsbahndirektion Richtfest feiern. Bei dem als Betonpfeilerhalle mit zunächst hölzerner Dachkonstruktion entworfenen Gebäude handelt es sich also keineswegs um einen NS-Bau, sondern um moderne, transparente und zweckmäßige Industriearchitektur.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden auch die Umladehallen schwer in Mitleidenschaft gezogen, die hölzerne Dachkonstruktion brannte teilweise ab. Im Rahmen des Wiederaufbaus wurde sie nach einiger Erwägung ab 1950 durch eine filigrane Betonkonstruktion ersetzt, die sich deutlich an die Struktur des Holzdachs anlehnt. Man kam damit auch den Anforderungen des Brandschutzes nach. Der Betrieb konnte nach dem Krieg sukzessive wieder aufgenommen und der Umschlag erhöht werden. Weitere Hallen wurden westlich an die bestehenden angebaut, so dass nun 11 Gleise zur Verfügung standen. In den 1990er Jahren änderte die Deutsche Bahn im Zusammenhang mit der geplanten Privatisierung ihr gesamtes Logistik-Konzept und stellte den Betrieb in der Umladestelle Nürnberg-Süd im Januar 1998 ein. Die Hallen wurden zum Teil noch als Lager vermietet und stehen seither leer. 1999 fand eine große Fahrzeugparade des DB Museums auf dem Gelände und in den Hallen statt, an der Tausende Besucher teilnahmen – ein letztes Mal Öffentlichkeit auf dem historischen Gelände.

Momentanes Leben auf der „Brache“

Die beiden Fotografen Georg Lang und Martin Kopp haben Streifzüge über das gesamte Gelände unternommen und eindrucksvoll die derzeitige Stimmung, die auch Teil der Geschichte des Quartiers ist, festgehalten. Dass das Gelände auch heute nicht unbelebt ist, dokumentieren ihre Bilder genauso wie die Spurensuche des Bund Naturschutzes nach „Kleinbewohnern“ und die Rückeroberungen der Natur.

In die Zukunft gedacht

Interessante Überlegungen und Vorschläge zum Erhalt und zur Integration der historischen Hallenarchitektur in bestehende Stadtteil-Planungen präsentiert eine im Wintersemester 2015/16 verfasste Masterarbeit zum Thema „Urbane Ressourcen“. Ziel der Arbeit ist es, durch den Erhalt der Hallen einen Mehrwert für das Areal und seine zukünftigen Bewohner zu generieren. Durch ein Kulturquartier könnten die Umladehallen wiederbelebt und gleichzeitig eine Attraktion für den neuen Stadtteil entstehen. Ein umfassendes Nutzungskonzept, Pläne und Modelle veranschaulichen darin eine Zukunftsvision, die in anderen deutschen und europäischen Städten schon erfolgreich verwirklicht wurde.

Bis zum 22.04.18 zeigt die Stadtbild-Initiative Nürnberg in Kooperation mit BauLust e.V. und Geschichte Für Alle e.V. die Ausstellung „Vergessen im Süden“ im Museum Industriekultur, Äußere Sulzbacher Straße 62, Tel. 0911 – 231-3648

Führungen: Sonntag, 18.02., 25.03. und 22.04.2018, jeweils 14.00 und 16.00 Uhr

Die Teilnahme ist im Eintrittspreis enthalten, eine Voranmeldung ist nicht erforderlich.

Informationen: http://www.museum-industriekultur.de

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