Die Ursachenforschung zur Multiplen Sklerose (MS) ist noch jung. Sie bringt Erkenntnisse hervor, die für die Vorbeugung und Behandlung der entzündlichen Nervenerkrankung relevant sind. „Umweltfaktoren machen zwei Drittel des MS-Risikos aus. Einige Einflussfaktoren wurden erst in jüngerer Zeit identifiziert. So hat sich zum Beispiel gezeigt, dass Zigarettenrauch, Übergewicht und übermäßiger Kochsalzkonsum Einfluss auf den Krankheitsverlauf nehmen“, berichtet Professor Ralf Gold, Past-Präsident der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) und Sprecher des Vorstands des Krankheitsbezogenen Kompetenznetzes Multiple Sklerose (KKNMS). Über welche Mechanismen diese Faktoren in das Krankheitsgeschehen eingreifen und welche Rolle Darmbakterien bei Multipler Sklerose spielen, ist derzeit Gegenstand intensiver Forschung, so Ralf Gold heute auf der Neurowoche. Der größte deutschsprachige Neurologiekongress findet vom 30. Oktober bis zum 3. November 2018 in der Messe Berlin statt.

Anders als bei den Immunprozessen während der Erkrankung ist das Verständnis über die Ätiologie der Multiplen Sklerose (MS) noch limitiert. Weitgehend unbekannt ist, wie Umweltfaktoren die Krankheit auslösen und welche Rolle sie im Verlauf der Krankheit spielen. „Was wir bisher über ätiologische Einflussfaktoren auf die MS wussten, etwa über Virusinfektionen in der Kindheit, Vitamin-D-Mangel oder die Entfernung des Geburtsortes vom Äquator, stammt zumeist aus frühen epidemiologischen Untersuchungen, die teilweise viele Jahrzehnte zurückliegen“, ordnet Ralf Gold, Direktor der Neurologischen Universitätsklinik am St. Josef-Hospital, Klinikum der Ruhr Universität Bochum, ein.

Groß angelegte internationale Kohortenstudien konnten inzwischen neue Risikofaktoren identifizieren. „Zigarettenrauchen, Übergewicht und übermäßiger Kochsalzkonsum aktivieren die Entstehung und das Wachstum von autoimmunen Entzündungszellen im Immunsystem“, so Gold. Die Kenntnis von Risikofaktoren aus der Umwelt habe unmittelbare Konsequenzen. „Über eine Einflussnahme auf die Exposition eröffnen sich neue Wege für die Prävention und gegebenenfalls sogar die Therapie.“

Darmbakterien im Visier der Ursachenforscher

Die Arbeitsgruppe um den Neuroimmunologen Professor Hartmut Wekerle hat vor wenigen Jahren erstmals beschrieben, wie Darmbakterien im Tiermodell MS auslösen. Diese Arbeit legte den Grundstein für den noch jungen, aber sich rasch entwickelnden Forschungszweig zur Rolle des Darms in der Ätiologie der MS. „Der Darm ist in vielerlei Hinsicht ein sehr wichtiges Organ“, konstatiert Gold, „bei Immungesunden ebenso wie bei Menschen mit Autoimmunkrankheiten wie der MS.“ Vor Kurzem konnte gezeigt werden, dass durch die Entfernung natürlicher Bakterien aus dem Darm eines experimentellen Modells der MS die Erkrankung völlig unterdrückt werden konnte. „Diese wichtige Erkenntnis kann natürlich nicht direkt für Therapiezwecke genutzt werden, da ein Mensch ohne bakterielle Darmflora nicht überlebensfähig wäre. Hieraus haben sich allerdings zunehmend unterschiedliche Forschungsansätze entwickelt, die aktuell untersuchen, welche Bakterien sich neutral verhalten und welche möglicherweise mit Erkrankungen wie der MS assoziiert sind“, so Gold.

Mehrere Studien konnten zeigen, dass sich das Mikrobiom bei schubförmiger MS deutlich anders zusammensetzt als bei gesunden Vergleichskontrollen. Ob diese Veränderung unter dem Einfluss chronischer Entzündungen im Körper entsteht oder sogar ein primärer Mitauslöser der MS ist, ist momentan nicht geklärt.

Literatur

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  • Manouchehrinia A et al. Tobacco smoking and disability progression in multiple sclerosis: United Kingdom cohort study. Brain 2013; 136(Pt 7): 2298-304. doi: 10.1093/brain/awt139
  • Haghikia A et al. Dietary Fatty Acids Directly Impact Central Nervous System Autoimmunity via the Small Intestine. Immunity 2015; 43(4): 817-29. doi: 10.1016/j.immuni.2015.09.007. Erratum in: Immunity. 2016 Apr 19;44(4):951-3.
  • Mische LJ, Mowry EM. The Evidence for Dietary Interventions and Nutritional Supplements as Treatment Options in Multiple Sclerosis: a Review. Curr Treat Options Neurol 2018; 20(4):8. doi: 10.1007/s11940-018-0494-5. Review.

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ist eines von bundesweit 21 Kompetenznetzen in der Medizin, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung initiiert wurden. Sie alle verfolgen das Ziel, Forscher zu spezifischen Krankheitsbildern bundesweit und interdisziplinär zusammenzubringen, um einen schnellen Transfer von Forschungsergebnissen in die Praxis zu ermöglichen. Der Fokus der aktuellen KKNMS-Projekte liegt auf der langfristigen Verbesserung der MS-Diagnose, -Therapie und -Versorgung. Die Geschäftsstelle ist am Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München angesiedelt.

www.kompetenznetz-multiplesklerose.de

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