Reporter ohne Grenzen (RSF) ist bestürzt, dass der in Deutschland lebende Exilblogger Bui Thanh Hieu Selbstzensur üben muss. Auch bekannt unter dem Namen Nguoi Buon Gio („Windhändler“), kündigte Hieu in einem Facebook-Beitrag an, das Bloggen einzustellen, weil die vietnamesischen Behörden seine noch in Vietnam lebenden Verwandten schikanieren. Unter ihnen ist auch seine 86-jährige Mutter, die derzeit im Krankenhaus liegt.

„Es ist abscheulich, dass der vietnamesische Sicherheitsapparat den schlechten Gesundheitszustand von Personen ausnutzt, um einen im Ausland lebenden Dissidenten zum Schweigen zu bringen“, sagte Christian Mihr, Geschäftsführer von Reporter ohne Grenzen. „Die vietnamesischen Behörden sind erschreckend kreativ in ihren Versuchen, Personen mundtot zu machen, die ihren Mitmenschen eine Alternative zur Propaganda der Kommunistischen Partei bieten. Wir fordern die in Hanoi ansässigen ausländischen Diplomatinnen und Diplomaten – insbesondere die deutsche Botschaft – auf, die Schikanen gegen Bui Thanh Hieus Familie genau zu beobachten.“

Hieu kam 2013 mit einem Stipendium der Schriftstellervereinigung PEN nach Deutschland. Der bekannte Blogger schreibt seit 2005 unter anderem über Korruption in seinem Heimatland und saß mehrmals in Haft. Sein Blog gehört zu den meistgelesenen in Vietnam und wird auch über Facebook verbreitet. Hieus dortige Seite hatte über 160.000 Follower. In einem bewegenden Facebook-Post schrieb er: „Ich bitte euch um Verständnis, dass ich mich für eine lange Zeit von euch verabschieden muss. Lebt wohl, meine Freunde.“

Kritiker im Exil im Visier der Behörden

Vietnams Medien halten sich alle an die Anweisungen der Kommunistischen Partei. Daher sind die einzigen Quellen für unabhängig recherchierte Informationen Bloggerinnen und Blogger sowie Bürgerjournalistinnen und -journalisten, die immer härteren Formen der Verfolgung ausgesetzt sind. Vietnam gehört zu den sechs Ländern, in denen weltweit die meisten Medienschaffenden wegen ihrer Arbeit im Gefängnis sitzen. Doch nach RSF-Informationen hat die vietnamesische Regierung auch Exil-Journalistinnen und -journalisten im Visier und beobachtet dort kritische Stimmen, etwa auf Facebook.

Im Dezember 2018 veröffentlichte RSF Recherchen, die zeigen, dass Facebook offenbar systematisch missbraucht wurde, um im Exil lebende Bloggerinnen und Blogger aus Vietnam zu zensieren. Nach RSF-Informationen hatte das soziale Netzwerk wegen angeblicher Verletzungen der „Community Standards“ seit Monaten Beiträge gelöscht oder ganze Accounts gesperrt. Facebook räumte ein, Opfer eines „böswilligen Angriffs“ geworden zu sein, und kündigte Verbesserungen an. Methodik und Versiertheit der Angreifer sprachen nach Recherchen von RSF für einen politischen Hintergrund. Unter den Betroffenen waren neben Hieu auch die in Deutschland lebenden vietnamesischen Blogger Trung Khoa Le und Nguyen Van Dai.

Hieu hatte 2018 zum Welttag gegen Internetzensur am 12. März zwei Texte zur Uncensored Playlist beigetragen. Das RSF-Projekt nutzt Musik als Schlupfloch, um zensierte Artikel über Streaming-Dienste in Ländern zu verbreiten, in denen autokratische Herrscher das freie Wort unterdrücken.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Vietnam auf Platz 176 von 180 Staaten. Mehr zur Lage der Journalistinnen und Journalisten vor Ort finden Sie hier.

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