In mittlerweile 58 deutschen Städten wird schadstoffintensiven Pkw, Lkw und Bussen in Umweltzonen die Einfahrt verwehrt. Kritiker sprechen seit dem Start dieser Maßnahme im Jahr 2008 von „kalter Enteignung“ von Autofahrern und zweifeln – angesichts von Feinstaub und Stickoxiden auch aus anderen Quellen – die Verhältnismäßigkeit an. Dagegen belegt jetzt eine empirische Studie bessere Luftqualität und einen volkswirtschaftlichen Nutzen. Sie wurde erstellt unter Federführung des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change) und in der renommierten Fachzeitschrift Economics Letters veröffentlicht.

Die Studie basiert auf Luftqualitätsmessungen des Umweltbundesamts sowie den anonymisierten Arzneimittelausgaben der größten Krankenkasse AOK für 2,7 Millionen Versicherte. Das Forschungsteam analysierte für den Zeitraum 2008 bis 2013 den Schadstoffausstoß und den Arzneimittelverbrauch nach Einführung von Umweltzonen – sowohl relativ zum Stand vor der Einführung als auch zur Situation in strukturell ähnlichen Städten mit erst später eingeführter Umweltzone. Um die kausale Wirkung sauber herauszufiltern, sind beim Städtevergleich statistische Störeffekte etwa durch Wetterlagen und regionale Wirtschaftsentwicklung herausgerechnet. „Wir konnten zeigen, dass die Einführung von Umweltzonen die Konzentration von Feinstaub der Partikelgröße PM10 im Durchschnitt um 5,9 Prozent gesenkt hat“, berichtet Nicolas Koch, Senior Researcher am MCC und Leitautor der Studie. „Zudem wurden in den Städten mit Umweltzone jährlich 15,8 Millionen Euro Ausgaben für Arzneien gegen Herz- und Atemwegserkrankungen eingespart.“

Jedes der 200.000 älteren Diesel-Fahrzeuge, die nicht einmal die hohen Schadstofflimits für die „rote Plakette“ erfüllten, hätten technisch nachgerüstet werden müssen – wofür in der Regel 600 Euro gereicht hätten. Die dadurch entstandenen Kosten von insgesamt 120 Millionen Euro wären durch die jährlich 15,8 Millionen Euro an Arzneimittel-Einsparungen, Zinseffekt mitgerechnet, binnen eines Jahrzehnts gegenfinanziert.

Und der Nutzen der Umweltzonen ist damit nur zu einem kleinen Teil erfasst. Denn beziffert wurde eben nur, was man belastbar in Euro und Cent bei verschreibungspflichtigen Medikamenten erfassen kann. Arzneimittel machen insgesamt nur 17 Prozent der Kosten des öffentlichen Gesundheitswesens aus. Außer Betracht bleiben weitere Gesundheitsausgaben für die ärztliche Versorgung, die häufig betrachteten bedeutsamen Effekte auf verfrühte Sterblichkeit und auch die nachweislich positiven Effekte besserer Luftqualität auf individuelle Leistungsfähigkeit, Produktivität und Bildungserfolg. Zudem fällt der Blick eben nur auf die Einführungsphase, die besonders schadstoffintensive alte Fahrzeuge betraf.

„Unser Forschungsansatz ermöglicht auch für die Zukunft eine rationale Kosten-Nutzen-Analyse“, sagt MCC-Forscher Koch. „Etwa mit Blick auf die Diskussion um eine weitere Verschärfung durch eine blaue Plakette.“

Weitere Informationen:

Rohlf, A., Holub, F., Koch, N., Ritter, N., 2020, The effect of clean air on pharmaceutical expenditures, Economics Letters

https://doi.org/10.1016/j.econlet.2020.109221

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