Dr. Corinna Thierolf, Hauptkonservatorin in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen und seit 2000 Leiterin des Referats „Kunst ab 1945“, wendet sich neuen Aufgaben zu und verlässt auf eigenen Wunsch die Bayerischen Staatsgemälde-Sammlungen zum 15.10.2020.

Nach über 25jähriger Tätigkeit für das Museum wendet sich Corinna Thierolf, die zu den Gründungskuratorinnen und -kuratoren der 2002 eröffneten Pinakothek der Moderne gehört, neuen beruflichen Zielen zu. Sie hat das Gesicht des Hauses durch ihre Erwerbungen, Ausstellungen, Publikationen und ihr mitreißendes öffentliches Engagement entscheidend mitgeprägt.

Das Herzstück ihres beruflichen Wirkens war die Arbeit mit der Sammlung. Systematisch baute sie die Grundpfeiler aus, die seit den 1960er Jahren durch die Sammlung von Prinz Franz von Bayern, Erwerbungen des früheren Galerie-Vereins und staatliche Erwerbungen gelegt worden waren. Die wachsende Sammlung verglich sie dem wandelbaren Klangkörper eines großen Orchesters, wobei die vielfältigen „Soli“ der von ihr erworbenen Künstlerräume ein Alleinstellungsmerkmal des Hauses bilden. Sie machen – so bei Joseph Beuys, Georg Baselitz, Hans Hofmann, Jörg Immendorff, Anselm Kiefer, Astrid Klein, Imi Knoebel, Arnulf Rainer, Richard Tuttle – die Entwicklung eines Künstlers durch seine Schaffensjahre hindurch erfahrbar. Im Fall von Dan Flavin, Wolfgang Laib, Donald Judd, Walter de Maria, Fred Sandback sind die eindrücklichen Installationen vom Künstler nach dem Prinzip „One Work – One Room“ gestaltet. Im größeren Sammlungskontext bilden sie „Orte“, die Raum, Werk und Betrachter auf jeweils prägnante Weise in Beziehung setzen und damit Wirkweisen fortführen, die in früheren Profan- und Sakralarchitekturen entwickelt worden waren.

Die erwähnten Erwerbungen konnten in Anbetracht der geringen öffentlichen Budgets nur verwirklicht werden, weil Corinna Thierolf zu einer der erfindungs- und erfolgreichsten Fundraiserinnen des Landes wurde. 2005 formierte sich auf ihre Initiative hin in den USA der „American Patrons of the Pinakothek Trust“, 2010 folgte die Gründung des deutschen Vereins „International Patrons of the Pinakothek“. Beide haben die Staatsgemäldesammlungen wie auch die Staatliche Graphische Sammlung bei maßgeblichen Erwerbungen unterstützt: Gustav Klimt, Jacques Lipchitz, Philip Guston, Robert Mangold und Al Taylor sowie Fabienne Verdier und Jerry Zeniuk. Dank des Engagements von Corinna Thierolf förderten beide auch den wissenschaftlichen Nachwuchs, teilweise im internationalen Austausch, im Rahmen von bislang acht mehrjährigen Stellen für Gastkonservator*innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen. Eine unersetzliche Ergänzung dieser Initiativen bildete die fruchtbare Zusammenarbeit mit Künstlern und Galerien, mit privaten Sammlern wie Bernd und Verena Klüser und vielen, die ungenannt bleiben möchten. Überdies soll hier auch die erfolgreiche Kooperation mit Stiftungen wie der Ars Europa Foundation, der Art Mentor Foundation Lucerne oder der Michael & Eleonore Stoffel Stiftung, der Written Art Foundation und nicht zuletzt dem „Freundeskreis PIN. Freunde der Pinakothek der Moderne“ in dankbarer Verbundenheit erwähnt werden.

Die zahlreichen Ausstellungen der Kuratorin waren Meilensteine innerhalb dieser Entwicklungen. Wir erinnern uns an die puristischen Verwandlungen des Hauses durch Fred Sandback (2004) und Dan Flavin (2006), an die Begegnung mit enzyklopädischer Fülle in Joseph Beuys’ „Multiples“ (2014), an die eindrückliche John Chamberlain-Ausstellung, bei der uns die Augen für das Weiterwirken der plastischen Sprache des Faltenwurfs in den gecrashten Metallskulpturen des amerikanischen Künstlers geöffnet wurden (2011). Mit dem „American Summer“ (2009) entwickelte Corinna Thierolf eine erfolgreiche Kooperation zwischen allen in der Pinakothek der Moderne vertretenen Sammlungen. Als Initiatorin der 2013 begonnenen Sommerausstellungen „Königsklasse“ im Schloss Herrenchiemsee schuf sie neue, ebenso bahnbrechende wie poetische Wege für die Entwicklung der Kulturlandschaft, in der Stadt und Land, Historie und Gegenwart, Zivilisation und Natur miteinander verbunden werden.

Den oben erwähnten Künstlern sowie übergreifenden Fragestellungen sind ihre zahlreichen Publikationen gewidmet. Beispielhaft seien hier ihre erhellenden Studien zu den bis dahin weitgehend verborgenen „Catholic Things“ im Schaffen von Andy Warhol (u.a. 1998) und ihr Kompendium „Amerikanische Kunst des 20. Jahrhunderts“ (2000) genannt. Sie hat die Schriften des „Übermalers“ Arnulf Rainer (2010) herausgegeben und zu John Cages visuellem Hauptwerk, den Ryoanji-Zeichnungen, den Catalogue Raisonné verfasst (2013). Abschließend sei die 2018 veröffentlichte Publikation „Ich will nichts über mich sagen. Es geht um die Kunst“ genannt, in der sie Heiner Friedrichs einflussreiche Lebensleistung für die Kunst in Form der Gespräche festhält, die sie seit den 1990er Jahren mit dem Mitbegründer der New Yorker Dia Art Foundation und früheren Münchner Galeristen geführt hat.

Corinna Thierolf verlässt die Bayerischen Staatsgemäldesammlungen auf eigenen Wunsch, um sich neuen Aufgaben zuzuwenden. Bernhard Maaz, Generaldirektor der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen, sagt: „Ich bedaure die Entscheidung von Frau Thierolf, das Museum zu verlassen, und habe doch großes Verständnis dafür, dass sie mit all ihren Talenten und ihrer begeisterten und begeisternden Kreativität als Kuratorin und Wissenschaftlerin neue Horizonte abstecken möchte. Ihr sammlungsstrategisches Geschick lässt dauerhafte Spuren in der Museumssammlung zurück; dafür sind wir alle sehr dankbar. Dank ihrer Visionen und ihrer Wissenschaftlichkeit ist Großes entstanden und liegt Großes vor ihr. Wir wünschen ihr alles Gute.“

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