Aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit und Haltbarkeit sind synthetische Kunststoffe als "Materialien des täglichen Gebrauchs" unverzichtbar geworden. Ihre unterschiedslose Entsorgung hat jedoch zu einem akuten Problem der Kunststoffverschmutzung geführt. Um dieses Problem anzugehen, versucht die Europäische Union nicht nur, ein Kreislaufsystem zur Wiederverwendung, Reparatur und Wiederverwertung von Kunststoffen (Kreislaufwirtschaft) einzuführen, sondern sie strebt auch die Herstellung von Kunststoffen aus erneuerbaren Ressourcen (biobasierte Kunststoffe) an. Polymilchsäure (PLA) ist einer der vielversprechendsten und am häufigsten verwendeten Polyester dieser Kategorie. Aufgrund seiner flexiblen und vielseitigen Anwendungen, die von Einwegbesteck und abbaubarem Nahtmaterial bis hin zu starren Verpackungen und Extrusionsbeschichtungen reichen, wird erwartet, dass die weltweite Produktionskapazität von PLA bis zum Jahr 2023 auf 826.000 Tonnen anwachsen wird[1]. Der dominierende Markt für PLA ist jedoch die Lebensmittelverpackung.

PLA ist eine biobasierte Alternative zu Kunststoffen auf fossiler Basis, allerdings ist seine Herstellung sehr rohstoff- und energieintensiv (zur Herstellung von einem Kilogramm PLA werden 2,39 kg Maiskolben, 50 kg Wasser und 54 MJ an fossiler Energie benötigt). Mit steigender Weltbevölkerung kann die Anbaufläche dieser nachwachsenden Rohstoffe als Ausgangsmaterial für die PLA-Produktion mit der für die Nahrungsmittelproduktion konkurrieren. Obwohl PLA ein potentielles Rohstoffmaterial mit hohem Volumen ist, gibt es keine Infrastruktur, um PLA getrennt zu sammeln und zu recyceln. Daher landet es oft in anderen konventionellen Abfallströmen, wodurch diese verunreinigt und die modernen kommunalen Recyclingstrategien gestört werden.

Im Rahmen des Fraunhofer-Exzellenzclusters "Circular Plastics Economy CCPE®" beschäftigen sich Experten von unterschiedlichen Fraunhofer Instituten u.a. mit genau dieser Fragestellung. Nur mit einem systemischen und kompetenzübergreifenden Ansatz können Fragestellung für die Kreislaufwirtschaft von Kunststoffen beantwortet werden. Die beteiligten Institute (Fraunhofer IAP, Fraunhofer ICT, Fraunhofer IML, Fraunhofer IVV, Fraunhofer LBF und das Fraunhofer UMSICHT) erforschen in dem Cluster Wege zur nachhaltigen Transformation der gesamten Kunststoff-Wertschöpfungskette hin zu einer Kreislaufwirtschaft.

Für eine Kreislaufführung des Biokunststoffs PLA arbeitet das Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie ICT, Pfinztal, gemeinsam mit dem Fraunhofer LBF an einer Strategie zur chemischen Wiederverwertung von PLA-Abfall zu einem Laktatester (Ethyllaktat). Ziel ist die spätere kommerzielle Anwendung des rezyklierten Ethyllaktats in der chemischen Synthese, für Magnetbandbeschichtungen, in der Kunststoff-, Metall-, Holz- und Lebensmittelindustrie. Das Verfahren stellt eine wirtschaftliche und nachhaltige Recyclingstrategie dar, die in der Lage ist, das PLA-Substrat zusammen mit einer hohen Ausbeute an Ethyllaktat (80 %) in relativ kurzer Zeit (< 20 min) und unter milden Reaktionsbedingungen (< 70 °C, Umgebungsdruck) nahezu vollständig zu depolymerisieren. Ein hervorstechendes Merkmal dieses Systems ist die Verwendung eines konventionellen, umweltfreundlichen, organischen und kommerziellen Katalysators. Eine weitere Besonderheit des Verfahrens ist der Einsatz eines umweltfreundlichen, niedrig siedenden Lösungsmittels, das in der Lage ist, die PLA-Fraktion selektiv aus einem gemischten Kunststoffabfallstrom (hauptsächlich PET und PP) zu lösen.  Dieses flexible Prozessschema ist in der Lage, unbehandeltes PLA verschiedener Qualitäten (Total Corbion LX175 und NatureWorks™ PLA 6032 D) sowie gebrauchte PLA-Becher zu verarbeiten. Das Verfahren wurde im Jahr 2019 vom Labormaßstab auf einen technischen Maßstab (15 L) hochskaliert, und seine Robustheit wurde durch das Recycling von PLA-Bechern aus Post-Verbraucher-Abfällen, ohne jegliche Auswirkungen auf die Ausbeute des Laktatesters nachgewiesen.

Es wird erwartet, dass die Produktion sowohl von PET als auch von PLA bis 2021 steigen wird[2], wobei die prozentuale Zunahme von PLA höher sein wird als die von PET. Aufgrund der Art der Anwendung könnte die geschätzte maximale Verunreinigung durch PLA in PET-Abfallströmen bis 2021 zwischen 0,8 % und 8 % schwanken. In einem solchen Szenario wären innovative Methoden zur Entfernung von PLA erforderlich, um qualitativ hochwertiges recyceltes PET sicherzustellen. Darüber hinaus ist die enorme Nachfrage nach PLA auf dem Verbrauchermarkt in Verbindung mit dem hohen Rohstoff- und Energiebedarf für seine Herstellung für die Hersteller von PLA eine große Herausforderung. In dieser Situation wird die Umsetzung der oben genannten Strategie nicht nur die wertvolle Polyhydroxysäure nach dem Ende ihres konventionellen Lebenszyklus vollständig nutzen, sondern auch einen Mehrwert in der Lieferkette schaffen.

Darüber hinaus würde die Anpassung eines Kreislaufwirtschaftsansatzes für die Synthese von Ursprungs-PLA mit dieser Strategie zu ca. 50 % Energieeinsparung im Vergleich zu den herkömmlichen PLA-Herstellungsverfahren führen, ausgehend von Maiskolben als Ausgangsmaterial. Dadurch wird Ackerland (5,7 m2/kg PLA)1 für die Produktion von Pflanzen für den menschlichen Verzehr oder für die Viehzucht frei, wodurch ein Beitrag zu den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung geleistet wird. Dies wird gemeinsam mit dem Fraunhofer UMSICHT untersucht.

Zusammengefasst sieht das entwickelte Konzept also vor, die Probleme beim Zusammentreffen von chemischem Recycling von PLA und nachhaltiger Produktion von Laktatestern (potenzielle Alternative zu herkömmlichen petrochemischen Lösungsmitteln) unter strikter Beachtung der Grundlagen der grünen Chemie zu lösen und damit die Grundlage für eine "zirkuläre Bioökonomie" zu schaffen. Dies kommt wiederum der Kreislaufwirtschaft konventioneller Kunststoffe sowie verschiedenen Elementen der gesamten gesellschaftlichen Wertschöpfungskette zugute.

[1] Biopolymers-Facts and Statistics 2019 (Production Capacities, Processing Routes, Feedstock, Land and Water Use), Institute for Bio-plastics and Bio-composites (IfBB), Hochschule Hannover-University of Applied Sciences and Arts.

[2] Alaerts, Luc; Augustinus, Michael; van Acker, Karel (2018): Impact of Bio-Based Plastics on Current Recycling of Plastics, in Sustainability 10 (5), S. 1487. DOI: 10.3390/su10051487.

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