Mit Rufen im Ultraschallbereich können sich Fledermäuse hervorragend in der Dunkelheit orientieren und ihre Insektenbeute aufspüren. Rufen sie dabei lauter, erhöht sich die Reichweite der Echoortung. Lange galt, dass die Fledertiere dabei keine besondere Rücksicht auf ihr Energiebudget nehmen müssen. Die Rufe – so die gängige Meinung – kosten die Tiere im Flug so gut wie keine zusätzliche Energie, weil sie die dafür nötige Muskelbewegung einfach an den Flügelschlag koppeln. Wissenschaftler*innen des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) in Berlin zeigten nun, dass intensive Echoortung keineswegs gratis ist, sondern viel zusätzliche Energie kostet. Fledermäuse müssen deshalb einen Kompromiss zwischen Energieverbrauch und effektiver Echoortung finden und letztere sparsam einsetzen.

Lautäußerungen sind für die meisten Tiere überlebenswichtig. Denn mit ihren Rufen, Brüllen, Quaken, Zwitschern oder Singen locken Tiere potenzielle Partner an, vertreiben Konkurrenten oder suchen nach Beute. Diese Laute können ohrenbetäubend sein. Ein Bison brüllt mit bis zu 127 Dezibel (dB), einige Vögel erreichen 132 dB und Seelöwen schaffen sogar 137 dB. Zum Vergleich: Ein Schalldruckpegel von 110 dB entspricht etwa der Lautstärke eines Flugzeugtriebwerks in 100 Metern Entfernung. Ganz vorn im Konzert der Lautesten spielen trotz ihrer geringen Größe Fledermäuse mit. Einige von ihnen erreichen im Flug bei der Echoortung einen Schalldruckpegel von 137 dB. Für das menschliche Ohr sind diese Laute wegen ihrer hohen Frequenz nicht hörbar.

Grundsätzlich gilt: Die Erzeugung eines höheren Schalldruckpegels kostet mehr Energie. Will also eine Fledermaus auf der Suche nach Beuteinsekten die Reichweite ihrer Echoortung vergrößern, muss sie lauter rufen – das sollte eigentlich mehr Energie kosten. Bislang herrschte in der Wissenschaft jedoch die Meinung vor, dass Fledermäuse zumindest im Flug laute Rufe zum energetischen Nulltarif bekommen. Dies sei möglich, weil sie dazu die zur Lauterzeugung nötige Bewegung der Bauchdecke mit den Kontraktionen der aktiven großen Flugmuskeln synchronisierten. Der durch den Flügelschlag automatisch entstehende Druck in den Lungen reicht nach gängiger Lehrmeinung aus, um an den Stimmbändern auch sehr laute Töne zu produzieren. Der Energieverbrauch von fliegenden Fledermäusen sollte demnach also etwa konstant bleiben, egal ob sie laut oder leise rufen.

Ein Team aus Wissenschaftler*innen des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) und der Tel Aviv University in Israel widerlegte dies nun. Dazu ließen sie unter kontrollierten Bedingungen Rauhautfledermäuse (Pipistrellus nathusii) frei in einem Windkanal fliegen. Mit Lautsprechern erzeugten die Forscher*innen im Inneren des Kanals ein lautes Hintergrundrauschen, das die Fledermäuse dazu animierte, den Lärm mit intensiverer Echoortung zu übertönen. Vor dem Flug im Windkanal erhielten die Tiere eine isotonische Lösung von 13C-markiertem Natrium-Bikarbonat, welches sie über das Kohlendioxid mit der Atemluft ausatmeten. Aus der Isotopenzusammensetzung der Atemluft vor und nach dem Flug ermittelten die Wissenschaftler den Energieverbrauch der Tiere.  

„In der normalen Geräuschkulisse des Windkanals lag die Rufintensität der Tiere bei durchschnittlich 113 dB“, sagt IZW-Wissenschaftlerin Shannon Currie, Mit-Erstautorin der Studie. „Bei einem zugeschalteten Lärmpegel von 109 dB steigerten die Fledermäuse die Schalldruckpegel der Rufe auf bis zu 128 dB.“ Weil der Schalldruckpegel eine logarithmische Größe ist, bedeutet das konkret, dass die Fledermäuse im Lärm 30-mal (!) lauter riefen als bei der regulären Geräuschkulisse des Windkanals.

Dies hatte deutliche Auswirkungen auf den Energieverbrauch. Während der Flüge mit erhöhter Geräuschkulisse stieg der Energieumsatz der Tiere um 0,12 Watt. Würde eine Fledermaus diesen Leistungsanstieg auf einem typischen nächtlichen Beutezug durchgängig halten, müsste sie etwa 0,5 Gramm zusätzliche Insektenbeute fangen, um den Energieverlust auszugleichen, also ein Vierzehntel ihres Körpergewichtes. Für ein Tier, das selbst nur sieben Gramm wiegt, ist das eine enorme Menge.

„Unsere Studie macht deutlich, dass bei Fledermäusen die Kopplung der Bauchdeckenbewegung mit der Kontraktion der Flugmuskulatur allein nicht ausreicht, um sehr laute Rufe zu produzieren“, erläutert Christian Voigt, Leiter der Abteilung Evolutionäre Ökologie am Leibniz-IZW. „Wir gehen deshalb davon aus, dass bei intensiverer Echoortung zusätzliche Muskulatur zur Unterstützung der Lauterzeugung aktiv wird. Und das kostet viel Energie – ab 130 Dezibel ganz besonders viel. Eine Fledermaus auf Beutesuche kann die Intensität und somit die Reichweite ihrer Rufe nicht nach Belieben erhöhen. Vielmehr muss sie laute Rufe sparsam und gezielt einsetzen und einen guten Kompromiss zwischen dem damit verbundenen Energieverbrauch und der Effizienz der Echoortung finden.“

Publikation

Currie SE, Boonmann A, Troxell S, Yovel Y, Voigt CC (2020): Echolocation at high intensity imposes metabolic costs on flying bats. Nature Ecology & Evolution. Doi: 10.1038/s41559-020-1249-8, https://www.nature.com/articles/s41559-020-1249-8

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