Wissenschaftler*innnen des Universitätsklinikums Freiburg haben gemeinsam mit internationalen Kolleg*innen nachgewiesen, dass Antidepressiva bei Nervenzellen an einer bislang unbekannten Stelle andocken und so ihre stimmungsaufhellende Wirkung entfalten. Indem sie auf den Nervenzellen an den Rezeptor des sogenannten Brain derived neurotrophic Factor (BDNF) binden, kommt es zu einer verbesserten Aktivität in Hirnregionen, die bei depressiven Patienten beeinträchtigt sind. Die Wirkweise war besonders gut, wenn der Cholesterinspiegel im Blut normal war. Die Erkenntnisse ermöglichen nun die gezielte Suche nach Wirkstoffen, die an den BDNF-Rezeptor binden. Die Studie erschien am 18. Februar 2021 im renommierten Fachmagazin Cell.

„Mit dem BDNF-Rezeptor als Andockstelle können wir erstmals direkt erklären, wie Antidepressiva wirken und warum es so lange dauert, bis die Wirkung einsetzt“, erklärt Prof. Dr. Claus Normann, Forschungsgruppenleiter an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg. Bisher ging man davon aus, dass sie über eine Erhöhung des Botenstoffes Serotonin im Gehirn wirken; es blieb jedoch völlig unklar, wie das genau funktioniert.

Erstmals direkte Verbindung zwischen molekularem und klinischem Effekt

Das ändert sich jetzt mit der Studie einer internationalen Arbeitsgruppe unter Mitarbeit von Normann, Dr. Stefan Vestring und Dr. Tsvetan Serchov von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg. In ihrer Forschungsarbeit konnten sie bei Mäusen zeigen, dass Antidepressiva direkt an den Rezeptor für das Wachstumshormon BDNF binden. Dadurch kommt es zu einer verbesserten Aktivität in Hirnregionen, die bei depressiven Patienten beeinträchtigt sind. Das gilt für unterschiedliche Arten von Antidepressiva wie Selektive Serontonin-Wideraufnahmehemmer, kurz SSRI, oder Ketamin.  

Wirkstoffe erleichtern Lernen und Wahrnehmung positiver Informationen

„Das Gehirn kann durch die Stimulation des BDNF neue, positive Informationen aus der Umwelt oder bei Psychotherapien wieder besser aufnehmen und erholt sich aus seinem depressiven Zustand“, sagt Normann. Die Forscher*innen zeigten, dass die Antidepressiva über den BDNF-Rezeptor in einen zentralen Lern- und Anpassungsmechanismus des Gehirns eingreifen, der als synaptische Plastizität bezeichnet wird. „Interessanterweise benötigt diese Bindungsstelle einen normalen Cholesterinspiegel, um optimal aktiv werden zu können.“ Wie das Team zeigte, verformen hohe, aber auch zu niedrige Cholesterinspiegel den BDNF-Rezeptor, so dass die Wirkstoffe schlechter binden.

Diese Erkenntnisse bilden eine wichtige Grundlage zum Verständnis der Depression und zur Entwicklung neuer Medikamente. Durch eine zielgerichtete Therapie könnten sich hier neue Perspektiven für eine nebenwirkungsärmere und effektivere Behandlung schwerer Depressionen ergeben.

Original-Titel der Studie: Antidepressants act by directly binding to TRKB neurotrophin receptors

DOI: 10.1016/j.cell.2021.01.034

Link zur Studie: https://authors.elsevier.com/sd/article/S0092-8674(21)00077-5

Weitere Informationen:
Forschungsgruppe Prof. Normann "Mechanisms of Depression"

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