Mobiles Arbeiten, strenge Hygieneregeln, ein regelmäßig tagender Krisenstab und psychologische Beratungsangebote: Vor einem Jahr (März 2020) begann der erste Lockdown in Deutschland. Wie die Auswirkungen der Pandemie die Arbeitsabläufe der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH prägen und die Entwicklung zu „New Work“ beschleunigen, erklärt Arbeitsdirektor Thorsten Schäfer-Gümbel.

Herr Schäfer-Gümbel, die GIZ ist in 120 Ländern aktiv, beschäftigt weltweit mehr als 22.000 Menschen. Wie hat die Corona-Pandemie deren Arbeit beeinflusst?
Schon im Februar 2020 haben wir einen Krisenstab eingerichtet, der regelmäßig – zwischenzeitlich drei Mal pro Woche – zusammenkommt, um aktuelle Entwicklungen zu besprechen und Entscheidungen zu treffen. Dazu gehörte auch, dass wir entsandtem Personal entlang unserer Risikoeinschätzungen angeboten haben, zeitweise die Einsatzländer zu verlassen. Die Arbeit ging und geht auch während der Pandemie weiter: In Hochzeiten der Pandemie waren wir mit knapp 60 Prozent der mehr als 2.500 entsandten Kolleginnen und Kollegen vor Ort. Inzwischen sind es wieder 88 Prozent und damit – Urlaube und Dienstreisen eingerechnet – ist es fast Normalzustand. Immer vor Ort sind zudem mehr als 15.000 nationale Beschäftigte, so dass es möglich war, trotz Pandemie in den Ländern weiterzuarbeiten. Allerdings teils unter herausfordernden Bedingungen, etwa Ausgangssperren. Wir haben eine ganze Reihe von Standorten, an denen unsere Teams teilweise seit mehr als 300 Tagen nicht ins Büro konnten. 

Wie hat das funktioniert?
Natürlich waren und sind es teilweise belastende Situationen. Und der Dreh- und Angelpunkt ist eine engagierte Belegschaft; es ist wirklich beeindruckend, was vor Ort geschafft wird! Als Unternehmen machen wir gleichzeitig viele Angebote und suchen auf vielen Ebenen den Austausch mit den Mitarbeitenden. Wir haben zum Beispiel eine interne psycho-soziale Beratungseinheit, Sicherheitsberaterinnen und -berater in den Einsatzländern sowie in Deutschland. Über offene Beratungsrunden oder bei sehr akuten Fällen auch per Krisentelefon erhalten die Mitarbeitenden Hilfe oder Rat. Auch als Vorstand sind wir mit regelmäßigen digitalen Formaten weltweit präsent. Das wird gut angenommen. 

Das Stichwort ist „digital“: Wie arbeiten die Beschäftigten der GIZ während der Pandemie?
Wir hatten schon vor der Pandemie eine Gesamtbetriebsvereinbarung, die den Beschäftigten an mindestens zwei Tagen pro Woche mobiles Arbeiten ermöglichte. Die technische Ausstattung war in fast allen Bereichen schon vorhanden und wurde dort, wo es nötig war, schnell erweitert. Geholfen hat, dass wir alle schon geübt waren im Umgang mit digitalen Formaten. Aber natürlich kommt man auch hier an seine Grenzen: Wir haben gemerkt, dass es gut funktioniert, bestehende Kontakte zu pflegen und auszubauen. Neue Kontakte – etwa zu Umsetzungspartnern in den Ländern vor Ort – zu knüpfen und Vertrauen aufzubauen, ist digital deutlich schwieriger.

Verändert die Pandemie Arbeitsweisen dauerhaft?
Davon bin ich überzeugt. Als Arbeitsdirektor habe ich intern eine Debatte zur digitalen Arbeitswelt der Zukunft angestoßen. Die Beschäftigten sehen im mobilen Arbeiten viele Chancen, können zum Beispiel Beruf und Familie besser in Einklang bringen. Wir werden nicht in den Zustand vor der Pandemie zurückkehren, es wird aber auch anders sein als in der Pandemie. Dass die GIZ ein ausschließlich mobil arbeitendes Unternehmen wird, sehe ich allerdings nicht. Wohl aber, dass das mobile Arbeiten ausgeweitet wird. Durch die Pandemie sind Arbeitswege und Dienstreisen weggefallen, was sich auf die CO2-Bilanz der GIZ auswirkt. Auch das wird in Zukunft eine noch größere Rolle spielen: Wann ist eine Reise wirklich nötig, wann kann digital gearbeitet werden?

Insofern hat die Pandemie einen bei der GIZ bereits angestoßenen „New Work“-Prozess also beschleunigt?
Die Pandemie hat noch einmal vor Augen geführt, wie bedeutend Digitalisierung ist. Auch wir haben einen Schub erfahren. Wichtig ist, dass wir dabei keine Gräben schaffen, weil zum Beispiel die Arbeitsbedingungen in den Außenstrukturen in unseren Partnerländern andere sind als in Deutschland. Wir müssen alle Kolleginnen und Kollegen einbeziehen. Etwa durch die technische Ausstattung oder Fortbildungen. Die Pandemie hat uns gezeigt, dass die digitale Zusammenarbeit vieles möglich macht, was analog teilweise schwieriger war: Der Austausch über Bereichs-, Projekt- und Ländergrenzen funktioniert virtuell unkomplizierter. Insgesamt hat sich die Pandemie als Verstärker für eine unternehmensinterne Kulturveränderung erwiesen – nicht nur auf technischer Ebene, sondern auch im Miteinander.

Mobiles Arbeiten gewinnt an Bedeutung. Wie passt damit zusammen, dass die GIZ an ihrem Unternehmensstandort in Eschborn einen neuen Campus plant? 
Das widerspricht sich nicht, sondern zeigt, dass sich die GIZ flexibel auch auf die neue Arbeitswelt einstellt. In dem neuen Gebäude wird es zum Beispiel bewegliche Systemstellwände geben, so dass sich die Räume an neue Arbeitsbedingungen anpassen lassen, Co-Working erfordert mehr und flexiblen Platz. Auf einer Fläche von künftig insgesamt 80.500 Quadratmetern entsteht für die derzeit rund 3.000 Beschäftigten in Eschborn ein moderner Campus, der den Anforderungen an zeitgemäßes Arbeiten entspricht. 

Was nehmen Sie persönlich mit?
Dass die besten Ideen aus den Teams heraus und unter den unterschiedlichsten Bedingungen entstanden sind. Ich finde beeindruckend, wie kreativ und hilfsbereit die Kolleginnen und Kollegen trotz der schwierigen Umstände waren und sind. Das gilt nicht nur für die Projektarbeit – zum Beispiel wurden in Timor-Leste Landwirte per Videochat angeleitet, wie sie gewisse Feldarbeiten erledigen können. Sondern auch dadurch, dass sie sich durch gegenseitige digitale Fitnesskurse, kurze digitale Tee- und Kaffeerunden oder auch abendliche Quizformate motiviert und den Teamgeist gestärkt haben.  

Über die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH

Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) GmbH ist ein weltweit tätiges Bundesunternehmen. Sie unterstützt die Bundesregierung in der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung und in der internationalen Bildungsarbeit. Sie wirkt mit mehr als 22.000 Beschäftigten in rund 120 Staaten. Die GIZ trägt dazu bei, dass Menschen und Gesellschaften eigene Perspektiven entwickeln und ihre Lebensbedingungen verbessern.

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