Nur jede fünfte Stelle in der Chirurgie wird von einer Frau besetzt. Bei Chefärztinnen- und leitenden Positionen sind gerade einmal fünf Prozent der Stelleninhaber weiblich. Unzureichende familienfreundliche Arbeitsbedingungen und mangelnde Rollenvorbilder gehören zu den Hauptursachen.

Immer mehr Frauen studieren Medizin. Wenn es aber um die Besetzung von Leitungsstellen in der Chirurgie geht, sind Chirurginnen nach wie vor deutlich unterrepräsentiert. Dr. Frauke Fritze-Büttner, Leiterin des Themenreferates Beruf und Familie beim Berufsverband der Deutschen Chirurgen, sieht unter anderem auch die Arbeitsbedingungen in den Kliniken als einen Grund dafür, dass sich so wenige Frauen auf leitende Positionen in der Chirurgie vorbereiten und bewerben. „Viele Chirurginnen scheuen schlicht die Dreifachbelastung zwischen Job, Familie und Haushalt“, so Fritze-Büttner. „Sie sehen sich im chirurgischen Alltag mit wenig planbaren Arbeitszeiten konfrontiert. Das liegt zum einen in der Natur der Sache, ist aber in Teilen auch der Organisation geschuldet und kommt für viele Frauen daher nicht in Frage.“ Die Entscheidung, keine ärztliche Leitungsposition in einer Klinik einnehmen zu wollen, fällt offenbar in der Phase der Facharztweiterbildung. „Der Anteil der Ärztinnen, die den Facharzt, später aber keine leitende Position anstreben, ist drei Mal größer als bei Ärzten“, so Fritze-Büttner.

Diese Zahlen finden ihren Niederschlag in den klinischen Hierarchiestufen. Während der Anteil der Chirurginnen in oberärztlicher Stellung knapp 20 Prozent beträgt, werden chirurgische Führungspositionen wie Chefarzt-/leitende Stellen nur noch in zirka fünf Prozent der Fälle mit Frauen besetzt. „Diese Zahlen belegen einen deutlichen Handlungsbedarf,“ so Prof. Dr. Dr. h.c. Hans-Joachim Meyer, Präsident des Berufsverbandes der Deutschen Chirurgen. „Wir wünschen uns mehr Frauen in leitenden Positionen. Als Rollenvorbilder wirken diese dann auf die jungen Kolleginnen und ziehen weitere Frauen nach sich.“

Zu den wichtigsten Instrumenten einer familienfreundlichen Arbeitsplatzkultur in Kliniken gehören Jobsharing-Modelle, auch in Führungspositionen, flexible Arbeitszeiten, Unterstützung beim Kita-Betreuungsangebot, das Angebot von Teilzeitstellen, auch für männliche Kollegen, und eine möglichst verbindliche Arbeitsplatzausgestaltung für junge Mütter im Arztberuf. „Kinder und eine chirurgische Karriere dürfen sich,“ so Fritze-Büttner, „nicht mehr ausschließen. Das verlangt – insbesondere in einem Berufsfeld wie der Chirurgie – von allen Beteiligten viel Mut, Engagement und Aufgeschlossenheit. Der gesellschaftliche Wandel darf nicht länger an den Kliniken vorbeigehen.“

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