Die DGAW setzt sich als größte Abfall-Experten NGO in ihrer Arbeit für die Förderung einer nachhaltigen Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft ein. Der Arbeitskreis “Grundsatzfragen der zukünftigen Ressourcenwirtschaft“ beschäftigt sich sukzessive mit den relevanten Abfallarten, Material- und Stoffgruppen. In diesem Papier zu den biogenen Reststoffen soll der bisherige Stand reflektiert werden und die zukünftige Gestaltung und Nutzung dieser Ressource vorgedacht werden. Es sei an dieser Stelle klargestellt, dass sich das Papier mit den biogenen Reststoffen auseinandersetzt, d. h. auch mit Stoffströmen, die über die biogenen Abfälle, die durch das KrWG geregelt sind, hinausgehen, wie beispielsweise Reststoffe aus der Landwirtschaft. Die biogenen Reststoffe stellen neben den mineralischen Reststoffen die größte Stoffströme dar.

Gefördert durch die Fachagentur Nachwachsende Rohstoffe (FNR) wurde Mitte 2019 durch das Deutsche Biomasseforschungszentrum gGmbH (DBFZ) ein sektorenübergreifendes Reststoffmonitoring in Betrieb genommen. Darin werden das Biomassepotenzial und die Nutzung von insgesamt 77 Biomassen aus fünf Sektoren zusammengeführt. Alle Ergebnisse inkl. deren Dokumentation stehen für eine individuelle Datenauswertung in einer Online-Datenbank zur Verfügung, die unter http://webapp.dbfz.de kostenfrei erreichbar ist.

Enthalten sind Nebenprodukte aus der Land- und Forstwirtschaft, Siedlungsabfälle, Klärschlamm, industrielle Reststoffe sowie Reststoffe von sonstigen Flächen. Auf dieser Grundlage beläuft sich das jährliche anfallende technische Biomassepotenzial auf 85,6 bis 139,6 Mio. t Trockenmasse. Zwischen 67 und 85 % befinden sich bereits in einer stofflichen und/oder energetischen Nutzung. Das DBFZ geht davon aus, dass neben der Optimierung der bestehenden Nutzung noch eine Menge von 12,8 bis 45,5 Mio. t TM für weiterführende Anwendungen mobilisiert werden kann. Eine Stoffstromaggregation aller 77 Biomassen ist in Abbildung 1 dargestellt. Hierbei ist anzumerken, dass die Mengen als Trockenmasse (TM) angegeben werden. D.h. die real zur Verwertung anfallenden Mengen sind wesentlich höher. Beispielsweise fallen allein bei der Tierhaltung in Deutschland bis zu 20 Mio. t TM pro Jahr in Form von Rinder- und Schweinefestmist, Rinder- und Schweinegülle sowie Hühnertrockenkot an, was rund 138 Mio. t Feuchtmasse (FM) entspricht.

Biogene Abfälle und Reststoffe setzen sich aus einem sehr breiten Spektrum verschiedener Stoffströme zusammen und die Ressourcenwirtschaft wird, insbesondere außerhalb des Abfallrechts, schon heute sehr differenziert umgesetzt. Die o.g. sehr großen Mengen an biogenen Reststoffen, die bereits heute unabhängig von den kommunalen Mengen aus privaten Haushaltungen, getrennt erfasst werden, werden in vielfältigen Folgenutzungen verwertet. Z.B. gibt es für Schlachtabfälle sehr differenzierte Verwertungsverfahren, die in der Pharma- oder der Futter- und Lebensmittelindustrie enden und zur Substitution von sogenannten Primärrohstoffen beitragen. Große Mengen fallen auch in der Agrar- und Fischwirtschaft und in deren verarbeitenden Wertschöpfungsstufen an. Auch die Produktionsrückstände aus der Nahrungsmittelindustrie werden in ähnlicher Weise wieder für Futtermittelherstellung oder als Grundlage für weitere Produktionsprozesse eingesetzt.

Stoffströme, die sich nicht zu hochwertigen oder verkaufsfähigen Produkten verarbeiten lassen, werden als Basis für die Umwandlung zu Biogas, festen oder flüssigen Biokraftstoffen, Elektrizität oder Wärme energetisch genutzt.

In der klassischen Abfallwirtschaft und der Öffentlichkeit werden meist nur die kommunalen Bioabfälle aus den Haushalten, Garten- und Parkanlagen betrachtet und diskutiert. Mit geschätzten 20 Mio. t Feuchtmasse bilden diese mengenmäßig zwar einen bedeutenden, aber keinesfalls dominierenden Teil der biogenen Reststoffe insgesamt. Besondere Bedeutung haben sie vielmehr innerhalb der Siedlungsabfälle, sowohl für die Siedlungshygiene als auch z. B. die Erfüllung der entsprechenden Recycling- und Verwertungsquoten.

In Deutschland sollen sich nach Untersuchungen des UBA noch ca. 4 Mio. t biogene Abfälle im Restabfall befinden, die nicht getrennt erfasst und behandelt werden, obwohl seit 2012 das KrWG die getrennte Erfassung vorsieht. Auch zu Beginn des Jahres 2021 ist das KrWG durch die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger noch nicht vollständig umgesetzt.

Im Vergärungsprozess entsteht aus organischer Substanz Biogas, das aus Biomethan (50-70%), CO2 (30-45%) und zahlreichen Spurenstoffen besteht. Bei der Kompostierung, ggf. im Anschluss an die Vergärung, können Kompost- und Erdenprodukte hergestellt werden, die konventionelle Dünger und torfhaltige Erden ersetzen und aktiv zum Schutz der Moore beitragen. Am Ende des Prozesses der Bioabfallbehandlung können ca. 20-50% der Ausgangsmasse als organisch-mineralische Düngemittel Verwendung finden. Dies setzt jedoch voraus, dass eine ordnungsgemäße Getrenntsammlung durchgeführt, um die notwendigen Qualitätsprodukte zu erhalten, die weitgehend frei von Fremdstoffen sein müssen. Hier steigen die Anforderungen der Abnehmer, so dass Qualität vor Quantität geht.

Eine Kompostdüngung führt zu Verbesserung der Bodenqualität u.a. durch hohe Anteile an Calcium, Kalium, Magnesium und Humus. Der Einsatz von gütegesichertem Kompost auf landwirtschaft-lichen Flächen oder dem Garten- und Landschaftsbau trägt bei einem ordnungsgemäßen Einsatz zum Bodenschutz, zu einem intensiveren Bodenleben und zu einer verbesserten Nährstoff- und Wasserspeicherung bei. Der Humusgehalt wird durch den Kompost weiter aufgebaut, womit Kohlenstoff und Stickstoff im Verhältnis (C:N) 17:1 in den Boden eingespeichert werden. Die flüssigen und festen Gärreste, die als Düngemittel oder Bodenverbesserer stofflich verwertet werden, tragen ebenfalls zu einer echten Kreislaufwirtschaft bei.

Für den umweltgerechten Einsatz gibt es zum Schutz des Bodens und des Trinkwassers inzwischen umfangreiche Vorgaben, die den Einsatz saisonal und mengenmäßig regional begrenzen.

Für diejenigen biogenen Stoffströme, die weder zu Qualitätskompost kompostiert noch effizient vergoren werden können, verbleibt die Biomasseverbrennung als sinnvolle energetische Verwertung (Biogas, Biokraftstoff, Biobrennstoffe (Pellets etc.) oder direkt energetisch (Strom, Wärme, Prozessenergie).

Andere biogene Reststoffe und Nebenprodukte (z.B. Stroh, Waldrestholz usw.) können zu hochwertigen, biobasierten Produkten verarbeitet werden.

Auch in einer klimaneutralen Gesellschaft werden zukünftig noch sehr große Mengen an Kohlenstoff als Rohstoff u.a. für die chemische Industrie und als Energieträger. z. B. Ethanol oder Methanol benötigt. Biomasse gewinnt eine steigende Bedeutung, wenn auf den Einsatz fossilen Kohlenstoffs zukünftig verzichtet werden muss. Auch in der Verpackungsindustrie, Bauwirtschaft und Automobilindustrie werden zunehmend biobasierte Materialien hergestellt bzw. eingesetzt.

Insgesamt ist die DGAW der Meinung, dass die Kreislaufwirtschaft für die biogenen Reststoffe bereits einen hohen Stand bzw. Recyclinganteil erreicht hat, wenn die gesamte Stoffgruppe betrachtet wird. Gleichwohl gibt es in bestimmten Bereichen noch deutliches Verbesserungspotenzial, um sowohl die Nährstoffressourcen, noch mehr jedoch für CO2 Speicherung im Boden gilt. Die DGAW fordert daher u.a., dass biogene Abfälle wieder verstärkt als Futtermittel eingesetzt werden können und die Einschränkungen auf Grund von BSE-Vorfällen vor annähernd 20 Jahren überprüft werden. In einer ganzheitlichen globalen Betrachtung führt der Einsatz von biogenen Reststoffen in der Futtermittelindustrie sicher zu einer sehr weitgehenden Ressourcenschonung. Es sollten die aktuellen Erkenntnisse über Hygienisierungs- und Sterilisationsmaßnahmen genutzt werden, um diese Form der Verwertung wieder nutzen zu können.

Auch kommt dem Einsatz bioorganischer Dünger bei einem zunehmend ariden Klima eine größere Bedeutung für den Humusaufbau und der Bodenverbesserung zu. Die Kohlenstoffanreicherung im Humus hat zudem auch einen positiven Klimaeffekt.

Daher fordert die DGAW auch den Einsatz von biogenen abfallstämmigen Restoffen als Düngemittel deutlich zu erleichtern, indem die Diskriminierung abfallstämmiger Düngemittel beendet wird. Es sollten für diese Düngemittel keine höheren Auflagen und Anforderungen gestellt werden als für importierte Rohstoffe. Im Sinne der Förderung der Kreislauf- und Ressourcenwirtschaft wäre es konsequent, den Import von mineralischen Düngern nur zu zulassen, wenn nachweislich keine biogenen Rohstoffe aus der Kreislaufwirtschaft zu vergleichbaren wirtschaftlichen Konditionen verfügbar sind. Da bei der Gewinnung von Mineralien wie Phosphor, Calcium oder Magnesium auch erhebliche Mengen CO2 freigesetzt werden, hat der Einsatz von biogenen Abfällen in der Bodenverbesserung auch einen direkten positiven Klimaeffekt, sofern es nicht zu einer Nährstoffüberlastung des Bodens kommt. Es muss ein abgestimmtes Nähstoff- und Schadstoffmanagementsystem für Böden entwickelt werden.

Um in Zukunft vermehrt Ressourcen über die Schließung von Kreisläufen zu substituieren, sind neben den wirtschaftlichen Impulsen, die bestehenden Grenzwerte für den Umgang mit Abfall kritisch zu hinterfragen. Es ist generell in der Umweltgesetzgebung nicht transparent nachvollziehbar, nach welchen Kriterien oder Gefährdungsbeurteilungen die Grenzwerte der abfallwirtschaftlichen Regelwerke festgelegt werden. Die Grenzwerte in den unterschiedlichen Regelwerken sind nicht konsistent und diskriminieren Produkte aus Abfällen.

Die Schlussfolgerungen der DGAW wurden in zwei Kategorien eingeteilt, da sich einige Forderungen nur auf die Bioabfälle beziehen, die dem KrWG unterliegen

Allgemeine Forderungen:

  1. Das gesamte Potenzial für die stoffliche und energetische Verwertung ist noch nicht ganzheitlich betrachtet worden. Hierfür ist das o.g. Reststoffmonitoring eine gute Ausgangsbasis.
  2. Eine vergleichende Bewertung der Behandlungsverfahren von Nährstoffgehalt, Klimaeffekt, Energieumwandlung und Schadstofffrachten fehlt bisher.
  3. Die Kohlenstoffspeicherung, die damit verbundene Bodenverbesserung und die Nährstoffressourcen sollten gegenüber dem energetischen Potenzial einen deutlich höheren Stellenwertwert bei der Betrachtung haben, sofern eine Nährstoffüberlastung und Schadstoffanreicherung vermieden wird.
  4. Der Beitrag organischer Dünger zur CO2-Fixierung sollte auch im Klimaschutz berücksichtigt und finanziell gewürdigt werden.
  5. Rohstoffe aus biogenen Abfällen sind vorrangig gegenüber fossilen Rohstoffen einzusetzen.
  6. Die aufbereiteten Stoffe, die dem Stoffkreislauf wieder zugeführt werden, sollten den sogenannten primären Rohstoffen materiell gleichgestellt werden.
  7. Die Stoffgleichheit sollte bei Primär- und Sekundärrohstoffen zu gleichen anspruchsvollen Regelungen und Rahmenbedingungen unter der Berücksichtigung von Nährstoff- und möglichen Schadstoffgehalten in den unterschiedlichen Wertschöpfungsstufen führen.
  8. Qualität geht vor Quantität, gerade beim Schließen von Stoffkreisläufen, die für unser Grundwasser und die Ernährung von Bedeutung sein können.

Zusätzliche Forderungen für die biogenen Abfälle gemäß KrWG:

  1. Die Begriffsbestimmung zu den Bioabfällen und Abfallschlüsselnummern muss vereinheitlicht werden. Das o.g. Reststoffmonitoring macht zur Biomassekategorisierung konkrete Vorschläge.
  2. Das Ende der Abfalleigenschaft sollte möglichst frühzeitig erreicht werden und durch eine branchenübliche Produkthaftung ersetzt werden.
  3. Um die Kreislaufwirtschaft voran zu bringen sollte auch für die biogenen Reststoffe ein Übergang von der Recyclingquote zur Substitutionsquote erfolgen.

Der Druck auf den Biomassestrom wird in den kommenden Jahren aufgrund veränderter Rahmenbedingungen bezogen auf Klimaschutz und Ressourceneffizienz steigen. Die Substitution von fossilem Kohlenstoff ist neben der Mobilität, Energie, auch für die Chemische Industrie, Verpackungsindustrie, Bauwirtschaft und Automobilindustrie eine große Herausforderung. Daher werden sich alternative Verwertungsprozesse etablieren. Die DGAW nimmt die Herausforderung an und wird sich daher zukünftig verstärkt dem Thema „Neue Geschäftsmodelle der Abfallwirtschaft in der Bioökonomie“ widmen.

Mit diesen Schlussfolgerungen und Forderungen öffnet die DGAW – getreu dem Vereinsmotto –

Ressourcen neu denken die Diskussion!

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