In seinem autobiografischen Werk erzählt der Galerist Jörg Johnen seine Lebensgeschichte, die eng mit Andy Warhol verwoben ist – mit seinem Werk, seiner künstlerischen Haltung und seiner Lebensweise, jenseits von Normen und gesellschaftlichen Erwartungen.

Persönlich ist der Autor dem Künstler nie begegnet. Ausführlich beschreibt Johnen wie sein Leben ohne Kunst und ohne Warhol sehr trostlos verlaufen wäre.

Das Buch beginnt in den 1950er Jahren, in einer extrem spießigen Nachkriegszeit und endet im Heute. Die erste Station ist Ulm, wo er seine Kindheit verbringt, bevor er nach München aufbricht, um ein Architekturstudium zu beginnen – der erste Schritt einer langen Reise in eine freiere Welt. Die zweite Etappe seiner Emanzipation führt ihn nach Köln, das in den 1980er Jahren der hot spot der zeitgenössischen Kunstszene war. In Bochum studiert er Kunstgeschichte, promoviert und wandelt sich vom Zuschauer zum Protagonisten der Kunst- und Schwulenszene.

In Köln eröffnet er seine erste Galerie zusammen mit Rüdiger Schöttle. Gemeinsam entwickeln sie ein Galerieprogramm, das Maßstäbe setzt. Doch auch Köln wird zu eng. So ent scheidet Jörg Johnen Anfang der 2000er Jahre nach Berlin zu gehen und startet hier 2004 seine eigene Galerie, die er bis 2019 betreibt. In Berlin findet Jörg Johnen die lang ersehnte Freiheit und privat eine Perspektive, die er als großes und spätes Glück bezeichnet. Als Kind fühlte er sich völlig fremd in den starren Regeln und Normen der Nachkriegszeit und lernte früh in der Kunst andere Welten kennen. So wurde er zu einem “schrecklichen Kind“, um ein Buch von Peter Sloterdijk zu zitieren. Einem Kind, das Traditionen ablehnte und gegen alle Widerstände neue Wege ging.

In der Kunst war es möglich, frei, unkonventionell und selbstbestimmt zu sein. Warhols radikale Ideen kamen u.a. 1968 nach Ulm mit seinen Filmen „Flesh“ und „Trash“. Im selben Jahr begann eine Befreiungsbewegung in Politik und Kunst. Warhol war für Jörg Johnen eine Referenz, um einer unglücklichen Lebenswirklichkeit zu entfliehen und sich zunehmend von gesellschaftlichen und sexuellen Tabus zu befreien. Im Beruf des Galeristen ließen sich Emanzipation, intellektuelle Interessen und Gelderwerb ideal kombinieren, zuerst in Partnerschaft mit Rüdiger Schöttle, später solo in Berlin. Der Galerie gelang es dreißig Jahre lang, immer wieder führende Positionen der Kunstentwicklung zu entdecken und zu vertreten, beginnend mit Thomas Schütte, Thomas Ruff, Katharina Fritsch, Candida Höfer, Jeff Wall, Yoshitomo Nara, Dan Graham. Später kamen Rodney Graham, Wilhelm Sasnal, Wiebke Siem, Liu Ye, Martin Creed, Anri Sala, Roman Ondak, Ryan Gander und Tino Sehgal dazu.

Wer sich für die gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen der letzten 70 Jahre interessiert, findet in diesem Buch eine inspirierende Lektüre, exemplarisch erzählt an einem Lebenslauf mit seinen Höhen und Tiefen. Das Buch vermittelt auch ein tieferes Verständnis der immer noch gültigen Arbeiten Warhols und anderer Künstler bis heute.

Mit einem Einleger von Thomas Ruff aus der Serie „Tableaux chinois“ enthält das Buch eine weitere persönliche Referenz an Warhol.

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