Eine Krebsdiagnose ist für jeden Menschen ein Schock. Denn plötzlich ist nichts mehr wie es war. „Diesen Schock zu benennen und als normale Reaktion auf die Diagnose einzuordnen sowie die erlebte Belastung gemeinsam auszuhalten ist eine der Hauptaufgaben unserer Begleitung“, sagen Ärztin Dr. Cornelia Fischer-Veit und Psychologin Cornelia Allard. Beide arbeiten im Klinikum Darmstadt als Psychoonkologinnen. Psychoonkologen haben zusätzlich zu der psychotherapeutischen Ausbildung eine spezielle Weiterbildung absolviert und begleiten Menschen, die an Krebs erkrankt sind während der Diagnosestellung, Behandlung und mitunter auch darüber hinaus.

Psychoonkologische Betreuung in zertifizierten Zentren
„Viele Betroffene erleben eine starke psychische Belastung und geraten durch die Diagnose in eine Krise. Dann stehen wir als Ansprechpartner für die Unterstützung der Krankheitsverarbeitung zur Verfügung“, erklärt Dr. Fischer-Veit, die die Abteilung leitet. Die Psychoonkologie ist ein wichtiger Bestandteil der modernen Tumorbehandlung. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Fachrichtungen unter anderem auch der Psychoonkologie ist ein besonderes Qualitätsmerkmal der Krebsbehandlung am Klinikum. Aufgrund der ausgewiesenen Expertise gehört das Klinikum zu den zertifizierten Krebszentren. Patient*innen der verschiedenen zertifizierten Krebszentren am Klinikum können sowohl ambulant als auch während der stationären Behandlung von den Psychoonkologen betreut werden.

Angehörige werden einbezogen
„Bei Patient*innen, die stationär im Klinikum sind, werden wir von der jeweiligen Station routinemäßig hinzugezogen. Dann sind wir schnell bei dem Patienten. Wie lange ein Gespräch dauert, hängt vom jeweiligen Bedarf ab – mitunter gestaltet sich der Erstkontakt eher kurz, Patient*innen kommen aber später auf uns zu. Manchmal entsteht direkt ein längeres Gespräch über die mit der Diagnose verbundenen Belastungen“, erläutern die Mitarbeiterinnen. Dabei sind die besprochenen Themen sehr unterschiedlich: Anfangs geht es oft darum, zu helfen, die als quälend erlebte Ungewissheit auszuhalten. Aber auch der Umgang mit den eigenen Ängsten, Orientierung im Behandlungsprozess sowie Fragen wie: Wie sage ich es meiner Familie? Wie gehe ich damit um, wenn Kollegen fragen? Bin ich schuld an meiner Krankheit? werden oft besprochen. Auch die Angst vor dem Tod sei immer wieder Thema. Eine weiterführende ambulante Begleitung ist möglich – hier erfolgt die Kontaktaufnahme in der Regel durch die Patient*innen selbst. Während der Corona-Zeit stehen auch telefonische Beratungen oder Videosprechstunden zur Verfügung. Das Angebot steht Patient*innen jeden Alters offen. Häufig werden auch Angehörige mit einbezogen. „Manchmal ist die Diagnose sogar für Angehörige belastender als für die Betroffenen selbst. Dann helfen wir bei der Vermittlung von Beratungsstellen oder Therapeuten für die Angehörigen“, erklärt Cornelia Allard.

Was hilft mir?
Eine Krebsdiagnose bedeute immer auch Verlust. „Teilweise gehen Körperfunktionen verloren, wenn auch oft nur vorübergehend, manche Freunde ziehen sich zurück und auch das Selbstbild leidet, das muss verarbeitet werden“, sagt Cornelia Allard. Vielen helfe dabei auch der Austausch mit anderen Betroffenen in Form von Selbsthilfegruppen. „Bei der Verarbeitung einer Krebsdiagnose ist es hilfreich, wenn man sich fragt, was hilft mir sonst in Krisensituationen? Ist es der Waldspaziergang oder das Gespräch mit einem vertrauten Menschen? Das wird auch in dieser Situation helfen.“ Und noch eine wichtige Botschaft: „Viele Krebsarten sind heute sehr gut behandelbar und auch wenn der Krebs nicht heilbar sein sollte, so stehen in vielen Fällen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung, die ein Leben mit der Diagnose ermöglichen können.“

Tipps der Expertinnen
Zusammengefasst einige der Tipps der Expertinnen für Betroffene:
1. Emotionen dürfen sein. Es gibt nichts, was nach einer Krebsdiagnose nicht normal ist. Man darf ärgerlich oder wütend sein, sich die Decke über den Kopf ziehen wollen… das sind normale psychische Reaktionen auf eine schwerwiegende Belastung.
2. Darüber zu sprechen ist für viele Betroffene die wichtigste Form der Verarbeitung. Dabei geht es oft nicht darum, eine konkrete Lösung zu finden, sondern vor allem darum, sich mitteilen zu dürfen und nicht alleine gelassen zu sein.
3. Informationen über Abläufe und die Diagnose werden sehr oft als hilfreich erlebt und bieten Orientierung. Wichtig ist dabei die Qualität der Informationen: Gespräche mit den behandelnden Ärzt*innen oder auf den Internetseiten der Deutschen Krebshilfe sowie des Krebsinformationsdienstes.
4. In Arztgesprächen können oft Fragen zum individuellen Behandlungsverlauf beantwortet werden. Dabei ist es nützlich, sich Fragen vor dem Termin aufzuschreiben, so dass man nichts vergisst und, sofern möglich, eine Begleitperson zum Gespräch hinzuziehen.
5. Im Falle stark ausgeprägter Angst, Traurigkeit, dem Erleben von Überwältigtsein, länger andauernden Schlafstörungen, Antriebslosigkeit oder anderen Symptomen scheuen Sie sich nicht, frühzeitig Unterstützung zu suchen. Mitunter helfen schon einige wenige Gespräche, sich wieder zu stabilisieren und es können gemeinsam Wege zur Krankheitsbewältigung entwickelt werden.

Ambulante Termine für die Psychoonkologie können Patient*innen des Klinikums unter der Telefonnummer 06151 107-6884 vereinbaren.

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