Kurz vor der Bundestagswahl pflegt die Bundesregierung die Wählermehrheit der über 55-Jährigen. Der heute im Bundeskabinett anstehende Systemwechsel in der Sozialen Pflegeversicherung durch die Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile wird hinter einer populären, höheren Bezahlung von Pflegekräften versteckt. Er hilft vor allem bessergestellten Pflegebedürftigen und ihren Erben dabei, Guthaben und Hausbesitz zu schonen – zu Lasten der Steuerzahler und Versichertengemeinschaft: Vollkaskomentalität statt sozialstaatlichem Bedürftigkeitsprinzip und Eigenverantwortung. „Ab mit den Eltern ins Heim und ran an die ungeschmälerte Erbschaft“: So könnte sich der Fehlanreiz für viele in einer mittleren Generation darstellen, die zudem schon in dieser Wahlperiode bis zu einem Jahreseinkommen von 100.000 Euro von der Inanspruchnahme für die Eltern befreit wurde – eine beispiellose gesellschaftliche Entsolidarisierung. Der Schnellschuss der GroKo ist ein unheilvoller Spahnsinn wider besseren Wissens und demographischer Fakten: Geradezu grob fahrlässig schiebt die Politik die längerfristigen Finanzierungsherausforderungen der Pflegeversicherung mit leichter Hand beiseite. Was bleibt, ist der Eindruck, dass Älteren kurz vor der Wahl einmal mehr ein sozialpolitisches „Wohlfühlpaket“ präsentiert werden soll, das größtenteils zu Lasten der jungen und zukünftigen Generationen gehen wird. Nach zwei Rentenpaketen 2014 und 2018 zugunsten von Ü 55, nach Abwälzung fast aller Corona-Lasten und auch der europäischen „Wiederaufbau“-Gaben auf zukünftige Beitrags- und Steuerzahler sowie angesichts der Vernachlässigung von Digitalisierung und Infrastruktur muss wohl festgestellt werden: Der Großteil der Großen Koalition pfeift auf U 45!

 

In den letzten Wochen ihrer Amtszeit plant die schwarz-rote Bundesregierung einen weitreichenden Umbau der Sozialen Pflegeversicherung. Die Bundesregierung erweckt den Eindruck, es gehe in erster Linie um eine höhere Entlohnung der Pflegekräfte, um dem Arbeitskräftemangel in der Pflege entgegenzuwirken. Diese soll flächendeckend durch Tarifverträge geregelt werden, indem stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen, die ihre Mitarbeiter untertariflich bezahlen, in Zukunft keine Versorgungsverträge mehr mit den Pflegekassen abschließen können. Zudem ist eine Begrenzung der pflegebedingten Eigenanteile in der stationären Versorgung vorgesehen (die es heute schon gibt – wer nicht über Reserven verfügt, erhält Unterstützung vom Staat). Der von den Pflegebedürftigen selbst zu tragende Anteil an den Pflegekosten soll durch entsprechende Zuschüsse der Pflegekassen nach einem Jahr um 25 Prozent, nach zwei Jahren um 50 Prozent und nach drei Jahren um 75 Prozent verringert werden (vgl. Abbildung).

 

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