Als ich noch als Personalleiterin in einem Konzern aktiv war, habe ich am Jahresanfang fast gebetsmühlenartig die Führungskräfte an folgendes erinnert: Bitte schließen sie den Zielvereinbarungsprozess bis spätestens zum Ende des ersten Quartals ab und führen sie mit allen Mitarbeitern ein entsprechendes Mitarbeitergespräch. So war es weltweit üblich und wurde nicht auf den Prüfstand gestellt. Die Ziele wurden dann vereinbart und die Gespräche oft „auf den letzten Drücker“ geführt. Wir alle kennen Gesprächsbögen, die lieblos ausgefüllt wurden. So mancher Vorgesetzter begann das Gespräch mit seinem Mitarbeiter mit Worten wie „Na, dann lassen Sie uns das jetzt mal hinter uns bringen“ oder „Die Zielvereinbarung müssen wir ja leider machen, der Personalbereich will das so…!“ Kennen Sie das auch? Oder haben Sie sich das womöglich selbst einmal sagen hören? Welch verpasste Chance!

Schon Reinhard Sprenger (Autor von „Mythos Motivation“) konstatierte, dass Führungskräfte oftmals ihre Gesprächskompetenz an der Bürotür abgeben, wenn es um das Jahres- oder Zielvereinbarungsgespräch geht. Da wird dann gefeilscht, verhandelt, oder kritisch hinterfragt, warum denn das Jahresziel wieder einmal nicht erreicht wurde. Aber eines passiert selten: Echte Mitarbeitermotivation! Darum ist es Zeit, diesen Prozess neu zu denken.

Gerade das vergangene Jahr hat uns vor Augen geführt, dass eine verlässliche Planung kaum möglich ist, wenn sich die Rahmenbedingungen so rasant verändern, dass die Zukunft volatil ist. Und trotzdem oder gerade deshalb ist es wichtig, das vor uns liegende zweite Halbjahr gemeinsam mit unseren Mitarbeitenden zu gestalten. Um das erfolgreich zu tun, brauchen Sie nicht Mehr desselben, sondern den Mut, zu einem kreativen Schaffensprozess. Ziele zu setzen ist an sich nicht verkehrt, aber längst nicht ausreichend, wenn Sie gestalten wollen. Gestalter wissen, wohin sie wollen und wo ihr Fokus ist. Und sie wissen auch „wie“, also mit welcher Haltung sie mit ihrem Team dorthin kommen. Wie kann das in der Praxis gelingen?

1. Feedback einholen

Wenn nicht jetzt, wann dann? Wir durften im vergangenen Jahr sehr viele unterschiedliche Teams begleiten und haben dabei sehr unterschiedlich agierende Führungskräfte erlebt. Einige sind über sich hinausgewachsen, haben trotz Homeoffice und remotem Arbeiten Nähe zu ihrem Team hergestellt. Sie waren sowohl ansprechbar als auch menschlich erlebbar. Andere Führungskräfte sind förmlich abgetaucht, sie waren eher kontrollierend als unterstützend unterwegs. Oftmals haben wir auch erlebt, dass sich Teamleiter viele Gedanken über das Team und die Zusammenarbeit gemacht haben, doch diese Gedanken zu wenig mit dem Team geteilt haben.

Wissen Sie, wie Ihr Team Sie erlebt hat? Wie hat Ihr Team Ihre Führungsarbeit im letzten Jahr wahrgenommen? Falls Sie das nicht konkret beantworten können, dann greifen Sie doch ruhig „zum äußersten“ und fragen einfach mal nach!

2. Bestandsaufnahme

Auch die Teammitglieder haben sich im vergangenen Jahr noch einmal ganz neu und auch anders erlebt. Häufig haben wir Sätze gehört wie “Hätte ich gar nicht gedacht, dass mir der Kontakt zu meinen Kollegen so fehlen würde!“ oder auch „Toll, wie schnell alle angepackt haben und sich gegenseitig unterstützt haben. Darauf sind wir richtig stolz!“ Dies einmal laut auszusprechen und sich für die gegenseitige Unterstützung offen und konkret zu bedanken, kann neue Energien und das Bewusstsein für die Stärken des Teams freisetzen.

Worauf sind Ihre Teammitglieder stolz? Was ist hervorragend gelungen in der Zusammenarbeit? Und was davon wollen Sie mit in das zweite Halbjahr nehmen, auch wenn die Herausforderungen vielleicht andere sein werden?

3. Perspektiven wechseln

Im letzten Jahr musste unsere Familie an einem heißen Sommertag erste Hilfe leisten. Ein älterer Herr war vor unseren Augen mit Herzproblemen einfach umgekippt und lag reglos vor uns. Mein erster Hilfekurs war schon lange her, doch die Stimme am Notruftelefon machte mir Mut, zählte den Takt für die Herzmassage vor und sagte immer wieder: „Sie können nichts verkehrt machen, Sie machen das toll!“ Beurteilen konnte er es in dem Moment sicher nicht, da er uns nur hörte und unsere Aufregung wahrnahm. Viel später wurde mir klar, wie sehr der Ersthelfer sich in unsere Perspektive hineinversetzt hatte und genau das gab, was wir brauchten: Zuspruch, Unterstützung und Sicherheit.

Die Bestandsaufnahme kann durch einen entsprechenden Perspektivwechsel noch unterstützt werden. Welche Perspektive hilft Ihnen zur Gestaltung des nächsten Halbjahres? Wie haben Ihre Schnittstellenpartner und Kunden Ihre Arbeit wahrgenommen? Wenn Sie sich wirklich einmal auf deren Seite begeben und mit deren Erwartungen und Sichtweisen auf Ihr Tun und Handeln schauen, welche Rückmeldung käme dann? Was können Sie daraus für Ihr künftiges Tun mitnehmen?

4. Vom Ende her denken

Was wollen Sie in diesem Jahr endgültig erreicht haben und was brauchen Sie dazu?

Machen Sie es doch einfach einmal wie Mr. Spock! Lassen Sie sich in den Dezember 2021 beamen und spüren einmal mit allen Sinnen nach, was Sie dann über das Jahr sagen wollen.

Hören Sie sich doch schon jetzt einmal zu: Was wollen Sie in Ihrer Weihnachtsansprache an das Team über 2021 sagen?

5. Wenn schon Ziele, dann SMART reloaded

Die SMART Formel kennen die meisten von uns: Ziele sollten spezifisch, messbar, attraktiv, realistisch und terminiert sein, damit sie erreicht werden können.  Ich persönlich setze mir am Jahresanfang jeweils ein persönliches, ein berufliches und ein verrücktes Ziel, das mich aus meiner Komfortzone bringt. Und spreche dann darüber! Ja, sogar auch mit Kollegen und Mitarbeitern! Das ist eine hilfreiche Selbstverpflichtung. Denn wer möchte im September zugeben müssen, dass man die „Segel“ bereits streichen musste. Sich in dieser Form mit dem Team auszutauschen gibt dem Zielvereinbarungsprozess eine ganz neue Dimension und schafft Nähe.

Außerdem muss aus meiner Perspektive die altbekannte SMART-Formel um weitere Bergriffe ergänzt werden:

Das neue S steht für „sinnvoll“ : Was motiviert mehr als Sinnhaftigkeit? Wenn ich meinen Beitrag und Mehrwert zum großen Ganzen kenne, dann braucht es selten noch weitere Impulse von außen.

Das neue M steht für „mutig“: Sicherheitsdenken sollte bei der Zielvereinbarung vermieden werden. Bei Google gilt eine Quote von 60 bis 70 Prozent bei der Zielerreichung als optimal. Schlechte Ergebnisse hinsichtlich der Zielerreichung werden bei Google nicht sanktioniert, sondern einfach als Datenbasis für die Festlegung der nächsten Ziele gesehen.

Das neue A steht für „agil“: Bleiben Sie im Gespräch mit ihren Mitarbeitern! Sorgen Sie dafür, dass sie sich selbst ambitionierte Ziele setzen können. So wie bei der agilen Methode Scrum das Sprint Ziel für den entsprechenden Sprint definiert wird, und zwar vom Team selbst.

Das neue R steht für rück-gekoppelt/reverse“: Ziele sollten nicht in der Einbahnstraße von oben heruntergebrochen werden, sondern sie wollen verhandelt sein. Jeder Mitarbeiter sollte sich selbst fragen, wie er in seinem Wirkungskreis am besten zum Unternehmenserfolg beziehungsweise zu übergeordneten Zielen beitragen kann.

Das neue T steht für transparent: Wie wäre es, wenn die Ziele eines jeden Mitarbeitenden öffentlich einsehbar wären? So wäre jeder Mitarbeiter potenziell jederzeit über die Ziele der Kollegen im Bilde. Das hat den Effekt, dass empathisches Handeln gefördert wird, da die Reaktionen des Gegenübers besser nachzuvollziehen sind. Da jeder weiß, woran die Kollegen arbeiten, wie weit sie mit ihrer Arbeit fortgeschritten sind und wie die eigene Arbeit und die der anderen zu den Unternehmenszielen beiträgt, fördert Transparenz ganz erheblich den Teamspirit.

6. Gesprächskultur statt Formalismus

Jeder Mitarbeiter braucht eine andere Führung. Der eine sucht mehr Nähe und der andere freut sich über das für ihn spürbare Vertrauen, durch eine gefühlte „lange Leine“. Wissen Sie, wie jeder einzelne Ihrer Mitarbeitenden von Ihnen geführt werden will? Und können und wollen Sie diese Erwartungen bedienen, insbesondere in der Zeit des remote Arbeitens? Statt sich Zeit für die klassischen Mitarbeiterjahresgespräche zu nehmen, verteilen Sie diese Zeiten ganz regelmäßig über das Jahr, und seien Sie ansprechbar und erlebbar, je nach Bedarf Ihrer Mitarbeitenden.

7. Fehler nutzen

Machen Sie es wie Asterix, wenn in Ihrem Team Fehler gemacht wurden? Als Asterix den Wettlauf gegen die Römer verlor, wurde sogar die griechische Ernährung herangezogen, um die ungünstigeren Startbedingungen für Asterix zu belegen. Prozesse auf Verbesserungspotenzial zu untersuchen ist gut. Fingerpointing zu betreiben und Sündenböcke zu suchen ist hingegen wenig hilfreich. Das ist zwar oftmals klar. Dennoch gibt es selten eine echte Fehlerkultur, wenn wir Teams danach befragen. Wenn Sie gemeinsam mit Ihrem Team aus Fehlern wirkliches Verbesserungspotenzial ableiten wollen, dann könnten Sie z.B. regelmäßige Retrospektiven einführen. Die Struktur ist so simpel wie wirksam:

8. Haltung bewahren

Das haben Sie bestimmt schon mal gehört: Selbstführung ist für Führungskräfte essentiell, denn wie kann ich andere führen, wenn ich mich nicht selbst führen kann? Wie kann das (noch besser) gelingen? Die Kernfrage dabei ist, mit welcher inneren Haltung will ich mich Herausforderungen stellen? Welche Haltung möchte ich einnehmen? Und wenn ich etwas an dieser Haltung langfristig verändern will, dann braucht es folgendes: Viele neue Situationen, in denen ich diese Haltung einnehme, damit ich sie dann langfristig im besten Sinne „bewahren kann“.

Ich komme aus dem Land zwischen den zwei Meeren. Bei uns gab es früher die Zunft der „Reepschläger“, die belastbare Seile für die Schifffahrt hergestellt haben. Sie haben dafür feine Taue genutzt, um diese so miteinander zu verweben, bis ein wirklich festes Seil, ein echter Tampen entstanden ist. Für mich ein schönes Bild, wenn es um das Thema „Haltung“ geht. Wieviele Taue bzw. neue Erfahrungen braucht es, damit ich auf einen wirklich festen Tampen vertrauen darf, der auch für Andere sichtbar und belastbar ist?

9. Zusammenhalt und Resilienz stärken

Gerade in schwierigen unternehmerischen Situationen, in denen die Stimmung im Unternehmen nicht besonders gut ist, erleben wir oft, dass es in Einzelteams ganz anders aussehen kann. „Ja,“, heißt es da oft, „meinem besten Freund würde ich nicht empfehlen, sich hier zu bewerben. Die Stimmung ist im Keller! Aber mein Team, in dem fühle ich mich wohl. Wir haben hier so etwas wie eine kleine Oase!“ Und wenn wir dann der Frage nachgehen, was den Unterschied macht, stellen wir oft fest, dass die Führungskraft besonders positiven Einfluss nimmt.

Wie das geht? Einfach, indem „wert“-voll geführt wird. Werte, die für den Zusammenhalt stehen, stehen dort nicht nur in der Hochglanzbroschüre, sondern werden vorgelebt. Die Erwartungen wie zusammengearbeitet werden soll sind für jeden klar. Erfolge werden gefeiert, auch wenn das nächste Projekt schon wieder wartet. Zeit zum Auftanken darf und muss sein!

Das IT Team eines unserer Kunden hat für dieses Jahr die Stärkung der eigenen Resilienz im Fokus. Schließlich machen Hochleistungssportler auch die „lohnende Pause“, die sie danach sogar zu noch höherer Leistung bringt. Das erste Halbjahr war von Höchstleistung geprägt, damit das überhaupt weitergehen kann, braucht es diese lohnenden Pausen. In diesem Fall kann die Wirtschaft vom Sport lernen, denn wieviel lohnende Pausen haben Sie im ersten Halbjahr gemacht? Wieviel lohnende Pausen haben Sie Ihrem Team gegönnt?

Ein weiterer Faktor, der die Resilienz stärkt, ist übrigens die empfundene Zugehörigkeit und der Zusammenhalt.

Welche Hebel haben Sie persönlich, um die Resilienz Ihres Teams zu stärken?

10. Sich Zeit nehmen

Gestaltung braucht Raum und Zeit! Wann hatten Sie das letzte Mal Zeit, sich über all diese Dinge in einem geschützten Rahmen Gedanken zu machen? Wann haben Sie sich das letzte Mal Zeit genommen, diese Gedanken mit Ihrem Team zu teilen und weiterzudenken?

Wenn wir Führungskräfte fragen, wann Ihnen die besten Ideen und Lösungen einfallen, dann hören wir immer „wenn wir entspannt sind“! Hatten Sie gerade Urlaub? Dann nehmen Sie doch das Gefühl mit hinein in die zweite Jahreshälfte, und bewahren es für sich und Ihr Team mit den oben genannten Impulsen! Viel Erfolg!

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