Auf dem traditionellen Sommerempfang von Handwerk Schleswig-Holstein e.V. begrüßte Präsident Thorsten Freiberg neben Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz, IfW-Präsident Prof. Gabriel Felbermayr, Justizminister Claus Christian Claussen und Oberbürgermeister Dr. Ulf Kämpfer rund 140 weitere Gäste aus Handwerk, Politik, Wirtschaft und Gesellschaft, darunter die Staatssekretäre Dr. Dorit Stenke und Dirk Schrödter sowie die Fraktionsvorsitzenden Eka von Kalben und Tobias Koch aus dem Kieler Landtag. „Wir freuen uns sehr, heute Abend in Präsenz und darüber hinaus mit so vielen interessanten Gesprächspartnern zusammenzukommen“, sagte Freiberg in seiner Begrüßung. Angesichts der geltenden Coronaregeln konnte Freiberg zufrieden feststellen: „Im Handwerk machen wir möglich, was wir möglich machen können. Auch, weil wir wissen: Das Virus wird bleiben, es wird nicht mehr verschwinden.“

So dreht sich um das Coronavirus auch der weitere Abend, wenngleich vor allem aus wirtschaftlicher und handwerklicher Sicht. Freiberg bedankte sich „für das Handwerk bei allen Politikerinnen und Politikern in Verantwortung für unser Land und im Bund, in der Landesregierung, der Bundesregierung, in den Kreistagen und insbesondere auch bei den vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Ministerien, den kommunalen Verwaltungen und den Banken im Land bedanken, die während dieser Pandemie Außergewöhnliches geleistet haben. Gewiss nicht ohne Fehler, manche sogar sehenden Auges, aber immer bemüht, doch noch die Kurve zu bekommen“. Insbesondere die Landesregierung habe in Zusammenarbeit mit der Opposition Entschlossenheit und Handlungsfähigkeit bewiesen.

Ausdrücklich begrüßt Freiberg die Haltung der Landesregierung, keinen Lockdown mehr zu machen. Die im Bundesvergleich hohe Bereitschaft im Land, sich impfen zu lassen, „macht uns Mut, dass das auch so kommen wird.“ Je höher der Impfgrad in Schleswig-Holstein und Deutschland sei, „desto schneller können unsere Handwerksbetriebe wieder uneingeschränkt arbeiten und ausbilden.“ Das nachlassende Impftempo sei jedoch ein Grund zur Sorge. Umso erfreulicher, dass nun auch in Schulen Impfangebote gemacht würden, so Freiberg. Als Hausaufgabe gab Freiberg der anwesenden Politik mit auf den Weg, „einen Plan zu entwickeln für die Zeit, in der die Pandemie zu einer Endemie wird.“ Deshalb gelte insbesondere mit Blick auf die Bundestagswahl und die im nächsten Jahr anstehende Landtagswahl: „Wir brauchen eine Politik, die Wohlstand und Beschäftigung langfristig sichert, und das wiederum braucht einen Gestaltungsplan, der die kleinen und mittleren Betriebe im Blick hat, der Freiräume für eigenverantwortliches Unternehmertum gewährleistet und die Potentiale der Digitalisierung und der Nachhaltigkeit entschiedener nutzt, als wir das gegenwärtig sehen.“

Wirtschaftsminister Dr. Bernd Buchholz lobte in seinem Grußwort den konstruktiven und sachlichen Dialog mit dem Handwerk in der Vergangenheit, vor allem in der Coronazeit. Zudem verwies er auf die großen Leistungen der Mitarbeitenden und der Institutionen, wie den Förderbanken im Land, in der Krisenzeit. Er trete dafür ein, dass Marktwirtschaft nach der Krise auch wieder Marktwirtschaft werde. Buchholz: „Wir müssen die Förderungen jetzt auch wieder beenden.“ Ein Indiz dafür sei, dass es derzeit weniger Firmeninsolvenzen gebe als in der Hochkonjunktur. „In Schleswig-Holstein haben wir bundesweit den geringsten Rückgang beim Bruttoinlandsprodukt – unsere Wirtschaft ist im Großen und Ganzen gut durch diese Pandemie gekommen.“ Das sei auch möglich gewesen, weil das Land durch gezielte Maßnahmen frühzeitig dazu beigetragen habe, „dass wir die niedrigsten Infektions- und im übrigen auch Todeszahlen haben“. All dies habe in der Wirtschaft zu viel früheren Öffnungen und Freiheiten geführt als anderswo. „Somit stehen wir heute nicht so schlecht da, worüber ich als Wirtschaftsminister sehr froh bin.“

Zu der aktuellen Diskussion um Materialengpässe und hohe Materialkosten vor allem im Baugewerbe sagte er, dass dies nach einer Krise immer normal sei. Er warnte davor, deshalb marktwirtschaftliche Prinzipien außer Kraft zu setzen. Man würde jetzt bereits beim Bauholz Preisrückgänge an den Börsen beobachten. „Das zeigt, dass Marktwirtschaft funktioniert.“

Prof. Gabriel Felbermayr, Präsident des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW), ging in seinem Vortrag auf die Zukunftschancen ein, die sich durch Corona ergäben, betrieb aber auch eine aus wirtschaftlicher Sicht eingehende Krisendiagnose. Gerade in Zeiten der Unsicherheit sei ein zielgenauer und reaktionsschneller Einsatz von Instrumenten wichtig, um zur Stabiliserung der Wirtschaft beizutragen, sagte Prof. Felbermayr. Das von ihm und seinem Kollegen Prof. Stefan Kooths entwickelte „Kieler Modell für betriebliche Stabilisierungshilfen“ beschreibe dies sehr gut – zielgerichtet, selbstdosierend und robust gegenüber einem ungünstigen Pandemieverlauf. So seien Anforderungen für Unternehmenshilfen entwickelt worden, beispielsweise dass es keine Unterschiede und Diskriminierungen zwischen Branchen, Größenklassen und Rechtsformen geben dürfe. Gleichwohl müssten stärker betroffene Unternehmen auch stärker unterstützt werden, so Felbermayr.

Aktuell zeichne sich auch im Handwerk noch ein „gespaltenes Konjunkturbild“ ab. Felbermayr: „Wir erleben derzeit einen temporären Boom nach tiefer Rezession.“ Er erwarte jedoch eine Normalisierung bei niedrigen Wachstumsraten. Im Zuge einer mittelfristigen Prognose sprach Felbermayr sich dafür aus, dass „Deutschland endlich ein Arbeitskräfte-Einwanderungsgesetz benötigt, wir brauchen eine aktive Rekrutierung statt Wartehaltung“, so der IfW-Chef. Zudem müsse das Rentenantrittsalter an die heutige Lebenserwartung der Menschen geknüpft werden und es müssten die Lohnnebenkosten gedeckelt werden.

Über Handwerk Schleswig-Holstein e.V

Handwerk Schleswig-Holstein – Vereinigung der Fachverbände und Kreishandwerkerschaften vertritt als Unternehmens- und Arbeitgeberverband die Interessen des freiwillig organisierten Handwerks in Schleswig-Holstein. Mitglieder sind 26 Fachverbände und Landesinnungen vom Baugewerbe bis zur Zahntechnikerinnung sowie zwölf Kreishandwerkerschaften als regionale Organisationen des Handwerks und Geschäftsführungen der Innungen.

Die Vereinigung repräsentiert damit rund 8000 Handwerksbetriebe in Schleswig-Holstein.

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