Der Deutsche Städtetag sieht im Koalitionsvertrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP „zahlreiche positive Impulse für zukunftsfähige Städte“. Der Präsident des Deutschen Städtetages, Oberbürgermeister Markus Lewe aus Münster, erklärte in einer ersten Bewertung: „Es ist ein gutes Signal, dass die neue Koalition für wichtige Zukunftsfragen der Städte Verantwortung übernimmt. Mehr Investitionen in bezahlbare Wohnungen und für den Klimaschutz sind geplant. Die Ampel bekennt sich zu einem starken öffentlichen Nahverkehr als Herzstück einer nachhaltigen Mobilität. Der Koalitionäre wollen dauerhaft die Digitalisierung von Schulen unterstützen und den Digitalpakt entbürokratisieren. Auch eine unbürokratische Kindergrundsicherung kommt endlich. Es ist klug, dass die Lösung des kommunalen Altschuldenproblems im Verbund mit den betroffenen Ländern gelöst werden soll.“ Im Koalitionsvertrag seien mehrere Forderungen des Deutschen Städteages aufgegriffen worden.

Lewe sagte weiter: „Wir nehmen die Koalitionäre beim Wort. Das Ziel leistungsfähiger Kommunen mit einem hohen Maß an Entscheidungsfreiheit vor Ort, einer verlässlichen öffentliche Daseinsvorsorge, eine starke Wirtschaft und eine engagierte Zivilgesellschaft ist auch unseres. Die Städte sind bereit für ein neues kooperatives Miteinander.“

Der Präsident des Deutschen Städtetages kommentiert konkrete Verabredungen des Koalitionsvertrages:

  • Klimaschutz hat eine städtische Dimension. Ohne die Städte geht es nicht. Es ist gut, dass das Klimaschutzgesetz weiterentwickelt werden soll. Ein Sofortprogramm ist angekündigt und ein deutlicher Ausbau erneuerbarer Energien vorgesehen. Es ist auch richtig, dass ein Klimaanpassungsgesetz geschaffen sowie die Kommunen bei der Klimaresilienz unterstützt werden sollen.
  • Gute Vorhaben für digitale Bildung: Den Digitalpakt Schule bis 2030 fortzuführen ist ein wichtiges Signal für unsere Schulen. Die Förderung muss über Investitionen hinaus auf Betrieb und Support ausgeweitet werden, darüber hinaus ist die Finanzierung dieser komplexen und dynamischen Aufgabe nachhaltig auf Dauer sicherzustellen. Die Beschleunigung und Entbürokratisierung des Mittelabrufs bei einem Digitalpakt 2.0 für Schulen wird ausdrücklich begrüßt.
  • Bezahlbares Wohnen soll gesichert werden.

Das ambitionierte Ziel, jährlich viermal so viele öffentlich geförderte Wohnungen zu bauen wie bisher, begrüßen wir. Eine konkrete Aussage zur Finanzierung fehlt dazu allerdings. Es ist richtig und hilft gegen steigende Mieten, die Kappungsgrenze auf 11 Prozent zu senken. Ebenso, das Wohngeld weiter zu stärken und das Mietrecht weiterzuentwickeln. Mehr gute, qualifizierte Mietspiegel tragen ihren Teil dazu bei. Dafür müssen Bund und Länder die Kosten tragen. Enttäuschend ist, dass nachhaltiges Bauen nicht deutlicher adressiert wird.

  • Investitions- und Angebotsinitiative für ÖPNV für nachhaltige Mobilität:

Die pandemiebedingten Einnahmeausfälle im öffentlichen Nahverkehr werden 2022 erneut ausgeglichen, Regionalisierungsmittel ab 2022 erhöht. Das ist positiv. Wir brauchen allerdings auch mehr Handlungsspielräume für autonome verkehrspolitische Entscheidungen vor Ort, z. B. bei Tempo 30. In einem Ausbau- und Modernisierungspakt sollen sich Bund, Länder und Kommunen über Finanzierung, Qualitätskriterien und Standards bis 2030 in urbanen und ländlichen Räumen verständigen. Es werden jedoch keine Beträge genannt. So bleibt ein hohes Maß an Unsicherheit für die Zukunft der Verkehrswende durch den ÖPNV.

  • Unbürokratische Kindergrundsicherung kommt endlich.

Mit einer Kindergrundsicherung, die sich aus einem einkommensunabhängigen Garantiebetrag und einem vom Elterneinkommen abhängigen, gestaffeltem Zusatzbetrag zusammensetzt, wird die Situation von Kindern in Deutschland verbessert. Durch die Zusammenfassung der bisherigen finanziellen Unterstützung durch Kindergeld, Leistungen der Grundsicherung (SGB II und XII), des Kinderzuschlags sowie eines Teils der Bildungs- und Teilhabeleistungen wird die Leistung vereinfacht.

  • Handlungsfähige Städte brauchen einen höheren Anteil am Steueraufkommen.

Es ist gut und notwendig, die Investitionsfähigkeit der Städte zu unterstützen. Allerdings brauchen die Städte nicht nur Förderprogramme, sondern mehr frei verfügbare Mittel durch einen größeren Anteil am Steueraufkommen. Die Städte fordern weniger Bürokratie und mehr Praxistauglichkeit bei Förderprogrammen. Das hat sich die Koalition vorgenommen. Gute Vorschläge liegen auf dem Tisch und können umgesetzt werden.

  • Es ist richtig, dass die neue Bundesregierung die Lösung der Altschuldenproblematik für 2022 auf ihre Agenda gesetzt hat. Es ist sehr zu begrüßen, dass die Koalition die strukturschwachen Städte von dieser Last befreien will. Und es ist richtig und politisch klug, nur von den betroffenen Ländern Finanzierungsbeiträge zu erwarten.
  • Unzureichend sind die Ankündigungen der neuen Koalition, bei Aufgabenübertragungen auf die Kommunen lediglich „stärker auf die Ausgewogenheit zu achten“. Der Grundsatz „Wer bestellt, bezahlt“ muss Maßgabe aller finanzpolitischen Entscheidungen sein.
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