Was ist normal? Was verbinden wir mit dem Begriff Normalität? Und welche Normen bestimmen unsere Wahrnehmung und unser Denken? Diesen elementaren wie weitreichenden Fragen gingen Studierende der Hochschule der bildenden Künste (HBK) Essen in einem Projektseminar nach, dessen Ergebnisse nun im Frauenmuseum Bonn zu sehen sind. Die Teilnehmer*innen aus verschiedenen Fachgebieten – Malerei/Grafik, Bildhauerei und Fotografie/Medienkunst – greifen Themen aus unterschiedlichsten Bereichen, vom menschlichen Körper über Medienbilder bis zur Kunst selbst, auf und erkunden auf mal provokante, mal subtile Weise die darin angelegten Konventionen.

„Normalität“ verheißt Beständigkeit und Verlässlichkeit, einen Zustand dauerhafter Ordnung, der uns nicht selten als selbstverständlich und unverrückbar erscheint. Was als Normalität gilt, wird jedoch durch Normen festgelegt, die vom jeweiligen Welt- und Selbstverständnis abhängig sind. Kaum ein anderer Bereich scheint geeigneter zu sein, Normen zu hinterfragen als die „freie“ Kunst. Auch die Idee von der Autonomie der Kunst ist jedoch an eine Weltanschauung gebunden, die das Ende der idealistischen, an ästhetische Normen geknüpften Kunst gekommen sah. Darüber hinaus steht das System Kunst nicht außerhalb der Gesellschaft, sondern ist mit ihren sozialen Normen eng verbunden. Normen öffentlichen Handelns, Geschlechternormen, „Sitten und Gebräuche“ – was als Normalität in welchem Bereich auch immer gilt und vor allem, was daran umstritten ist, wird auch die Kunst betreffen. Und nicht zuletzt aufgrund ihres Freiheitsprivilegs reflektiert und hinterfragt Kunst Normen auch kontinuierlich.

An vielfältigen Beispielen haben die Studierenden und Alumni der HBK Essen zusammen mit Anja Kempe, Professorin für Fotografie/Medienkunst, und Sabine Bartelsheim, Professorin für Kunstwissenschaft, das im Gewohnten verborgene Normale erforscht. Vertrautes und Fremdes prallen in den Werken aufeinander, Verschiebungen und Verkehrungen unterlaufen unsere Erwartungen. Gerade durch die Differenz zum Selbstverständlichen werden Normalitäten wahrnehmbar gemacht.

Teilnehmende Künstler*innen: Lucia Cheves Dauber, Gyoseok Geum, Simge Güler, Kerstin Johanna Kästner, Anja Kempe, Huijia Sun, Karola Teschler, Simon Tretter, Yue Wu

Statements der Künstler*innen
Lucia Cheves Dauber (Studierende Malerei/Grafik)

„Die Arbeit ist eine Collage, die aus verschiedensten Medien besteht: Fotografien, Aquarellpapier, Wasserfarben, Acryl und Öl auf Leinwand. Sie entstand aus der Auseinandersetzung mit guatemaltekischen und deutschen Frauenbildern in Zusammenhang mit Textilien und der kulturellen Kraft, die durch sie ausgeübt wird.“

Gyoseok Geum (Alumnus Fotografie/Medienkunst)
„Lassen sich die in der Farbpsychologie gewonnenen Erkenntnisse über die emotionale Wirkung von Farben auf alle Menschen anwenden oder gibt es Unterschiede zwischen Menschen und Regionen? Für „Farbe des Gefühls“ wurden verschiedene Personen mit unterschiedlich farbigem Licht angestrahlt und gebeten, ihre Gefühle auszudrücken. Rot, Blau und Grün wurden gewählt, weil sie die drei Grundfarben des Lichts sind.

Simge Güler (Studierende Fotografie/Medienkunst)
„Schönheitsideale bestimmen unsere heutige Generation. Glatte Haut, schlanker Körper, rosiger Teint. Doch Narben, Haare, Dehnungsstreifen und co. werden ungern gesehen. Dabei sollten wir nicht vergessen, dass auch alles andere darüber hinaus als schön und normal angesehen werden sollte.“

Kerstin Johanna Kästner (Alumna Bildhauerei)
„Meine Körperdruckzeichnungen können als Selbstportrait, als Reflexion alltäglicher Rituale verstanden werden. Bei den vorliegenden Arbeiten habe ich mich mit dem normalen Vorgang des Kleidens und Ausziehens von Kleidungsstücken beschäftigt und dieses Alltagsroutine in Form von Körperdruckzeichnungen festgehalten. Diese Arbeiten entstanden innerhalb eines festgelegten Zeitrahmes von einer Woche, immer zur gleichen Tageszeit mit den immer gleichen Handlungsabläufen.

Das Objekt „Balance“ ist ein geknüpftes, kokon- oder reusenartiges Objekt, an dessen Grundform sich Erweiterungen in unterschiedlichen Größen und Formen anfügen. Im Rahmen der Vorbereitung der Ausstellung „Normalitäten“ beschreibt es den normalen Alltag, in dem jeder Einzelne gefangen zu sein scheint.“

Anja Kempe (Professorin Fotografie/Medienkunst)
„In der Videoperformance „strip/wrap“ sind zwei Personen durch einen dicken Wollfaden miteinander verbunden. Indem je eine der beiden Personen den Faden um sich herum zu einem Gewand knüpft und zugleich die Hülle der anderen Person reduziert, entstehen verschiedene Bilder des Austauschs zwischen beiden und eigentümliche Mode.“

Huijia Sun (Studierende Fotografie/Medienkunst)
„Ich glaube, es gibt keinen normalen Menschen auf der Welt. Ich glaube, es gibt es nur Unterschiede zwischen den Menschen, also sind alle normale Menschen. Ich bin nur an einem „normalen“ Platz und trage meinen täglichen Schlafanzug.“

Karola Teschler (Alumna Fotografie/Medienkunst)
„Es brauchte Millionen von Jahren bis die Evolution eine biologische Substanz hervorbrachte, auf deren Grundlage der Mensch einen neuen, widerstandsfähigen, der Norm unserer Bedürfnisse angepassten künstlichen Stoff entwickelte. Kaum ein anderes Material ist so vielseitig verwendbar und wird als eine der größten Erfindungen der Menschheit gehandelt, wie Kunststoff. In meiner interdisziplinären Arbeit, die Fotomontagen, Skulpturen, Video und eine Erzählung umfasst, stelle ich die verehrenden Auswirkungen der übermäßigen Produktion und unsachgemäßen Entsorgung, der für uns zur Normalität gehörenden Kunststoffe dar.“

Simon Tretter (Studierender M.F.A. Kunst und Kooperation, B.F.A. Fotografie/Medienkunst)
„Meine Arbeit „saved, modified, collectable books“ von 2021 besteht aus 500 einzelnen Büchern, auf einer Europalette präsentiert. Diese Bücher wurden vor ihrer Vernichtung bewahrt, in Handarbeit in eine serielle, uniaktive Form gebracht und der Inhalt individuell modifiziert. Als Besucher der Ausstellung ist es Ihnen erlaubt, ein Exemplar für ihre eigenen Zwecke mitzunehmen, so dass sich diese Arbeit über die Zeitspanne der Ausstellung auflöst.“

Yue Wu (Alumna Bildhauerei)
„Bei der Videoinstallation „As said, Nothing to be Done“ ist ein Lautsprecher an der Decke aufgehängt und spielt als Loop eine Sprachsequenz aus dem Theaterstück „Warten auf Godot“ ab. Direkt darunter sind neun Monitore auf dem Boden platziert, auf denen ein Animationsfilm mit einem Möbiusband in unterschiedlichen Geschwindigkeiten abgespielt wird.

Die Arbeit „Siegeszug!“ ist eine Videoinstallation mit einer Videocollage aus altem Filmmaterial. Das ausgewählte Bildmaterial stammt aus einer Modenschau von Dior, einem Computerexperiment aus den 60er Jahren und alten Animationsfilmen; das Audiomaterial stammt aus der Filmmusik von Star Wars. Durch die Bearbeitung des alten Filmmaterials soll das Missverständnis zwischen asiatischer und westlicher Kultur in einem kindlichen, scherzhaften Sinne dargestellt werden und Klischees über weibliche und männliche soziale Rollen hinterfragt werden.“

Frauenmuseum Bonn
Im Krausfeld 10
53111 Bonn
Öffnungszeiten
Di – Sa 4 – 18 Uhr
So 11 – 18 Uhr
Mo geschlossen

Eröffnung
Die Eröffnung findet am
Sonntag, dem 12.12.2021, um 12.00 Uhr
statt. Es sprechen:
Grußwort: Marianne Pitzen
Direktorin Frauenmuseum Bonn
Einführung: Prof. Dr. Sabine Bartelsheim
Professorin für Kunstwissenschaft und
Präsidentin der HBK Essen

Firmenkontakt und Herausgeber der Meldung:

Frauenmuseum
Im Krausfeld 10
53111 Bonn
Telefon: +49 (228) 6913-44
Telefax: +49 (228) 6961-64
http://www.frauenmuseum.de

Ansprechpartner:
Ellen Junger
Öffentlichkeitsarbeit
E-Mail: ellen.junger@frauenmuseum.de
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