Das chinesische Regime strebt nach weltweiter medialer Dominanz, um Informationen auch jenseits der eigenen Landesgrenzen zu kontrollieren. Im Rahmen einer langfristigen Strategie baut Peking dafür unter anderem eigene Auslandsmedien aus, investiert in Medien in anderen Ländern oder lädt internationale Journalistinnen und Journalisten zu Trainings in China ein. Auch in Deutschland gibt es inzwischen Beispiele dafür, wie die chinesische Führung versucht, die Medienberichterstattung im eigenen Sinne zu beeinflussen – etwa durch die Zusammenarbeit deutscher und chinesischer Medien und Institutionen, gemeinsame Sendungen oder China-freundliche Beilagen in Zeitungen. Vor diesem Hintergrund veröffentlicht Reporter ohne Grenzen (RSF) ein Handbuch mit Empfehlungen zu Kooperationen mit chinesischen (Staats-)Medien für deutsche Journalistinnen, Journalisten und Medienhäuser.

„Internationale Medien dürfen sich nicht für die Propaganda eines Regimes einspannen lassen, das Journalistinnen und Journalisten ideologisch kontrolliert, überwacht, zensiert und jahrelang einsperrt“, sagte RSF-Geschäftsführer Christian Mihr. „Unser Handbuch soll hierzulande das Bewusstsein für Pekings internationale Medienstrategie schärfen und Redaktionen eine Orientierung bieten, wenn sich Möglichkeiten für Kooperationen ergeben.“

Das Handbuch gibt zunächst einen kurzen Überblick über die katastrophale Lage der Pressefreiheit in China. Im zweiten Kapitel werden verschiedene Kooperationsformen typologisiert sowie Empfehlungen an Journalistinnen, Journalisten und Medienhäuser ausgesprochen, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen Kooperationen möglich sein könnten. Das Kapitel umfasst auch die Nutzung chinesischer sozialer Medien wie etwa WeChat und TikTok. Vor den Olympischen Winterspielen hat RSF bereits im November nach China reisenden Journalistinnen und Journalisten empfohlen, nach Möglichkeit keine Anwendungen herunterzuladen, die es den Behörden ermöglichen könnten, sie zu überwachen.

Eine Gefahr bei allen Kooperationstypen und auch allgemein in der Berichterstattung ist die unkritische Übernahme bestimmter Narrative. Daher soll das dritte Kapitel für Argumente und Deutungsrahmen, die für chinesische Propaganda kennzeichnend sind, sensibilisieren und alternative Darstellungen und Argumentationen anbieten. Denn ausländische Medien spielen eine wichtige Rolle dabei, Propagandainhalte zu verbreiten. Chinas Vorhaben könnte dazu führen, dass sich teils auch subtile Narrative und ein bestimmtes, dem chinesischen Regime wohlwollendes Vokabular verbreiten und durchsetzen kann. Propagandainhalten, die von teils renommierten ausländischen Medien verbreitet werden, wird eine gewisse Glaubwürdigkeit zugesprochen. Dabei steht nicht im Mittelpunkt, Inhalte zu bewerten, sondern deutlich zu machen, dass bestimmte Narrative ein System unterstützen, das gegen die Pressefreiheit, wie wir sie kennen – und wie Reporter ohne Grenzen sie verteidigt – strukturell und kontinuierlich vorgeht.

Internationale Medienstrategie

RSF hat Pekings internationale Medienstrategie bereits 2019 in einem ausführlichen Länderbericht untersucht und die verschiedenen Instrumente vorgestellt, mit denen das Regime arbeitet. Insbesondere der systematische Ausbau von Auslandsmedien spielt eine große Rolle. Der Sender CGTN etwa, der in der Vergangenheit erzwungene Geständnisse übertragen hat, ist mittlerweile in mindestens 160 Ländern zu empfangen und betreibt Produktionszentren auf drei Kontinenten. Gleichzeitig schränkt Peking die Arbeit von Auslandskorrespondentinnen und -korrespondenten und internationalen Medien in China durch Schikanen etwa bei der Visavergabe, Überwachung und Zensur immer weiter ein.

Demokratien müssen auf dieses Ungleichgewicht reagieren und dringend Mechanismen schaffen, um sich gegen die Propaganda autoritärer Regime zu wehren. RSF empfiehlt daher, dass demokratische Länder ausländischen Medien im Sinne der Reziprozität (Wechselseitigkeit) die gleichen positiven Verpflichtungen auferlegen wie ihren eigenen Medien. Um zum Beispiel die Frequenzen inländischer Sender nutzen zu dürfen, müssten sich ausländische Rundfunkmedien verpflichten, bestimmte grundlegende Standards zu respektieren, deren Verletzung sanktioniert werden kann. Zu den Standards gehören Aufrichtigkeit, Pluralismus und Achtung der Menschenwürde.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht China auf Platz 177 von 180 Staaten. Mindestens 117 Medienschaffende sind dort wegen ihrer Arbeit inhaftiert, mehr als in jedem anderen Land. Mehr zur Situation für Journalistinnen und Journalisten in China finden Sie unter www.reporter-ohne-grenzen.de/china oder in dem im Dezember 2021 von RSF veröffentlichten Länderbericht „Journalismus in China: Der große Sprung zurück“.

 

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