Was uns vergiftet

"In gewisser Weise bedeutet Vergebung bisweilen einfach, dass wir beschließen, den Hass in unserem Inneren nicht länger mitzuschleppen, weil wir begriffen haben, dass er uns vergiftet.“

Was der US-amerikanische Schriftsteller Jack Kerouac einst formuliert hat, klingt im ersten Moment einleuchtend: nämlich anderen zu vergeben – sich selbst zuliebe.

So einleuchtend wie schwierig

Doch das ist in vielen Fällen einfacher gesagt als getan. Denn oft gehen erhebliche Verletzungen und Kränkungen voraus. Und gerade auch für Trauernde ist das Vergeben häufig eine besonders große Herausforderung.

Sich diesen Gefühlen zu stellen und zu vergeben ist ein schwieriger Prozess, der Aufmerksamkeit, Geduld, Zeit und eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit dem Thema erfordert.

„Auch alte Wunden können heilen!"

Doch gerade diese intensive Beschäftigung kann etwas Positives bewirken. Es birgt Heilung in sich, wenn mehr innerer Frieden einkehren kann. Durch Vergebung gelingt es manchmal, Vergangenes hinter sich zu lassen, es loszulassen und wieder mit mehr Zuversicht und Energie nach vorne zu schauen.

Die Trauma-Therapeutin Dami Charf beschreibt es so: „Vergebung braucht Zeit und wirkt nur, wenn sie freiwillig geschieht. Dein eigener Schmerz braucht seinen Platz, genauso wie das Verständnis für dich selbst.“ Und gleichzeitig macht sie Mut: „Auch alte Wunden können heilen!“

Nicht an alten Konflikten festhalten

Verzeihen bedeutet auch, wieder mehr innere Freiheit zu erlangen. Weil lang gehegte Vorwürfe in den Hintergrund treten, negative Gefühle wie Enttäuschung, Wut, Schmerz, Unzufriedenheit oder Verbitterung nicht mehr oder weniger belasten.

An alten Konflikten festzuhalten, sie sich immer wieder vor Augen zu führen und nicht zu vergeben – damit schaden wir uns selbst. Das kann nicht nur seelische, sondern auch körperliche Folgen haben. Diese können von Muskelverspannungen über Magen-Darm-Verstimmungen bis hin zu Erschöpfungszuständen und Schlafstörungen reichen.

Vergebung fängt bei sich selbst an

Viele Therapeuten weisen darauf hin, wie wichtig es dabei ist, sich zunächst selbst zu vergeben. Denn erst dann seien wir bereit, anderen zu verzeihen …

Nun bedeutet vergeben nicht, dass man das Verhalten des Menschen, um den es geht, im Nachhinein gutheißt oder sein Verhalten korrekt war. Es geht auch nicht darum, den Vorfall zu vergessen. Es geht um die eigenen Gefühle und das eigene Wohlbefinden.

Eine bewusste Entscheidung

In bestimmten Fällen ist es hilfreich, den Blickwinkel des anderen einzunehmen und zu überlegen, was man unter Umständen selbst zu der Situation beigetragen hat. Und sich vor Augen zu führen, dass niemand perfekt ist.

Wir müssen es die betreffende Person noch nicht einmal wissen lassen, dass wir ihr oder ihm vergeben haben. Und wir können auch Menschen verzeihen, die bereits gestorben sind.

Loslassen ist Stärke

Loslassen, auch wenn etwas sehr weh getan hat, ist kein Zeichen von Schwäche. Es ist ein großes Signal von Stärke!

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