Inge Klatt, Jahrgang 1932, ist eine der letzten Zeitzeuginnen und Zeitzeugen, die noch authentisch über die Zeit des Zweiten Weltkriegs und die schweren Jahre des Wiederaufbaus berichten können. In „Schrecklich schöne Kindheit – Zwischen Bomben und Tod“ schildert die Autorin anschaulich und fesselnd ihre Erlebnisse aus den Jahren 1932 bis 1947.

Ihre Lebenserinnerungen hat sie hauptsächlich auf Anraten der jüngeren Generation niedergeschrieben, die der Ansicht ist, dass gerade von den Zeitzeugen zu wenig über diese Zeitspanne informiert wurde.

„Natürlich wird viel über Kriege berichtet“, so Inge Klatt, „was dabei aber meist auf der Strecke bleibt, sind die Einzelschicksale.“ Junge Menschen zeigen sich interessiert daran, wie ihre Eltern oder Großeltern diese Zeit überstanden haben. Wer sonst sollte diese Erfahrungen an die Nachkommen weitergeben?

Eine Nichte sagte zu Inge Klatt: „Du bist die Letzte aus unserer Sippe, die davon berichten kann. Wir wissen so wenig von unserem Vater.“ Er war ihr acht Jahre älterer Bruder, der am Russland-Feldzug teilnehmen musste. Nie hat er mit seinen Kindern über die traumatischen Erlebnisse gesprochen. Ein Grund mehr für Inge Klatt, einiges, was sie von ihm erfahren hat, selbst aufzuschreiben. Zunächst zögernd begann sie mit ihren Aufzeichnungen, bis es sie nicht wieder losließ und sie tief in die Vergangenheit eintauchte. Alles Schöne, aber auch das Schreckliche kam wieder an die Oberfläche.

Von ihrer Geburt bis 1938 erlebte Inge Klatt eine schöne Kindheit, die so verlief, wie es für jedes Kind wünschenswert wäre. Als jedoch 1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach, war es plötzlich damit vorbei. Eine schlimme Zeit begann und ihre Kindheit veränderte sich grundlegend. Angst und Schrecken wurden zum Alltag und selbst ihre Eltern konnten ihr nicht mehr die Sicherheit geben, auf die sich ein Kind eigentlich verlassen können sollte.

Die Erziehung übernahm nun der Staat. Hinzu kamen erhebliche private Probleme, zeitweise hatte sie das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Daraus erklärt sich auch der Titel ihres Buches: Das Schreckliche, das die Oberhand über das Schöne gewann.

Zum Glück überstand Inge Klatts Familie, wenn auch mit inneren Narben, dieses Inferno. Als der Krieg endlich vorüber war, begann ein anderes Stadium des Überlebens. Jetzt galt es, nicht zu verhungern und zu erfrieren. 1946 war einer der kältesten Winter und es gab kaum Brennmaterial. Alles, was heizbar war, wurde verfeuert. Viele Menschen erfroren trotzdem in ihren Behausungen.

Der Krieg muss sie härter gemacht haben, denn zum Entsetzen ihrer Eltern schnappte sie sich einen großen Rucksack und ging auf die Bahngleise zum Kohlenklauen. Auch diese Schwierigkeiten wurden gemeistert. Ihre Lebenserinnerungen legen davon ein beredtes Zeugnis ab.

Inzwischen ist die Autorin 90 Jahre alt, trotzdem erzeugt das Wort „Krieg“ bei ihr immer noch eine Gänsehaut. Wenn sie heute die Bilder vom Krieg Russlands gegen die Ukraine im Fernsehen verfolgt, werden bei ihr sofort furchtbare Erinnerungen an die Zeit ihrer Kindheit wach. Und sie empfindet eine unbändige Wut auf die Machthaber, die Zerstörung und Menschenopfer in Kauf nehmen, nur um ihre politischen und wirtschaftlichen Interessen zu verfolgen.

„Durch Kriege wurden noch nie Probleme aus der Welt geschafft“, sagt die alte Dame empört, „sondern sie vermehren diese erst recht. Wofür haben wir den Verstand und die Sprache, wenn wir sie nicht einsetzen? Mit etwas Kompromissbereitschaft und Verhandlungsgeschick ließen sich“, davon ist sie überzeugt, „viele Probleme lösen. Stattdessen werden immer neue mörderische Waffen entwickelt, die nur das eine Ziel haben: zu töten.“ Dies empört Inge Klatt zutiefst. „Unsere Erde hat uns so viel Schönes zu bieten, warum muss sie mutwillig zerstört werden?“

Auf diese Frage wird sie wohl nie eine Antwort erhalten.

Dass Inge Klatt eine bemerkenswerte Dame ist, wird jeder erkennen, der dieses Buch liest oder bald auch hört. So überrascht es nicht, dass sie im Jahr 2022 nicht nur E-Mails schreibt, sondern auch einen Facebook-Account hat, den sie aktiv nutzt. Hier kam der Kontakt zu Anke Haas, einer professionellen Sprecherin für Hörbücher aus Südhessen, zustande. Die beiden waren sich auf Anhieb sympathisch; es wurde nicht lange gefackelt und die Idee einer gemeinsamen Hörbuchproduktion von „Schrecklich schöne Kindheit“ war beschlossene Sache. Mit viel Empathie, Leidenschaft und Einfühlungsvermögen entstand so in den letzten Wochen ein Hörvergnügen, das Jung und Alt mit den ersten Worten in seinen Bann ziehen wird und vom dem Inge Klatt selbst sagt, dass sie „restlos begeistert“ ist.

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Wahrheiten, die man ganz besonders ungern hört, hat man ganz besonders nötig, wusste schon der große Moralist Jean de la Bruyère im 17. Jahrhundert.

Sein Satz gilt auch heute noch. Einem Prozent der Weltbevölkerung gehört der Rest der Welt. Ein unglaublicher Missstand. Der soziale Graben wird immer tiefer. Und das gilt nicht zuletzt auch für uns, das vermeintliche Schlaraffenschland. Immer mehr kommen in unserer Leistungsgesellschaft unter die Räder, Menschen, die sich kein Sabbatical und keine Burn-out-Kur leisten können, Menschen, die durchdrehen, Menschen, die zu Opfern werden, Menschen, die zu Tätern werden und Opfer zu Gefangenen ihres Persönlichkeitskollaps machen.

Wir trauen uns. Den Missbrauch aus den Dunkelziffern zu zerren. Und den Menschen hinter den Ziffern zu zeigen.

Denn die einen sind im Dunkeln und die andern sind im Licht, und man siehet die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht. (Bertolt Brecht.)

Wir trauen uns. Gegen den Strom zu schwimmen.

Der underDogVerlag will Flagge zeigen und denen, die im Dunkeln der Gesellschaft stehen, mit ihren Missbrauchsbiografien ein Gesicht geben und sie vom Rand in den Mittelpunkt stellen.

JE SUIS HOMME.

Das ist die Losung für jede einzelne Biografie. Gegen Unterdrückung. Gegen Ausgrenzung. Gegen das Vergessen.

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