Die Entwicklung des deutschen Osthandels in den ersten drei Quartalen 2022 kommentiert Michael Harms, Geschäftsführer des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft:

  • Die Entflechtung der deutschen und russischen Wirtschaft beschleunigt sich. Im September gingen die deutschen Einfuhren aus Russland gegenüber dem Vorjahr um 37 Prozent zurück. Wichtige Gründe dafür sind die Einstellung von Gaslieferungen durch Russland über die Pipeline Nord Stream 1 und die wachsende Unabhängigkeit von russischen Rohölimporten. Die deutschen Exporte nach Russland sind bereits seit Februar im Sinkflug. Diese gingen in den ersten neun Monaten 2022 um 41 Prozent zurück, im Monat September lag das Minus sogar bei 53 Prozent. Mengenmäßig sanken die Importe aus Russland gegenüber September 2021 um zwei Drittel. Dadurch rutschte Russland unter den deutschen Handelspartnern im Osten erstmals hinter die Slowakei und Rumänien auf Platz 6.
  • Vom Bedeutungsverlust Russlands profitieren Länder in unmittelbarer Nähe zum russischen Markt, die sich erfolgreich als alternative Wirtschaftsstandorte und Rohstofflieferanten positionieren. So hat der deutsche Außenhandel mit Kasachstan, Usbekistan, Armenien und Aserbaidschan seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine massiv zugelegt. Diesen Ländern kommt wirtschaftlich zudem die wachsende Zahl gut ausgebildeter Flüchtlinge aus Russland und die Verlagerung ganzer Unternehmen zugute.
  • Der deutsche Handel mit der Ukraine zeigt sich angesichts der Kriegsauswirkungen erstaunlich stabil. In den ersten neun Monaten 2022 betrug das Minus im Warenaustausch weniger als zehn Prozent, bei den Importen aus der Ukraine sogar unter drei Prozent. Es gibt eine große Bereitschaft unter den deutschen Unternehmen, den Wiederaufbau des Landes zu unterstützen. Der Ost-Ausschuss koordiniert dieses Engagement über seinen neuen Service Desk Ukraine und setzt sich für eine frühzeitige, intensive Einbindung der Privatwirtschaft in Wiederaufbaukonzepte ein.
  • Das Rückgrat des deutschen Osthandels bleiben die Länder Polen, Tschechien, Ungarn und die Slowakei. Hier wurden im Monat September Handelszuwächse zwischen 18 Prozent (Polen) und 48 Prozent (Slowakei) verbucht. Der Anteil der vier Visegrád-Staaten am gesamten deutschen Außenhandel summiert sich auf 12,5 Prozent und liegt damit deutlich über den Anteilen der USA oder Chinas. Auch Südosteuropa und der Westliche Balkan bleiben wichtige Wachstumsmärkte für deutsche Unternehmen. Im Außenhandel mit Bulgarien, Serbien und Kroatien gab es in den ersten neun Monaten 2022 Zuwächse um über ein Fünftel.
  • Insgesamt stieg der bilaterale Handel mit den 29 Staaten Mittel- und Osteuropa (MOE) in den ersten drei Quartalen 2022 gegenüber dem Vorjahr wertmäßig um 14,3 Prozent auf fast 421 Milliarden Euro. Das ist ein neuer Höchstwert, zu dem allerdings auch die deutlich gestiegenen Ex- und Importpreise beitrugen. Die höheren Preise für Energie, Rohstoffe und Vorprodukte machen sich vor allem bei den Importen aus der Region bemerkbar, deren Wert um gut 35 Milliarden auf 216 Milliarden Euro (+19,6 Prozent) zulegten. Der Wert der deutschen Lieferungen nach MOE kletterten im Zeitraum Januar bis September 2022 um 17 Milliarden auf 205 Milliarden Euro (+9,2 Prozent).

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Über den Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V.

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft e.V. (gegründet 1952) fördert die deutsche Wirtschaft in den 29 Ländern Mittel-, Ost- und Südosteuropas, des Südkaukasus und Zentralasiens. Der deutsche Osthandel steht insgesamt für rund ein Fünftel des gesamten deutschen Außenhandels und ist damit bedeutender als der Handel mit den USA und China zusammen. Der Ost-Ausschuss hat rund 350 Mitgliedsunternehmen und -verbände und wird von sechs Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft – BDI, BGA, Bankenverband, DIHK, GDV und ZDH – getragen. Im Ost-Ausschuss gibt es 13 aktive Arbeitskreise zu Ländern und Fachthemen mit eigenen Sprechern, dazu gehört der Arbeitskreis Fachkräftesicherung.

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