Der Thinktank Agora Verkehrswende sieht nach dem ersten Regierungsjahr der Ampelkoalition großen Aufholbedarf beim Klimaschutz im Verkehrssektor. Das im Klimaschutzgesetz vorgegebene Ziel, die Treibhausgasemissionen des Verkehrs bis 2030 im Vergleich zu 1990 etwa um die Hälfte zu reduzieren, sei mittlerweile weiter entfernt als zu Beginn der Legislaturperiode. Versprechen aus dem Koalitionsvertrag wie der schnelle Ausbau der Elektromobilität, die stärkere Förderung der Schiene und des öffentlichen Verkehrs sowie die umfassende Reform des Straßenverkehrsrechts seien bisher nicht ausreichend mit Maßnahmen unterlegt worden. Das strukturelle Ungleichgewicht durch überholte Subventionen und Privilegien für den Autoverkehr lasse die Bundesregierung weitgehend unangetastet.

„Für den Klimaschutz im Verkehr waren die ersten zwölf Monate Ampelregierung ein verlorenes Jahr, ein Jahr des rasenden Stillstands“, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. „Stau und Stillstand in der Klimapolitik für den Verkehr bedeutet, dass der Ausstoß von Treibhausgasen und die Erhitzung der Erdatmosphäre ungebremst voranschreiten. Dabei vereinen die Koalitionsparteien die Grundwerte, die es für die Transformation braucht: Klimaschutz, soziale Gerechtigkeit, Wirtschaftlichkeit und Freiheit. Doch besser spät als nie sollte die Bundesregierung dem Titel des Koalitionsvertrags – Mehr Fortschritt wagen – im Verkehrssektor gerecht werden und vom rasenden Stillstand auf den versprochenen Fortschritt umstellen.“

Gesamtkonzept zur Sicherung der Mobilität von morgen: Fehlanzeige

In ihrer Analyse hat Agora Verkehrswende die für den Klimaschutz im Verkehr relevanten Handlungsfelder der Bundespolitik ausgewertet. Als Maßstab dient ein Gesamtpaket an Instrumenten und Maßnahmen, das der Thinktank vor der Bundestagswahl für die neue Legislaturperiode vorgelegt hatte. Darauf aufbauend formuliert Agora Verkehrswende in der Zwischenbilanz Handlungsempfehlungen für einen Kurs auf Klimaneutralität, Wirtschaftlichkeit und soziale Gerechtigkeit.

Erforderlich seien zum Beispiel grundlegende Reformen von nationalen Abgaben und Umlagen wie Kfz-Steuer, Dienstwagenbesteuerung, Energiesteuer auf Dieselkraftstoffe sowie ein Mobilitätsgeld statt der Entfernungspauschale. Hinzu komme ein CO2-Preis in Kombination mit einer Klimaprämie und mittelfristig eine verursachergerechte Straßennutzungsgebühr (Pkw-Maut) zur nachhaltigen Finanzierung von Verkehrsinfrastruktur und Mobilitätsangeboten. An all diesen Stellen gehe es darum, systematisch schädliche Privilegien und Subventionen abzubauen und für mehr Klimaschutz und soziale Ausgewogenheit zu sorgen. Zu einem Gesamtkonzept gehörten schließlich auch ausreichend und verlässlich ausgestattete Förderprogramme für klimaschonende Verkehrsmittel und ein Rechtsrahmen, der es den Kommunen ermöglicht, die Verkehrswende vor Ort zu gestalten.

Komplexe Krisenlage macht Verkehrswende erst recht notwendig

Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und die gestiegenen Preise für Energie, Lebensmittel und andere Güter müssten die Bundesregierung erst recht anspornen, den Klimaschutz im Verkehr voranzubringen, betont Wiebke Zimmer, stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende: „Verkehrswende heißt nicht nur weniger Treibhausgasemissionen, sondern auch weniger Abhängigkeit von Ölimporten aus Krisenregionen und damit besserer Schutz vor Preissteigerungen – für die Wirtschaft genauso wie für Bürgerinnen und Bürger. Die Verkehrswende wird den Menschen nahekommen und alltägliche Routinen verändern; aber die große Mehrheit der Bevölkerung ist für den Klimaschutz. Wenn die Bundesregierung ihre Führungsrolle wahrnimmt und mit einem schlüssigen Gesamtkonzept vorangeht, wird sie breite Mehrheiten für die notwendigen Schritte gewinnen können. Eine Politik, die abwartet, vereinzelt auf Fördermittel setzt und ansonsten auf unvollkommene Marktkräfte hofft, wird scheitern. Noch einmal aufgeschoben ist dann eben doch auch aufgehoben.“

Spätestens mit dem geplanten Klimaschutz-Sofortprogramm wird die Bundesregierung nach Einschätzung von Agora Verkehrswende beweisen müssen, ob sie bereit ist, die sozial- und klimapolitische Schieflage im Verkehr zu beheben und damit die Mobilität von morgen zu sichern. Entgegen den Anforderungen des Klimaschutzgesetzes habe die Bundesregierung bisher keinen Plan vorgelegt, wie die Klimaschutzlücke im Verkehrssektor geschlossen werden soll. Es kursiere nur ein Entwurf eines Eckpunktepapiers, das aber selbst nach Einschätzung der Bundesregierung bei Weitem nicht ausreichen würde. Weiterführende Maßnahmen werden darin erst für Frühjahr 2023 angekündigt.

Zwischenbilanz „Vom rasenden Stillstand zum versprochenen Fortschritt?“

Die Zwischenbilanz „Vom rasenden Stillstand zum versprochenen Fortschritt?“ steht unter https://www.agora-verkehrswende.de/veroeffentlichungen/vom-rasenden-stillstand-zum-versprochenen-fortschritt/ kostenlos zum Download zur Verfügung. Die Zwischenbilanz baut auf den Empfehlungen auf, die Agora Verkehrswende im September 2021 unter dem Titel „Vier Jahre für die Fairkehrswende“ für die 20. Legislaturperiode veröffentlicht hat. Die Empfehlungen orientieren sich am Klimaneutralitäts-Szenario von Agora Verkehrswende, Agora Energiewende und Stiftung Klimaneutralität aus der Studie „Klimaneutrales Deutschland 2045“.

Über Agora Verkehrswende

Agora Verkehrswende ist ein Thinktank für klimaneutrale Mobilität mit Sitz in Berlin. Im Dialog mit Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Zivilgesellschaft setzt sich die überparteiliche und gemeinnützige Organisation dafür ein, die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor auf null zu senken. Dafür entwickelt das Team wissenschaftlich fundierte Analysen, Strategien und Lösungsvorschläge. Initiiert wurde Agora Verkehrswende Anfang 2016 von der Stiftung Mercator und der European Climate Foundation. Gesellschafter sind die beiden Stiftungen. www.agora-verkehrswende.de

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