Die neue ESMO-Leitlinie für die klinische Praxis deckt die Diagnose, Risikoeinschätzung, Behandlung und Nachsorge von CUP-Erkrankungen ab und soll dazu beitragen, dass Patienten in ganz Europa nach den besten Standards behandelt werden, die auf den Erkenntnissen der evidenzbasierten Medizin beruhen. Federführend bei der Erstellung der Leitlinie waren forschende Ärzte vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) und vom Universitätsklinikum Heidelberg (UKHD).

Bei etwa drei bis fünf Prozent aller Krebserkrankungen finden die Ärzte Metastasen, können aber trotz aufwändiger Diagnostik nicht den Primärtumor identifizieren, von dem sie abstammen. Onkologen bezeichnen die Erkrankung als Metastasen bei unbekanntem Primärtumor, englisch „Cancer of Unknown Primary“, kurz CUP.

CUP ist schwierig zu behandeln und daher ist die Sterblichkeit bei dieser Erkrankung vergleichsweise hoch. „Um Verbesserungen für die betroffenen Patienten zu erreichen, ist es vor allem wichtig, dass Leitlinien für die Versorgung zur Verfügung stehen, die dem neuesten Stand der Forschung widerspiegeln“, sagt Alwin Krämer, der eine klinische Kooperationseinheit im Deutschen Krebsforschungszentrum leitet und als Sektionsleiter an der Klinik für Hämatologie, Onkologie und Rheumatologie des Universitätsklinikums Heidelberg arbeitet. Im Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg leitet er auch eine CUP-Spezialsprechstunde.

Im Auftrag der Europäischen Gesellschaft für medizinische Onkologie (ESMO) hat eine Expertengruppe unter der Federführung von Krämer nun neue Leitlinien für die Versorgung von CUP-Patienten erarbeitet. Die letzte Version der CUP-Praxisleitlinien datiert von 2015 – mit der Neuauflage steht nun ein lang erwartetes Update zur Verfügung. Ein großer Vorteil der neuen Leitlinie ist eine verbesserte Definition der Erkrankung in Abgrenzung zu anderen Tumorarten, was einerseits die korrekte Behandlung von Patienten mit CUP-Syndrom verbessert und andererseits erstmals den Einschluss von CUP-Patienten in klinische Studien erleichtert und vereinheitlicht. Darüber hinaus haben in die überarbeitete und erweiterte Leitlinie auch erstmals Erkenntnisse genetischer Untersuchungen sowie deren Auswirkungen auf Diagnose und Therapie des CUP-Syndroms Eingang gefunden.

Zu den Autoren zählen Fachleute verschiedener medizinischer Disziplinen aus Europa, Australien und den USA. Die Empfehlungen basieren auf den neuesten verfügbaren wissenschaftlichen Daten und auf der kollektiven Expertise der beteiligten Experten. Ein Großteil der Ergebnisse, die in die Empfehlungen Eingang gefunden haben, stammt aus der von Krämer geleiteten CUPISCO-Studie, die an 159 Studienzentren in 34 Ländern über 600 CUP-Patienten eingeschlossen hat. Die Auswertung der Studie wird im Herbst 2023 abgeschlossen sein und weitere Erkenntnisse für die mutations-spezifisch zielgerichtete und Immuntherapie des CUP-Syndroms mit sich bringen.

Die Leitlinien decken die Diagnose, die Risikoeinschätzung, Behandlung und Nachsorge von CUP-Erkrankungen ab. Sie umfassen auch diagnostische Algorithmen, um zwischen CUP und verschiedenen anderen Krebsarten zu unterscheiden. Jede Empfehlung ist mit dem Evidenzgrad ausgewiesen, der die formale und wissenschaftliche Qualität der zugrundeliegenden Studien beschreibt.

Die Leitlinie soll Praktiker europaweit dabei unterstützen, eine korrekte Diagnose zu stellen sowie die bestmögliche Therapie für Patienten mit CUP-Syndrom auszuwählen. Daneben ist es ein weiteres ausdrückliches Ziel der Autoren, mit den Leitlinien eine Grundlage für eine international standardisierte Diagnostik und Definition der Erkrankung zu schaffen und dadurch Patienten besser und standardisierter in klinische Studien einzubeziehen.

A. Krämer, T. Bochtler, C. Pauli, G. Baciarello, S. Delorme, K. Hemminki, L. Mileshkin, H. Moch, K. Oien, T. Olivier, A. Patrikidou, H. Wasan, G.Zarkavelis, G. Pentheroudakis & K. Fizazi, on behalf of the ESMO Guidelines Committee:

Cancer of unknown primary: ESMO Clinical Practice Guideline for diagnosis,

treatment and follow-up

Annals of Oncology 2022

Über Deutsches Krebsforschungszentrum

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können.
Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs.
Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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