Die fünfzehnte UN-Biodiversitätskonferenz ist endlich zu Ende. Nach einer langen Pause von etwa zwei Jahren endete die COP15, die ‚weniger bekannte‘ umweltorientierte Konferenz der Mitgliedstaaten, am Montag, dem 19. Dezember 2022, in Montreal, Kanada, mit der Unterzeichnung des Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework (GBF). Es enthält vier Zielsetzungen und 23 Einzelziele, die bis 2030 erreicht werden sollen. Es wurde als Meilenstein für den Versuch der Menschheit gefeiert, den Verlust der Natur rückgängig zu machen, um unsere eigene Gesundheit und unser Wohlergehen auf dem Planeten zu sichern. Vertreter von 188 Regierungen waren vor Ort (95 % aller 196 Vertragsparteien des UN-Übereinkommens über die biologische Vielfalt (CBD) sowie zwei Nichtvertragsparteien, die Vereinigten Staaten und der Vatikan) und haben Maßnahmen zur Eindämmung des fortschreitenden Verlusts der biologischen Vielfalt auf dem Land und im Meer beschlossen und verabschiedet.

Mit den übergreifenden Zielen ist es gelungen, die dringendsten Probleme im Zusammenhang mit dem Verlust der Natur und der biologischen Vielfalt abzudecken. Es war ermutigend zu sehen, dass der endgültige Wortlaut viel weniger Unklarheiten enthielt als das, was im vergangenen Jahr in den offenen Arbeitsgruppen diskutiert worden war. Die Ziele sind quantitativ und messbar, berücksichtigen den Ansatz „Whole-of-Government and Whole-of-Society“ und konzentrieren sich darauf, die Finanzwirtschaft für die Natur einzusetzen. Das Abkommen verpflichtet die Länder außerdem, mindestens alle fünf Jahre eine große Anzahl von „Leitindikatoren“ und anderen Indikatoren zu überwachen und darüber zu berichten, inwieweit die Ziele und Vorgaben des GBF erreicht wurden. Das CBD wird die bis Ende Februar 2026 und Ende Juni 2029 eingereichten nationalen Informationen zu globalen Trend- und Fortschrittsberichten zusammenfassen.

Einer der wichtigsten Meilensteine der GBF ist der Fokus auf die Finanzwirtschaft. Im Jahr 2015 hat das Pariser Abkommen einen neuen Kurs in den globalen Klimaschutzanstrengungen eingeschlagen, indem es als eines seiner drei übergreifenden Ziele die Verpflichtung enthielt, die Finanzwirtschaft für das Klima einzusetzen. Die GBF hat die richtigen Schritte in diese Richtung unternommen, indem sie in Ziel D die Anpassung der Finanzströme an die Ziele für 2030 und die Vision für 2050 forderte und den Schwerpunkt auf die kurz-, mittel- und langfristige Umsetzung legte. Zusammen mit mehreren Zielen, die sich auf private Finanzströme beziehen, bietet dieses Ziel den nötigen Anreiz, um Maßnahmen des Finanzsektors anzuregen und zu verstärken. Wir hoffen, dass diese Ziele den Finanzinstitutionen den nötigen Anreiz bieten, ihre Portfolios so auszurichten, dass der Naturverlust bis 2030 gestoppt und rückgängig gemacht werden kann.

Letzten Monat unterzeichnete La Française zusammen mit über 330 Unternehmen und Finanzinstituten den Aufruf, naturbezogene Offenlegungen für Unternehmen und Finanzinstitute im GBF verpflichtend zu machen. Obwohl das Wort „verpflichtend“ nicht in den endgültigen Text aufgenommen wurde, ist die Formulierung über die „Sicherstellung“ politischer, administrativer oder rechtlicher Maßnahmen noch intakt. Dies bedeutet, dass die Regierungen über politische und rechtliche Rahmenbedingungen verfügen müssen, um sicherzustellen, dass große und transnationale Unternehmen und Finanzinstitute ihre Umweltauswirkungen und -abhängigkeiten bewerten und offenlegen. Dies ist eine gute Nachricht für Investoren, die von den Unternehmen, in die sie investieren, konkrete Daten bezüglich ihrer Biodiversitätsziele benötigen, sowohl für die aufsichtsrechtliche Berichterstattung als auch für eine bessere Abstimmung der Finanzströme. Ein unterstützendes politisches Umfeld, das den Finanzinstitutionen dabei hilft, die Risiken besser zu managen und die Möglichkeiten in den Portfolios zu nutzen, ist der Schlüssel zur Schaffung einer naturfreundlichen Zukunft.

Neben der Verabschiedung des GBF gab es in den letzten zwei Wochen parallel mehrere weitere Ankündigungen und Vereinbarungen, die Maßnahmen für den Naturschutz ermöglichen werden. Die Globale Umweltfazilität wurde aufgefordert, so bald wie möglich einen speziellen Treuhandfonds einzurichten, um die Umsetzung des Globalen Rahmenwerks für biologische Vielfalt zu unterstützen (GBF-Fonds). Die Delegierten der COP15 einigten sich darauf, im Rahmen des GBF einen multilateralen Fonds für den gerechten Ausgleich zwischen Anbietern und Nutzern von digitalen Sequenzinformationen (DSI) über genetische Ressourcen einzurichten. Er soll im Jahr 2024 auf der COP16 in der Türkei abgeschlossen werden soll. Am 11. Dezember wurde „Nature Action 100“, eine neue globale Engagement-Initiative vorgestellt. Sie soll Investoren motivieren, dringende Maßnahmen zu Umweltrisiken und ‑auswirkungen in den Unternehmen anzutreiben. La Française AM wird neben ihrer Mitgliedschaft in der Stiftung Finance for Biodiversity, die Anfang 2023 ins Leben gerufen wird, Teil der technischen Beratungsgruppe sein.

Vor Beginn der COP forderten die Staats- und Regierungschefs sowie Naturschutzexperten einen „Pariser Moment für die Natur“ – und alle Schlagzeilen haben ihn als solchen deklariert. Doch auch das Pariser Abkommen hat seine Tücken: Die Länder haben immer noch Schwierigkeiten, ihre jeweiligen NDCs (Nationally Determined Contributions) einzuhalten, und die Finanzierungsströme von den Industrie- zu den Entwicklungsländern haben das 100-Milliarden-Dollar-Ziel seit Jahren verfehlt. Der CBD hat gewarnt: „Ohne diese Maßnahmen wird sich das weltweite Artensterben weiter beschleunigen, das bereits jetzt mindestens zehn- bis hundertmal höher ist als im Durchschnitt der letzten 10 Millionen Jahre.“

Im September war La Française Mitunterzeichnerin eines Schreibens an die Finanzminister der Welt (einschließlich Frankreichs), in dem diese aufgefordert wurden, auf der COP15 eine starke Position einzunehmen und die Verabschiedung eines soliden, umfassenden Regelwerks zu ermöglichen. Wir können mit Überzeugung sagen, dass der Globale Biodiversitätsrahmen von Kunming und Montreal nicht enttäuscht hat. Es bleibt abzuwarten, wie die Umsetzung erfolgen wird, aber es bleibt zu hoffen, dass dieses Abkommen die Welt auf den richtigen Kurs für eine nachhaltige Beziehung zur Natur bringt. Nachdem eine der mit Spannung erwarteten COPs zum Thema Natur hinter uns liegt, können wir uns nun auf das Handeln konzentrieren. Die Welt kann endlich vorankommen!

Kernelemente des Kunming-Montreal GBF

Klare Ziele zur Bekämpfung von Raubbau, Verschmutzung und nicht nachhaltigen landwirtschaftlichen Praktiken:

  • Wirksame Erhaltung und Bewirtschaftung von mindestens 30 % der weltweiten Landflächen, Binnengewässer, Küstengebiete und Ozeane, wobei der Schwerpunkt auf Gebieten liegt, die für die biologische Vielfalt und das Funktionieren und die Leistungen der Ökosysteme besonders wichtig sind. Verringerung des Verlusts von Gebieten mit hoher biologischer Vielfalt, einschließlich Ökosystemen mit hoher ökologischer Integrität, auf nahezu Null.
  • Halbierung der weltweiten Lebensmittelverschwendung, deutliche Reduzierung des übermäßigen Verbrauchs und der Abfallerzeugung.
  • Halbierung des Nährstoffüberschusses und des Gesamtrisikos, das von Pestiziden und hochgefährlichen Chemikalien ausgeht.

Die Finanzwirtschaft in den Dienst der Biodiversität stellen und Finanzströme mit der Natur in Einklang bringen, um Finanzmittel in Richtung nachhaltiger Investitionen zu lenken, weg von umweltschädlichen Investitionen:

  • Mobilisierung von mindestens 200 Mrd. USD pro Jahr aus allen öffentlichen und privaten Quellen für die Finanzierung der biologischen Vielfalt bis 2030 im In- und Ausland.
  • Bis 2030 schrittweise Abschaffung oder Reform von Subventionen, die der biologischen Vielfalt schaden, um mindestens 500 Mrd. USD pro Jahr, bei gleichzeitiger Verstärkung positiver Anreize für die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der biologischen Vielfalt.

Wahrung der Rechte indigener Völker und Anerkennung ihrer Beiträge als Hüter der Natur:

  • Erhöhung der internationalen Finanzströme aus den Industrieländern in die Entwicklungsländer auf mindestens 20 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2025 und auf mindestens 30 Milliarden Dollar pro Jahr bis 2030. Dies betrifft unter den Entwicklungsländern insbesondere die am wenigsten entwickelten Länder, die kleinen Inselstaaten und die Länder mit im Übergang befindlichen Wirtschaftssystemen.
  • Verhinderung der Einschleppung prioritärer invasiver gebietsfremder Arten, Reduzierung der Einschleppung und Ansiedlung anderer bekannter oder potenzieller invasiver gebietsfremder Arten um mindestens die Hälfte sowie Ausrottung oder Bekämpfung invasiver gebietsfremder Arten auf Inseln und anderen prioritären Gebieten.

 Betonung der Offenlegung und Berichterstattung zur Überwachung der Fortschritte bei den Zielen und der Ausrichtung von Unternehmen und Finanzen auf die globalen Ziele:

  • Große und transnationale Unternehmen und Finanzinstitutionen sollen verpflichtet werden, ihre Risiken, Abhängigkeiten und Auswirkungen auf die biologische Vielfalt im Rahmen ihrer Tätigkeiten, Liefer- und Wertschöpfungsketten und Portfolios zu überwachen, zu bewerten und transparent offenzulegen.

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