Der Klima- und Transformationsfonds ist bald schon größer als die Etats des Wirtschafts- und des Verkehrsministeriums zusammen. Große neue Posten, aber keine Mittel für Klimageld.

Der Klima- und Transformationsfonds (KTF) der Bundesregierung wird immer mehr zum zentralen Finanzierungsinstrument der Klimawende – nächstes Jahr sollen die Ausgaben rasant von 36 auf 58 Milliarden Euro steigen. Doch es fehlen wichtige Entscheidungen über Prioritäten: welche Ausgaben in den Kern- und welche in den Schattenhaushalt gehören und ob man den Schwerpunkt im Fonds auf Investitionsförderung oder sozialen Ausgleich legen soll. Das ist das Fazit einer Studie des Berliner Klimaforschungsinstituts MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change), die diesen riesigen Geldtopf jetzt erstmals übersichtlich analysiert. Die Studie ist auf der MCC-Website abrufbar.

Ausgangspunkt ist die mittelfristige Finanzplanung des Bundes, die vergangene Woche im Bundestag eingebracht wurde. Während der Kernhaushalt im Jahr 2024 mit 446 (Vorjahr 476) Milliarden Euro Ausgaben erstmals seit 2019 die Vorgabe der Schuldenbremse einhält, nämlich neue Kredite von maximal 0,35 Prozent der Wirtschaftsleistung, wird der KTF stark ausgeweitet: Er ist dann größer als die Etats des Wirtschafts- und des Verkehrsministeriums zusammen. Größte Posten sind die zuletzt stark ausgeweitete Gebäudeförderung, die mit 19 Milliarden Euro ein Drittel der Ausgaben ausmacht, und die Finanzierung der früher über die Stromrechnungen beglichenen Umlage zur Förderung erneuerbarer Energien (EEG-Umlage).

Auch Milliardenzuschüsse für Schienenwege der Bahn und eine Intel-Chipfabrik in Magdeburg werden jetzt aus dem Fonds bezahlt. „Zur Begründung heißt es, dass Halbleiter-Produktion für klimafreundliche Technologien wichtig ist“, sagt Brigitte Knopf, MCC-Generalsekretärin und eine Autorin der Studie. „Aber bei genauer Betrachtung entsteht der Eindruck, dass der KTF zunehmend sachfremd ausgestaltet wird, offenbar als politisches Allzweck-Instrument, damit der Kernhaushalt nicht zu sehr belastet wird.“ Das wird auch deutlich beim Thema Bahn: „Es steht seit 1993 im Grundgesetz, dass der Bund als Eigentümer für Ausbau und Erhalt des Schienennetzes verantwortlich ist, das hat mit Klima erstmal nichts zu tun“, erläutert Niklas Illenseer, Politik-Analyst in der Policy Unit des MCC und ebenfalls Autor der Studie. „Die Regierung müsste, wenn die Schuldenbremse die Ausgaben begrenzt, im Kernhaushalt anderswo umschichten oder weitere Spielräume schaffen. Davor drückt sie sich durch das Auslagern von Kernaufgaben der Ministerien.“

Die Studie zeigt auch, dass es an Handlungsspielraum für sozialen Ausgleich in der Klimapolitik fehlt. Für das „Klimageld“, das 2021 im Koalitionsvertrag als Auszahlung an alle Bürgerinnen und Bürger angekündigt wurde, ist in der bis 2027 reichenden mittelfristigen Finanzplanung noch kein Geld vorgesehen. Es soll Mehrkosten durch steigende CO2– und Energiepreise abfedern. Die aus der Koalition zu hörende Ausrede, dass die Bundeshaushaltsordnung die Budgetierung von Programmen ohne finalisiertes Konzept verbietet, lässt das Autorteam nicht gelten: Ein dafür notwendiges Klimageldgesetz könnte man schnell auf den Weg bringen, und der Auszahlungskanal soll laut Finanzministerium bis 2024 stehen. 

Laut der Studie wäre je nach Berechnungsmethode, mit Blick auf die steigenden Einnahmen durch CO2-Bepreisung, eventuell schon 2025 ein Klimageld zu rechtfertigen. Doch es rückt nur näher, wenn andere Posten in den Kernhaushalt umgeschichtet werden. Für 2026 und 2027 ist der Fonds schon überzeichnet, die Programmausgaben übersteigen die veranschlagten Einnahmen. Eine Geldspritze von 60 Milliarden Euro aus Mitteln, die eigentlich zur Bekämpfung der Corona-Pandemie gedacht waren, ist bis 2026 verbraucht. Einzige Einnahmequelle ist dann die steigende CO2-Bepreisung über den EU-Emissionshandel und den nationalen Emissionshandel für Gebäude und Verkehr.

„Um die Überdehnung des Klima-Schattenhaushalts zu beenden und das Klimageld zu ermöglichen,  braucht es nun eine politische Grundsatzentscheidung“, empfiehlt MCC-Generalsekretärin Knopf: „Die Bundesregierung sollte den Klimaschutz als Staatsaufgabe prinzipiell im Kernhaushalt integrieren und also dort alle Ausgaben für die entsprechende öffentliche Infrastruktur unterbringen. Das ist Teil der staatlichen Daseinsvorsorge. Nur durch einen solchen Schritt steht im Klimafonds, über die Förderung grüner Investitionen von Unternehmen hinaus, genügend Geld zur Verfügung: für sozialen Ausgleich etwa über das Klimageld und für die notwendige Unterstützung von Investitionsprogrammen für private Haushalte.“

Quellenhinweis zur zitierten Studie:

Knopf, B., Illenseer, N., 2023, Die Finanzierung der Transformation: Klimafonds, Klimageld und Kernhaushalt, MCC-Arbeitspapier
www.mcc-berlin.net/Publications/2023_MCC_Die_Finanzierung_der_Transformation.pdf

Über Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change (MCC) gGmbH

Das MCC erforscht und liefert lösungsorientierte Handlungsoptionen für Klimapolitik sowie generell für das Bewirtschaften der globalen Gemeinschaftsgüter – und damit für die Stärkung der vielfältigen Aspekte von menschlichem Wohlergehen. Unsere sieben Arbeitsgruppen forschen zu Themen wie Wirtschaftswachstum und -entwicklung, Ressourcen und internationaler Handel, Städte und Infrastrukturen, Governance sowie wissenschaftliche Politikberatung. Das MCC ist eine gemeinsame Gründung der Stiftung Mercator und des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung. | www.mcc-berlin.net | https://twitter.com/MCC_Berlin

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