Bislang patentgeschützte Medikamente sind als sogenannte Nachahmerpräparate auf den Markt gekommen. Was bedeutet das für die Therapie der Multiplen Sklerose (MS)? Wie unterscheiden sich Generika und Biosimilars voneinander und vom Originalpräparat? Um eine verlässliche Orientierung zu ermöglichen, hat der Bundesverband der Deutschen Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) gemeinsam mit AMSEL, Landesverband der DMSG in Baden-Württemberg, ein interaktives Lernmodul über Generika und Biosimilars in der Therapie der Multiplen Sklerose entwickelt. Federführender Autor war Prof. Dr. med. Peter Flachenecker, Vorstandsmitglied im Ärztlichen Beirat der DMSG, Beiratsvorsitzender der AMSEL und Chefarzt an Neurologischen Rehabilitationszentrum Quellenhof Bad Wildbad.

Für eine leicht verständliche Wissensvermittlung der verschiedenen Lektionen zu Generika und Biosimilars sorgen Erklärfilme und ein Quiz, in dem das Wissen überprüft werden kann.

Was sind Generika?

Generika sind exakte Nachahmungen von chemisch-synthetisch hergestellten Arzneimitteln, die bereits auf dem Markt sind. Sie werden von anderen Herstellern produziert, wenn z.B. der Patentschutz des Wirkstoffes abgelaufen ist. Weltweit ist das in der Regel nach 20 Jahren der Fall. Generika enthalten den gleichen Wirkstoff wie das Originalpräparat und haben die gleiche Wirkung. Unterschiedlich können zum Beispiel die Farbe, die Form oder der Name sein.

Auch Generika müssen strenge Qualitäts- und Sicherheitsstandards erfüllen. Da der Wirkstoff identisch ist, sind umfangreiche klinische Studien zur Wirksamkeit und Verträglichkeit meist nicht erforderlich. Das ist ein entscheidender wirtschaftlicher Vorteil für die Hersteller von Generika.

Generika sind bereits seit Jahrzehnten in Gebrauch und für viele Erkrankungen verfügbar. Sie werden gegen Schmerzen und „Volkskrankheiten“ wie Bluthochdruck oder Diabetes, gegen schwere Krebserkrankungen und in der symptomatischen Therapie bei Multipler Sklerose eingesetzt. In der Immuntherapie der MS sind Generika jedoch relativ neu.

Was sind Biosimilars?

Biosimilars sind Nachahmerpräparate von biologischen Wirkstoffen, den so genannten Biologika. Diese Art Wirkstoffe verlieren ebenfalls nach 20 Jahren ihren Patentschutz und dürfen dann auch von anderen Herstellern produziert werden. Da Biologika in lebenden Zellen (biotechnologisch) entstehen, ist keine identische Kopie des Wirkstoffes möglich. Biosimilars und Originalpräparate können daher nur ähnlich (similar), aber nicht gleich sein. Generika hingegen sind nahezu identisch zum Original.

Wie unterscheiden sich Biosimilars vom Original und was ist gleich?

Biologische Arzneimittel sind meist Eiweißstoffe (Proteine) und haben einen komplizierten Aufbau. Sie werden in lebenden Zellen produziert, entsprechend aufwändig und komplex ist ihre Herstellung. Zudem sind Zulassungsstudien nötig, wie zuletzt für den das Nachahmerpräparat  Tyruko, dem neu zugelassenen Biosimilar von dem Wirkstoff Natalizumab. Natürliche Schwankungen sind normal und erlaubt, solange sie keinen Einfluss auf die Wirksamkeit und Sicherheit haben.

Für Biosimilars heißt das: Ihre Wirkstoffe unterscheiden sich immer minimal von denen ihrer Originalpräparate und können nie identisch sein. Während das Grundgerüst der Eiweißstoffe (Abfolge der Aminosäuren) immer gleich ist, können zum Beispiel die angehängten Zuckerketten anders sein. Diese kleinen Abweichungen haben allerdings keine Auswirkung auf Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit und kommen auch bei den Originalpräparaten vor.

Sie wollen mehr wissen über die Entwicklung von Medikamenten, Biosimilars und Generika?

  • Auf der Wissens- und Lernplattform der DMSG finden Sie Antworten:  www.ms-wissen.de

Wir danken Prof. Peter Flachenecker für die wissenschaftliche Begleitung und der Techniker Krankenkasse für die finanzielle Förderung bei der Umsetzung dieses Projektes. 

Über den Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft Bundesverband e.V.

Hintergrund:
Der DMSG-Bundesverband e.V., 1952/1953 als Zusammenschluss medizinischer Fachleute gegründet, vertritt die Belange Multiple Sklerose Erkrankter und organisiert deren sozialmedizinische Nachsorge.

Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft mit Bundesverband, 16 Landesverbänden und derzeit mehr als 750 örtlichen Kontaktgruppen ist eine starke Gemeinschaft von MS-Erkrankten, ihren Angehörigen, 4.186 engagierten ehrenamtlichen Helfern und 251 hauptberuflichen Mitarbeitern. Insgesamt hat die DMSG rund 42.000 Mitglieder.

Mit ihren umfangreichen Dienstleistungen und Angeboten ist sie heute Selbsthilfe- und Fachverband zugleich, aber auch die Interessenvertretung MS-Erkrankter in Deutschland. Schirmherr des DMSG-Bundesverbandes ist Christian Wulff, Bundespräsident a.D.

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch entzündliche Erkrankung des Zentralnervensystems (Gehirn und Rückenmark), die zu Störungen der Bewegungen, der Sinnesempfindungen und auch zur Beeinträchtigung von Sinnesorganen führt. In Deutschland leiden nach Zahlen des Bundesversicherungsamtes mehr als 240.000 Menschen an MS. Trotz intensiver Forschungen ist die Ursache der Krankheit nicht genau bekannt.

MS ist keine Erbkrankheit, allerdings spielt offenbar eine genetische Veranlagung eine Rolle. Zudem wird angenommen, dass Infekte in Kindheit und früher Jugend für die spätere Krankheitsentwicklung bedeutsam sind. Welche anderen Faktoren zum Auftreten der MS beitragen, ist ungewiss. Die Krankheit kann jedoch heute im Frühstadium günstig beeinflusst werden. Deutschlandweit sind schätzungsweise 280.000 Menschen an Multipler Sklerose erkrankt, weltweit etwa 2,8 Mio. Menschen.

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