Kein virtuelles Team ist wie das andere und der Grad der Virtualität ist unterschiedlich hoch, je nachdem, wie oft sich das Team auch persönlich, also face-to-face treffen kann. Und doch haben viele virtuelle Teams ähnliche Herausforderungen zu meistern. Eine Führungskraft mit einem virtuellen Team sollte die Herausforderungen in seinem Team klar reflektieren, um dann nach passenden Lösungen zu suchen.

Die meisten Herausforderungen haben mit den unterschiedlichen Standorten der einzelnen Akteure, den zur Verfügung stehenden Kommunikationsmedien und der kulturellen Vielfalt im Team zu tun.

Unterschiedliche Standorte/räumliche Distanz

Betrachten wir als erstes die Tatsache, dass die Teammitglieder verteilt an unterschiedlichen Standorten sitzen und somit zwischen einigen oder allen Teammitglieder eine räumliche Distanz vorhanden ist.

Dadurch, dass man im Team keine gemeinsame Kaffeeküche hat und sich nicht zufällig im Flur treffen kann, fehlen viele Kontextinformationen bzgl. der Kollegen. Man bekommt weniger mit, wie sie arbeiten, was sie stresst und motiviert und erst recht kaum Privates. Daher ist auch die emotionale Distanz zu Kollegen an anderen Standorten in der Regel erst einmal höher. Wie kann sich so ein Teamgefühl entwickeln?

Und wie kann man sicherstellen, dass die Teammitglieder die wichtigen Informationen zeitgleich bekommen bzw. der teilweise unterschiedliche Informationsstand ausgeglichen wird? Sitzt man in einem Büro zusammen, bekommt man schließlich viele Informationen ganz nebenbei mit.

Außerdem gibt es an den unterschiedlichen Standorten vielleicht andere Ressourcen und Rahmenbedingungen. An dem einen Standort gibt es eine Kantine, am anderen nicht. Manche Standorte haben einen Videokonferenzraum, andere wiederum nicht. Auch können die Arbeits- und Urlaubszeiten in internationalen virtuellen Teams sehr unterschiedlich sein. All das sind Herausforderungen bei der Zusammenarbeit in virtuellen Teams.

Hinzu können in globalen Teams die unterschiedlichen Zeitzonen die Kommunikation erschweren. Während der eine vielleicht gerade im Büro ankommt, bereitet der andere sich bereits auf den Feierabend vor.

Wenn die räumliche Distanz zwischen den Teammitgliedern und mit dem Teamleiter sehr unterschiedlich ist, also einige Teammitglieder mit dem Teamleiter an einem Standort sitzen und sich ständig sehen, andere jedoch einzeln an anderen Standorten oder im Homeoffice sitzen, kann es schnell zu einem unguten Ungleichgewicht im Team kommen.

Kommunikationsmedien – Technik

In standortverteilten, also virtuellen Teams, ist man abhängig von Kommunikationsmedien. Ob Telefon, Mail, Chat, Telefon- und Videokonferenzen oder Webmeetings und vieles mehr. Normale face-to-face Kommunikation ist selten oder gar nicht möglich.

Medien und Tools gibt es unzählige, doch welches Tool setzt man wann und wie ein? Oft werden neue Tools in Unternehmen ohne Training eingeführt. Mitarbeiter verstehen manchmal nicht den Sinn von zusätzlichen Kommunikationsmedien wie zum Beispiel soziale Netzwerke innerhalb des Unternehmens. Die Kenntnisse über solche Tools und ihre Akzeptanz sind sehr unterschiedlich.

Hinzu kommen technische Probleme, die natürlich immer mal auftauchen können.

Je nachdem, welches Medium verwendet wird zur Überbrückung der Distanz in virtuellen Teams, fehlen uns oft wichtige körpersprachliche Signale, die uns normalerweise helfen, die gesendeten Informationen richtig zu interpretieren. Der Blickkontakt, über den wir unbewusst ganz viel in Meetings und anderen Gesprächen miteinander kommunizieren, fehlt uns in virtuellen Meetings und am Telefon. Erst recht in der E-Mail.

Die Zusammenarbeit über unterschiedliche Standorte mit Hilfe von Kommunikationsmedien führt oft zu einer größeren Anonymität im virtuellen Team, die die Beziehung der Teammitglieder untereinander erst einmal beeinträchtigt und das Entstehen von Vertrauen und Verbindlichkeit zwischen den Teammitgliedern erschwert.

Unterschiedlicher kultureller Hintergrund

In virtuellen Teams arbeiten wir oft mit Menschen zusammen, die einen anderen kulturellen Hintergrund haben. Vielleicht waren sie noch niemals in unserem Land und wir noch niemals in ihrem. Zusammenarbeiten können wir trotzdem, dank der vielen zur Verfügung stehenden Kommunikationsmedien. Doch verstehen wir uns wirklich?

In anderen Ländern gibt es andere Konzepte von guter Führung, effizienten Meetings und erfolgreicher Kommunikation. Wir haben unterschiedliche Erwartungen, die wir meist für allgemeingültig halten und selten hinterfragen, da sie in unserer Kultur gesetzt sind. Konflikte sind damit fast vorprogrammiert.

Hinzu kommen sprachliche Barrieren, wenn wir nicht in unserer Muttersprache mit anderen Muttersprachlern kommunizieren können. Meist ist die internationale Arbeitssprache Englisch. Mangelnde Englischkenntnisse, aber auch unterschiedliche Dialekte und der Gebrauch von Slang von Englisch-Muttersprachlern erschweren das Verständnis.

Gibt es eine kulturelle Mehrheit im Team, zum Beispiel ein Team mit fünf Franzosen, einem Amerikaner, einem Deutschen und einem Italiener, dann ist auch davon auszugehen, dass die Franzosen sich besser untereinander abstimmen und dadurch gestärkt in Teammeetings auftreten können. Wenn auf der anderen Seite die Teamleiterin eine Deutsche ist, besteht die Gefahr, dass sie sich mit dem anderen Deutschen im Team besser und öfter austauschen kann, da sie dieselbe Muttersprache und denselben kulturellen Hintergrund haben. All das kann zu einem Ungleichgewicht im Team führen, das einigen Teammitgliedern mehr Einfluss gibt als anderen.

Diesen komplexen Herausforderungen gekonnt zu begegnen, ist die Hauptaufgabe einer Führungskraft mit einem virtuellen Team. Hier gibt es keine einfache allgemeingültige Lösung. Doch mit Kompetenz, Fingerspitzengefühl und der Fähigkeit zur Selbstreflexion kann es eine sehr schöne und bereichernde Aufgabe werden.

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