In den letzten Tagen des Jahres 2018 startete ein neues Start-Up aus Hamburg, das einen neuartigen Service anbietet: Arbeitnehmer erhalten gegen eine Zahlung von 9 Euro die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung online ausgestellt. Dafür müssen zusätzlich mehrere Fragen über den Krankheitszustand beantwortet werden. Aber erkennen Arbeitgeber den Online-Krankenschein an und ist das rechtens?

Was das Gesetz zum AU-Schein via WhatsApp sagt

Im Dezember 2018 ging das Hamburger Start-Up „AU-Schein.de“ online. Die Idee dahinter ist ganz einfach: Wer sich nicht gut fühlt und eine Erkältung hat, spart sich den Weg zum Arzt und lange Wartezeiten. Um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung online bestellen zu können, braucht es nur eine Anmeldung über die Webseite, auf der ein Formular ausgefüllt wird. Der Nutzer klickt die vorliegenden Erkältungssymptome an und muss andere Risikofaktoren ausschließen. Über den Messenger-Dienst WhatsApp werden die persönlichen Daten abgefragt und das Foto der Versichertenkarte abgeglichen. Gegen ein Entgelt von neun Euro wird dem User die Krankenschreibung per WhatsApp und postalisch zugeschickt. Damit Arbeitnehmer den Service nicht ausnutzen können, kann jeder User den Dienst nur zwei Mal pro Jahr nutzen. Außerdem sind die Krankschreibungen auf maximal drei Tage beschränkt. Gründer des Start-Ups ist Dr. jur. Can Ansay, ein Rechtsanwalt aus Hamburg.

Rechtliche Grundlage für Online-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Das Kaufen einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist durch Änderungen in der Musterberufsordnung der Ärzte (MBO-Ä) und weitreichenden Lockerungen in der Berufsordnung der Landesärztekammer Schleswig-Holstein möglich geworden. Bereits im April 2018 beschloss man in Schleswig-Holstein die Lockerung des § 7 Absatz 4 der (Muster-) Berufsordnung, die bisher einen persönlichen Erstkontakt zwischen Ärzten und Patienten vorsah. Nun ist auch „eine Beratung oder Behandlung ausschließlich über Kommunikationsmedien erlaubt, wenn diese ärztlich vertretbar und ein persönlicher Kontakt mit der Patientin oder dem Patienten nicht erforderlich ist", so die Landesärztekammer in einer Erklärung.

Im Mai 2018 wurde auf dem 121. Deutschen Ärztetag in Erfurt zudem eine bundesweitere Lockerung des Fernbehandlungsverbotes beschlossen. In der neuen Fassung heißt es in § 7 Absatz 4 nun, dass eine „ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien im Einzelfall erlaubt ist, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird".

Da wegen einer Erkältung keine intensive medizinische Behandlung notwendig ist, bewegt sich das Geschäftsmodell also im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften des Landes Schleswig-Holstein. Die bundesweite Verordnung grenzt das Online-Behandeln hingegen weiterhin auf Einzelfälle ein. Deshalb arbeitet für das Start-Up eine Ärztin, die täglich von Hamburg aus über die Grenze nach Schleswig-Holstein fährt, um dort die Krankschreibungen auszustellen.

Den Krankenschein online zu kaufen birgt Risiken

Bisher haben nur wenige Arbeitnehmer den neuen Service beansprucht. Vermutlich sind sich viele Interessenten auch unsicher, ob die Online-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung überhaupt anerkannt ist. Ärztevertreter, darunter die Ärztekammern in Hamburg und Schleswig-Holstein, raten davon ab, den Krankenschein online zu kaufen. Sicher ist, dass der Beschluss zur Lockerung des Fernbehandlungsverbotes eine solche Nutzung nicht vorsah. Experten sprechen davon, dass der § 7 Absatz 4 sich auf die Fernbehandlung von Patienten beziehe, bei diesem Online-Service jedoch systematisch Dokumente fernausgestellt werden.

Kritisch kann die Online-Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch hinsichtlich der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) sein. Zwar ist das Austauschen personenbezogener Daten über WhatsApp verschlüsselt, die Server des Dienstes befinden sich jedoch in den USA, wo europäische Richtlinien nicht greifen. Zudem gibt es rechtliche Auslegungen, nachdem bereits das Nutzen des Online-Service zu viel verrät. Da dieser nur Krankschreibungen bei Erkältungen ausstellt, erfährt der Arbeitgeber den Grund der krankgeschriebenen Arbeitnehmer ganz automatisch. Bereits diese Informationen könnten als personenbezogene Daten gedeutet werden, was einen Verstoß gegen die DSGVO darstellen würde. Ob das Ausstellen von Krankschreibungen via WhatsApp in Zukunft tägliche Praxis wird, wird sich zeigen.

Bis dahin müssen kranke Arbeitnehmer damit rechnen, dass der Arbeitgeber ihren online gekauften Au-Schein anzweifeln kann. Vor dem Arbeitsgericht wird der Schein gegebenenfalls nicht anerkannt, da er ausgestellt wurde, ohne dass der Patient vorher untersucht worden ist. Sie haben weitere Fragen zum Thema Krankschreibung? Dann erhalten Sie hier Ihre kostenlose Erstberatung.

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