Große Veränderung im Dorotheenviertel Hilden: Die ersten der aktuell knapp 110 Bewohner des Haus Ahorns sollen planmäßig bereits im Mai ins derzeit entstehende Ahorn-Karree nebenan umziehen. Das wäre in Zeiten von Corona bereits anspruchsvoll genug. Die zu Betreuenden leiden jedoch zudem allesamt an einer fortgeschrittenen Demenz. Wie laufen die Vorbereitungen unter diesen herausfordernden Bedingungen?

Die gute Nachricht vorab: Im Haus Ahorn, der gerontopsychiatrischen Facheinrichtung der Graf Recke Stiftung im Dorotheenviertel Hilden, gibt es bislang – Stand Anfang April – keinen einzigen Verdacht auf eine Infektion mit dem Coronavirus, weder unter den Bewohnern noch den Mitarbeitenden. „Toi, toi, toi“, sagt Katja Petrilos. Doch die Pflegedienstleiterin hofft nicht nur. Sie und ihr Team haben auch alles Erdenkliche getan, dass es möglichst so bleibt, und tun es weiterhin. Es ist eine ganz besondere Herausforderung.

Denn die Einrichtung steht nicht nur vor einer großen Veränderung: Die ersten der aktuell knapp 110 Bewohner des Haus Ahorn sollen planmäßig bereits im Mai ins derzeit entstehende Ahorn-Karree nebenan umziehen. Das wäre in Zeiten von Corona bereits anspruchsvoll genug. Die zu Betreuenden leiden jedoch zudem allesamt an einer fortgeschrittenen Demenz. Während Einrichtungsleiter Michael Zieger und Pflegedienstleiterin Katja Petrilos vor all den organisatorischen Aufgaben standen und stehen, die wohl alle Pflegeeinrichtungen in Zeiten der Pandemie betreffen, kommt dieser Aspekt hier erschwerend hinzu: „Wir können unseren Bewohnern überhaupt nicht nachhaltig erklären, was das mit der Kontaktsperre bedeutet“, erläutert Katja Petrilos.

Die Suche nach Halt und Nähe

Dass neben verschärften Hygienebedingungen auch die Abschottung der Einrichtung sowie Abstandsregeln oberstes Gebot sind, versteht sich für die meisten von selbst. Menschen mit schwerer Demenz allerdings können solche neuen Informationen in der Regel nicht aufnehmen – oder vergessen diese sofort wieder. Man könne den Kontakt der Bewohner untereinander und zu den Mitarbeitenden nicht dauerhaft unterbinden, sagt Katja Petrilos. „Unsere Bewohner sind ja fortwährend auf der Suche nach Orientierung – und damit auch nach Halt und Nähe.“

Beatrix Rother, die vor kurzem ihre Zusatzqualifikation als Präsenzkraft abgeschlossen hat, empfindet die aktuelle Situation im Haus Ahorn als „extrem schwierig“, wie sie einräumt. „Weil es für die Bewohner so traurig ist, keinen Besuch zu bekommen“. Beatrix Rother hat den Eindruck, dass sich manche in sich zurückziehen. Es sei schwerer, Zugang zu bekommen. „Sie vergessen ja immer wieder, warum sie niemand besuchen kommt.“ Bei allen, die dazu noch in der Lage seien, versuche man das mit Telefonaten ein wenig auszugleichen.

Ein Plattenspieler als Glücksfall

Die viele Gruppenangebote, die sonst eine Selbstverständlichkeit im Haus Ahorn sind, fallen hingegen auf unbestimmte Zeit aus: Ob es das gemeinsame Singen ist, Gymnastikrunden oder Gottesdienste. Zum Glück, berichtet Präsenzkraft Sylvia Buchholz, habe man von der ehrenamtlichen Kollegin Angelika Stock vor einiger Zeit einen Plattenspieler geschenkt bekommen. „Der steht jetzt im Wohnzimmer und da laufen all die alten Lieder“, freut sie sich. „Musik“, das hat sie festgestellt, „holt die Menschen immer wieder raus.“

Was die beiden Präsenzkräfte zudem gleichermaßen motiviert, das ist die Aussicht auf den Umzug in den Neubau. Ausschließlich Einzelzimmer und kleinere Hausgemeinschaften im Ahorn-Karree bieten dann noch bessere Voraussetzungen, Infektionen zu verhindern. „Dann werden sich die Bereiche nicht mehr so mischen“, sagt Sylvia Buchholz. Beatrix Rother, derzeit als Präsenzkraft in einem oberen Stockwerk tätig, freut sich vor allem auf den großzügigen Garten. „Sonne und Vitamin D tanken, das tut uns allen gut.“

Pflegedienstleiterin Katja Petrilos freut sich über die Zuversicht der Kolleginnen. Sie weiß ja, was die rund 170 Mitarbeitenden im Haus derzeit alles leisten, zusätzlich zu ihrer bereits anspruchsvollen Arbeit: noch mehr Händewaschen, keine gemeinsamen Pausen, noch strikteres Vermeiden von Sozialkontakten, auch außerhalb der Einrichtung. Auch die Besprechungen in den neu zusammengestellten Teams für das Ahorn-Karree sind derzeit ausgesetzt. „Das verunsichert einzelne schon“, sagt sie. Doch es gehe weiter, versichert sie: „Der Bau schreitet voran, die Möbel werden geliefert, wir bestellen Geschirr.“ Ob der Einzugstermin gehalten werden könne, hänge allerdings nicht zuletzt von den Handwerksbetrieben ab, die ebenfalls unter der Krise leiden. Zudem freilich davon, „dass wir alle gesund bleiben“.

Es ist und bleibt das Wichtigste in schwierigen Zeiten. Doch diesbezüglich haben Katja Petrilos und ihr Team bereits eine erfreuliche Erfahrung gemacht: Nach einem Aufruf der beiden Mitarbeiterinnen Sabrina Seehagen und Sanda Reinartz über Facebook und einem nachfolgenden Artikel in der Rheinischen Post haben ganz viele Menschen selbstgenähte Schutzmasken an die Stiftung geschickt. „Das ist grandios und erfüllt uns mit Dankbarkeit“, sagt Katja Petrilos mit einem Lächeln. Auch einige Kolleginnen nähten in ihrer Freizeit jetzt selbst einfache Masken, um damit die professionelle Schutzausrüstung zu ergänzen.

"Wir dürfen jetzt nicht auf Null runterfahren"

Und so ist für die Pflegdienstleiterin eines wesentlich: „Wir dürfen jetzt nicht auf Null runterfahren“, betont sie. Das Ahorn-Karree sei die Zukunft, mit einem Angebot für die Bewohner weit über die Regelversorgung hinaus. Man wolle etwa die Kapelle gut ausstatten und die Sinnesgärten abwechslungsreich gestalten. „Dafür ist und bleibt eine Unterstützung durch Spenden von großer Bedeutung“, sagt Katja Petrilos. Denn auch, wenn im Moment vieles stillzustehen scheine, eines sei gewiss: „Der Tag wird kommen, an dem wir all das hinter uns haben und wir gemeinsam das Ahorn-Karree mit Leben füllen.“

Weitere Infos rund ums Spendenprojekt Ahorn-Karree unter www.ahorn-karree.de

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