Die Werbewirtschaft in Deutschland erwirtschaftete 48 Mrd. Euro in 2019, dies bedeutet einen Spitzenwert im langjährigen Vergleich. Die im Gesamtwert enthaltenen Investitionen in Werbung erzielten 34,9 Mrd. Euro, die Nettodaten nach neuer ZAW-Nettosystematik verbuchten 25 Mrd. Euro. 900.000 Beschäftigte waren in der Werbewirtschaft tätig. In 2020 wird es aufgrund der Corona-Pandemie und ihrer Folgen allerdings einen veränderten Werbemarkt geben. Der ZAW und seine Mitglieder mahnen daher ein Belastungsmoratorium von Seiten der Politik an.

Das Werbejahr 2019: Gesamtmarkt und BIP

Die von der Branche erhobenen (originären) Werbedaten untermauern die größtenteils gute Werbekonjunktur in 2019: Sie steht für Gesamtinvestitionen von 48,3 Mrd. Euro und damit einen Anteil am BIP von 1,4 Prozent. Der Wert setzt sich zusammen aus den medienbasierten Investitionen in
Werbung (34,9 Mrd. Euro), inklusive der Netto-Werbeeinahmen erfassbarer Werbeträger (25,0 Mrd. Euro), sowie den weiteren Formen kommerzieller Kommunikation (13,4 Mrd. Euro). Mit diesem Beitrag zur volkswirtschaftlichen Gesamtbilanz liegt die Werbewirtschaft mit anderen bedeutenden Branchen wie beispielsweise dem deutschen Pharmamarkt (46 Mrd. Euro Umsatz) und der Software- und Games-Industrie (45 Mrd. Euro Umsatz) auf Augenhöhe.

Ausgehend von dem Hebel, den Werbeinvestitionen beim Bruttoinlandsprodukt in Gang setzen (DIW-Econ-Studie „Gesamtwirtschaftliche Effekte der Werbung“ 2016 im Auftrag von ZAW und GWA), resultiert dies für 2019 in einem um 2,0 Mrd. Euro höheren BIP aufgrund des werbewirtschaftlichen Wachstums von 2,9 Prozent. Dieser Befund ist wirtschaftspolitisch bedeutender denn je, weil aufgrund der Corona-Krise die deutsche Wirtschaft in besonderer Weise auf wertschöpfende Investitionen und effektive Treiber für den Markterfolg von Produkten und Innovationen angewiesen ist.

Der ZAW-Präsident, Andreas F. Schubert, bilanziert 2019 und adressiert dabei zugleich in Richtung Politik: „Die Werbewirtschaft stellt den Transmissionsriemen für den Erfolg der deutschen Wirtschaft. Investitionen in die Marktkommunikation bedeuten Wettbewerb und sichern ein angemessenes Preisniveau, sie schaffen Wachstum und verhelfen Innovationen zum Markterfolg. Die Werbewirtschaft ist beschäftigungsintensiv – mit vielfach qualifizierten Jobs mit digitaler Perspektive. Die Vielfalt der Medienangebote sowie Sport und Kultur sind ohne die Wertschöpfung der Werbewirtschaft nicht denkbar – und für die Mehrheit der Haushalte auch nicht finanzierbar. Die Bedeutung guter politischer und regulativer Rahmenbedingungen für die Branche – dies wird die Corona-Krise zeigen – wird zukünftig noch größer.“

Werbedaten 2019 im Detail

Während die Investitionen in Werbung mit 34,9 Mrd. Euro ein Plus von 2,8 Prozent für 2019 erzielten, verbuchten die Daten für die weiteren Formen kommerzieller Kommunikation ein Plus von 3,1 Prozent auf 13,4 Mrd. Euro (2018: 13,0 Mrd. Euro). Der Anstieg bei den Investitionen in Werbung resultierte auch aus dem Plus bei den Netto-Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger mit 0,2 Prozent auf rund 25 Mrd. Euro, die etwa 70 Prozent der Investitionen in Werbung ausmachen.

Neue ZAW-Nettosystematik

Erstmals stellt der ZAW eine neue Nettosystematik für 2019 sowie rückwirkend für 2018 vor, die eine Modernisierung und Weiterentwicklung der bisherigen ZAW-Statistik darstellt. Das Ziel: eine transparentere Abbildung der Einnahmestrukturen und eine genauere Marktdarstellung, besonders hinsichtlich der Größe der digitalen Werte. „Mit der überarbeiteten Darstellung des Gesamtmarkts und der Modernisierung der ZAW-Nettostatistik hat die Werbewirtschaft die Aussagekraft und Verlässlichkeit ihrer zentralen Datenbasis klar gestärkt – auch im internationalen Vergleich. Dafür danken wir unseren Mitgliedern, die diesen Schritt mit uns gegangen sind und ihn erst ermöglicht haben. Wir werden die für den Markt als auch für den evidenzbasierten Dialog mit der Politik so wichtige gesamthafte Darstellung auch zukünftig weiterentwickeln und ihre Bedeutung stärken“, resümiert Bernd Nauen, Hauptgeschäftsführer des ZAW. 

Die Nettodaten der Medien als Werbeträger umfassen jetzt die Kategorien Internet, Fernsehen | Bewegtbild, Print, Direktwerbung, Außenwerbung, Radio | Audio und Kinowerbung. Die Struktur der vom ZAW erfassten Werbeträger und die Beiträge ihrer jeweiligen Segmente sind hiernach transparenter. Wichtige Treiber der werbekonjunkturellen Entwicklung wie In-Stream-Werbung und die Anteile digitaler Werbeerlöse werden nunmehr deutlich. 

Die Netto-Werbeeinnahmen 2019 belaufen sich in 2019 insgesamt auf 25,02 Mrd. Euro (Vorjahr: 24,98 Mrd. Euro), ein Plus von 0,2 Prozent. Vorn liegen die Internetwerbung mit 8,99 Mrd. Euro, vor der Printwerbung mit insgesamt 8,38 Mrd. Euro und Fernsehen | Bewegtbild mit 5,18 Mrd. Euro. (s. auch beigefügte Grafik). Fünf der sieben Segmente verzeichneten Zuwächse: Internet, Fernsehen | Bewegtbild, Außenwerbung, Radio | Audio sowie das Kino.

Der Trend der letzten Jahre setzt sich dabei fort: Immer mehr Budgets werden in die digitalen Kanäle verlegt, wenngleich die Investitionen in nicht digitale Werbeformen bezogen auf den Gesamtmarkt und innerhalb der jeweiligen Werbeträger monetär weiterhin überwiegen. Sie stellen weiterhin 63 Prozent der Netto-Werbeerlöse. Die prozentualen Veränderungen belegen zugleich, dass Wachstumschancen in erster Linie – eine Ausnahme stellt das Kino dar – über die digitalen Erlöse realisiert werden. In-Stream-Werbung (Audio- und Video) und die digitale Außenwerbung liegen dabei klar vorne, aber auch die digitalen Erlöse der Verlage sind auf Wachstumskurs. Insgesamt liegt der Anteil der digitalen Werte an der Netto-Statistik bereits bei 37 Prozent.

Der Internet-Werbemarkt: Das Konzentrationswachstum setzt sich fort

Der Wettbewerb um „digitale Werbebudgets“ der werbenden Unternehmen ist, wie Marktbefragungen, Expertenbefragungen und die Auswertung von Sekundärquellen durch den ZAW belegen, bereits in einem außergewöhnlichen Maß konzentriert. Ein Großteil der Werbeeinnahmen in diesem Sektor entfällt auf wenige Log-In-Plattformen und Intermediäre, die zentrale strategische Positionen der digitalen Wirtschaft besetzt haben und mit ihren Geschäftsmodellen prägen (Browser, Betriebssysteme, App-Stores, Intermediäre). Sie entscheiden maßgeblich über den Datenzugang sämtlicher Marktteilnehmer in der Wertschöpfungskette und vereinnahmen hierüber den allergrößten Anteil des Wachstums im Online-Werbemarkt. Diese Entwicklung droht nach ZAW-Recherchen zukünftig weiter beschleunigt zu werden. Der ZAW fordert deshalb einen klaren Kurs der Politik in Deutschland und auf europäischer Ebene. Erstens: Bei der Datenschutzregulierung dürfen die Log-In-Plattformen nicht bevorzugt werden. Es wäre in jeder Hinsicht fatal, wenn der bestehenden Vormachtstellung der Plattformen weitere Vorteile durch den Gesetzgeber zugespielt würden. Zweitens: Wegen der herausragenden Bedeutung datenbasierter Refinanzierungsmöglichkeiten und den besonderen ökonomischen Bedingungen digitaler Märkte sollte das Wettbewerbsrecht Behinderungen beim Zugang und der Verarbeitung werbewirtschaftlich relevanter Informationen schneller und effektiver als bislang möglich verhindern. Die Vorschläge der GWB-Novelle gehen in die richtige Richtung, sind aber noch nachzubessern.

Covid19 und das Werbejahr 2020

Die Viruspandemie hat weltweit und auch in Deutschland eine nie da gewesene Situation geschaffen. Die Werbewirtschaft ist von den schlechten Konjunkturdaten und den Maßnahmen gegen Covid19 in besonderer Weise betroffen: Von den Werbeträgern, die der ZAW jährlich erfasst und ausweist, mussten zunächst zwei einen Komplettstillstand vermelden – Kino und Sponsoring –, auch der Messe-, Kongress- und Veranstaltungssektor brach nahezu komplett ein. Die anderen Werbeträger sind bislang unterschiedlich stark, durchweg aber besorgniserregend von der Covid19-Krise beeinträchtigt.

Für den Monat März, mit Beginn der Schutzmaßnahmen, gab es nach ZAW-Informationen bereits Werbereduktionen zwischen 30 bis 80 Prozent je nach Werbeträger und Segment, im April war ein Rückgang der Werbung über alle Medien hinweg von mindestens rund 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu verzeichnen. Der Stellenmarkt der Werbewirtschaft verlief in den Monaten Januar bis März weitgehend normal, brach dann aber im April aufgrund der Corona-Krise um rund 50 Prozent ein, wie die ZAW-Trendanalyse ergab.

ZAW-Schätzung für 2020: Prognose und Stimmungslage

Für das Gesamtjahr 2020 geht der ZAW vorläufig von einem Rückgang der Werbeinvestitionen von im günstigeren Verlauf -10 und im weniger optimistischen Verlauf -20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus – unter den Voraussetzungen, dass es keine zweite Covid19-Welle gibt, die wirtschaftspolitischen Maßnahmen, für deren effektive Ausgestaltung sich der Spitzenverband intensiv einsetzt, greifen und sich die konjunkturelle Starre – auch bei der Konsumstimmung – auflöst. In der ZAW-Schätzung berücksichtigt ist, dass sich die Corona-Krise unterschiedlich auf die Gattungen auswirkt, zusätzlich sind die Entwicklungen innerhalb einzelner Werbeträger divers. Darüber hinaus gibt es durchaus auch Werbeträger, die von der Krise nicht negativ betroffen sind oder bei denen erste Anzeichen einer Erholung vorliegen. Besonderes Augenmerk wird dabei darauf zu legen sein, inwiefern durch die Corona-Krise die Markt- und Vormachtstellung der digitalen Plattformen zusätzlich weiter anwächst. 

Die Stimmung in der Werbebranche ist angespannt bis schlecht, wie die aktuelle ZAW-Blitzumfrage seiner Mitglieder zu Corona ergab. Mit dem Wert 3,1 ist er noch schlechter als zu Zeiten der Finanzkrise Anfang 2009 mit 3,3 (Skalierung von 1 bedrohlich bis 8 ausgezeichnet), 2019 hatte er noch bei 4,7 gelegen (2019/2). Aktuell setzt die Werbebranche im Allgemeinen und die Werbeträger/Medien im Besonderen, darauf, dass mindestens zwei Quartale in 2020 die Schäden zumindest teilweise begrenzen.

Die ZAW Politik in der Krise und darüber hinaus:

Um die Perspektiven der Branche zu verbessern, setzt sich der ZAW zusammen mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft u.a. für steuerpolitische Maßnahmen zur Liquiditätssicherung der Unternehmen ein. Die Vorschläge der Organisation zur Stärkung von werbewirtschaftlichen Investitionen zielen auf eine effektive Ausgestaltung der von der Bundesregierung für die zweite Jahreshälfte geplanten konjunkturellen Maßnahmen ab. Andreas F. Schubert mahnt überdies eine krisenadäquate Werbepolitik an: „Deutschland und Europa brauchen einen durchsetzungsstarken Belastungs-TÜV. Es muss sichergestellt sein, dass geplante Regelungen, die hemmende Wirkung entfalten, aussortiert werden. Ein solches Belastungsmoratorium wird sich auch gesamtwirtschaftlich auszahlen und als vertrauensbildendes Signal nationaler und europäischer Politik verstanden werden. Die Datenschutzregulierung in Brüssel und Berlin ist hierfür der erste Lackmustest.“

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