In der Ausstellungsreihe „Ortstermin“ widmet sich das Kunstmuseum Villa Zanders in diesem Jahr zwei künstlerischen Positionen, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten. Auf den zweiten Blick eröffnet sich aber eine erstaunliche Parallele zwischen den sinnlichen Buntstiftzeichnungen von Jutta Dunkel (*1958 in Neuss) und den sachlich-dokumentarischen Fotografien des Becher-Schülers Martin Rosswog (*1950 in Bergisch Gladbach): Sie beide dokumentieren Zeit – also das, was irgendwann einmal gewesen sein wird.

Seit den 1980er Jahren hat sich Martin Rosswog in verschiedenen fotografischen Langzeitprojekten der systematisch-dokumentarischen Beschreibung dessen gewidmet, was ihm angesichts des unerbittlichen Fortschreitens der Zeit als besonders bewahrenswert scheint. Sein übergeordnetes Thema ist dabei die menschliche Existenz. Oder genauer noch, die Suche nach grundlegenden Gemeinsamkeiten, die nicht nur in den Menschen selbst, sondern vor allen Dingen in ihrem Umfeld in Erscheinung treten, in Innen-, Außen- und Siedlungsräumen. So zum Beispiel in den Serien zu einer Roma-Siedlung in Siebenbürgen und der Neubausiedlung um den Dortmunder Phoenixsee.

Besonders reizvoll ist dabei Rosswogs Dokumentation von 30 Bergisch Gladbacher Urgesteinen der Nachkriegszeit – darunter z.B. Katharina Schmitter, Ludwig Krämer, Franz Potthoff und Margarethe Zanders – die er Mitte der 1980er Jahre in Bildern und Texten portraitierte, um ein Stück identitätsstiftende Zeitgeschichte seiner Heimatstadt zu bewahren. Ein weiteres Heimspiel feiert Rosswogs Serie der „Bergischen und Oberbergischen Interieurs“ aus der Werkgruppe Heritage, die sich traditionellen Wohngebäuden in ländlichen Gegenden Europas widmet und – bedingt durch das sukzessive Verschwinden der Motive – inzwischen eindeutig „einmal gewesen ist“. Rosswogs strikte Systematik lenkt den Blick nicht nur auf vergleichbare Muster menschlicher Wohnformen, sondern auch auf das enge Beziehungsgeflecht von Menschen, Orten und kollektiven Erinnerungen in dem Begriff „Heimat“.

Die Bergisch Gladbacher Künstlerin Jutta Dunkel ist nicht weniger eine Dokumentaristin von Zeit, hat allerdings nicht zuletzt durch ihr Medium – die Buntstiftzeichnung – einen völlig anderen Zugang zu diesem Thema gefunden. Insbesondere in ihren Zeichnungen aufgeschnittener Früchte, an denen schon die Spuren des organischen Verfalls sichtbar werden, fixiert sie flüchtige Momente, die im starken Kontrast zu der beachtlichen Produktionsdauer einer mehrschichtigen Buntstiftzeichnung stehen. Dabei folgt sie einer beeindruckenden Ästhetik, bei der die Betrachtenden durchaus nicht nur Schönheit und Harmonie empfinden sollen, sondern auch von Ekel oder Unbehagen überkommen werden dürfen – ambivalente Gefühle, die durch die Abstraktion der Zeichnungen und das bewusste Spiel mit Orientierung und Bildausschnitten noch gesteigert werden.

Zu sehen ist erstmals ein umfassender Überblick über Jutta Dunkels Werk. Die im-Vergehen-begriffenen Früchte der Serie Polymorph mögen zwar an die Tradition der Memento mori-Motive erinnern, sind im Kern jedoch Andachtsbilder einer ganz anderen Art: Statt sich der eigenen Vergänglichkeit bewusst zu werden und dies als beängstigend zu empfinden, fordern sie eher dazu auf, sich im positivsten Sinne mit «Zeit» und dem Leben im Hier und Jetzt auseinanderzusetzen. Daneben stehen die Serien Heimkehr, geträumt und Nahverkehr, in denen die Künstlerin an Ortserfahrungen gekoppelte Erinnerungen untersucht. 

In verschiedenen Themenbereichen betrachtet die Ausstellung das Spannungsfeld dieser beiden künstlerischen Positionen, dokumentarischen Beweggründe und technischen Umsetzungen. Dabei will sie dazu einladen, sich bei der Betrachtung dessen, was einmal gewesen sein wird, auf das assoziative Spiel der eigenen Erinnerung mit der Kunst einzulassen und – statt in Wehmut über unabwendbare Verluste zu verfallen – vergegenwärtigte Vergangenheit als Ressource für das zu denken, was einmal werden wird.

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