Aktuelle Proteste gegen strukturelle Gewalt legen die Bruchlinien der Geschichtsschreibung offen: Wie wird moderne und imperiale Geschichte geschrieben, erinnert und in Stellung gebracht? Während an manchen Orten Sklavenhalter-Statuen stürzen, wird andernorts mit beklemmendem Eifer an der Rekonstruktion imperialer Symbole und der entsprechenden politischen Metaphorik gearbeitet. Die Notwendigkeit eines Perspektivwechsels auf die gesamte Neuzeit und Moderne verbindet die Positionen in der Ausstellung Errata, ausgehend von der europäischen Renaissance und dem frühen Kapitalismus.

Der Titel Errata ist eines größeren Projekts der Theoretikerin und Filmemacherin Ariella Aïsha Azoulay entliehen, die die Gewalt durch imperiale Grenzziehungen thematisiert ebenso wie das bisher wenig beachtete Verhältnis zwischen dokumentierten kulturellen Artefakten einerseits und undokumentierten, papierlosen Migrant*innen andererseits. Der im HKW gezeigte Teil ihrer Arbeit ist ein Archiv von „imperialien Publikationen“, wie sie sie nennt, das die Verstrickung von Museumssammlungen in Raubbau und Gewalt thematisiert. Azoulay bezeichnet ihre Arbeit als Intervention in die imperiale Grammatik fotografischer Archive und als eine Folge von „Übungen“ nicht-imperialen Verstehens mit dem Ziel einer Politik von Restitution und Reparatur.

Die Filmarbeit Never Settle von New Red Order (NRO) präsentiert sich als Rekrutierungskampagne für eine öffentliche Geheimgesellschaft, die Bemühungen um Solidarität und das Verlangen nach indigenen Epistemologien auf satirische und doch ernsthafte Weise hinterfragt. Das Video Culture Capture: Crimes Against Reality von NRO verwandelt mittels ritualisierter, fotogrammetrischer Erfassung und virtueller Manipulation Denkmäler in metastasierendes Fleisch und schafft Raum für indigene Zukünfte.

Organisiert von Anselm Franke

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