Es wird begrapscht und Rollen auf dem Sofa vergeben: Die internationale Filmindustrie hat sich in den letzten Jahren von ihrer schäbigen Seite gezeigt. Und wahrscheinlich sind die #MeeToo-Fälle nur die Spitze eines Eisberges. Darunter herrscht, so die Annahme, ein intransparentes Geflecht aus verdeckten Abhängigkeiten, unfairer Entlohnung und Kungelgruppen, die um Fördergelder konkurrieren. In der Filmindustrie geht es also ungerecht und unfair zu. Das ist in der Branche zwar ein offenes Geheimnis, doch Genaues weiß man nicht.

Licht in dieses Dunkel bringt jetzt ein internationales Forschungsprojekt, das im Rahmen des ORA Six Calls gefördert wird. Die Open Research Area basiert auf einer Vereinbarung zwischen der Agence Nationale de la Recherche (ANR; Frankreich), der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG; Deutschland), dem Rat für Wirtschafts- und Sozialforschung (ESRC; UK) sowie dem Forschungsrat für Sozial- und Geisteswissenschaften (SSHRC; Kanada) mit dem Ziel, internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sozialwissenschaften zu stärken. Fünf Medienforscher*innen der Universitäten Rostock, Glasgow/Großbritannien, Edmonton/Kanada und Melbourne/Australien erhalten über diese Förderlinie 1.47 Millionen Euro und drei Jahre Zeit, um die bislang wenig beforschten (Arbeits-)Zustände in der Filmindustrie genauer zu untersuchen.

Prof. Dr. Skadi Loist, Juniorprofessor*in für Produktionskulturen in audiovisuellen Medienindustrien an der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF, leitet das Gesamtprojekt, dessen Forschungsergebnisse zu mehr Transparenz und Fairness in der Branche sowie zu einer gerechteren Vergabe von Fördermitteln beitragen sollen.

Dafür werden die Forscher*innen nicht nur statistische Daten zu Arbeitsplätzen und Finanzen zusammentragen, sondern auch persönliche Beziehungen der Filmschaffenden untereinander messen, ihre sozialen Netzwerke analysieren und kulturelle Kontexte der Beteiligten rekonstruieren. Das wird in einer riesigen Big-Data-Datenbank zusammengeführt, die anschließend mit den neuesten mathematischen Methoden multifaktoriell durch schnelle Rechner tranchiert und visuell aufbereitet wird. Erstmalig in der Medienforschung sollen dabei qualitative Expert*innen-Interviews und die sozialen Beziehungen der Branche mit Wirtschafts- und Finanzdaten kombiniert werden. Damit wird ein umfassendes Bild des Feldes ermöglicht. Methodisch ist dieses innovative Design von Big-Data- und Netzwerk-Methoden zukunftsträchtiges Neuland.

„Das globale Ausmaß der Ungleichheit der Geschlechter erfordert einen global skalierten Forschungsansatz. Ich freue mich sehr, mit einem internationalen Team renommierter Forscherinnen zusammenzuarbeiten, das verschiedene methodische, nationale und fachliche Erfahrungen integriert, um gegen die beharrliche Ungleichheit der Geschlechter in der Filmbranche anzugehen", so Skadi Loist über das Vorhaben.

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