Mehr als 80 Millionen Menschen sind aktuell weltweit auf der Flucht – und damit fast so viele Menschen wie Deutschland Einwohner hat. Ein Allzeitrekord, verschärft durch die Corona-Pandemie: So waren diese Menschen, die in vielen Ländern im informellen Sektor arbeiten und von sozialen Sicherungen ausgeschlossen sind, besonders hart von dem wirtschaftlichen Rückgang durch die Krise betroffen. Im Vergleich zum Vorjahr sind knapp zehn Millionen Menschen mehr auf der Flucht. Denn während bei den Langzeitkonflikten im Jemen oder in Syrien kein Frieden in Sicht ist, eskaliert die Situation in der afrikanischen Sahel-Zone, und es entstehen neue Brandherde wie aktuell in Äthiopien. Die UNO-Flüchtlingshilfe, der deutsche Partner des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR), appelliert daher an die Zivilgesellschaft, Menschen auf der Flucht gerade jetzt im Winter nicht allein zu lassen. Neben der akuten Nothilfe brauchen die Flüchtlinge weltweit eine Perspektive für eine bessere Zukunft.

Peter Ruhenstroth-Bauer, Geschäftsführer der UNO-Flüchtlingshilfe: „Corona hat 2020 weltweit die Lebensrealität der Menschen verändert, für viele der 80 Millionen Menschen auf der Flucht kommt jetzt der pure Überlebenskampf an erster Stelle. Diese Menschen dürfen wir nicht alleine lassen.“ Für 2020 lag der Bedarf des UNHCR bei 9,1 Milliarden US-Dollar, um den Geflüchteten weltweit zu helfen. Doch bis Anfang Dezember standen nur rund die Hälfte der benötigten Gelder zur Verfügung. 

Weitgehend unbeachtet von der Weltöffentlichkeit entwickelte sich die Krise in der Sahelzone 2020 mit Ländern wie Mali, Tschad oder Niger dramatisch: Fast 3,6 Millionen Menschen sind dort derzeit auf der Flucht. Etwas weiter östlich führt ein innerstaatlicher Konflikt in Äthiopien aktuell dazu, dass innerhalb weniger Wochen mehr als 53.000 äthiopische Flüchtlinge die Grenze zum Sudan überquert haben. Der UNHCR war direkt vor Ort und konnte unmittelbar mit mehr als 6.000 Familienzelten, 80.000 Decken und 25.000 Schlafmatten den Menschen auf der Flucht helfen. Im Sudan werden jedoch dringend mehr Ressourcen benötigt, um lebensrettende Hilfe zu leisten, einschließlich Nahrungsmitteln, Wasser, sanitären Einrichtungen und medizinischer Versorgung.

In Europa lösten die Brände im Flüchtlingscamp Moria, das im September vollständig zerstört wurde und über 12.000 Schutzsuchende obdachlos gemacht hat, Bestürzung aus. Die Situation der Schutzsuchenden in Bosnien spitzt sich aktuell weiter zu. An Europas tödlichster Grenze, im Mittelmeer, sind auch in diesem Jahr mehr als 1.000 Tote oder vermisste Menschen zu beklagen. Gleichzeitig hat es eine beeindruckende Solidaritätswelle der deutschen Zivilgesellschaft gegeben. Die Botschaft der Zivilgesellschaft, so Peter Ruhenstroth-Bauer, ist eindeutig: „Eine solch unwürdige Behandlung von Schutzsuchenden darf es in einem Europa mit seinen Werten wie Humanismus und Frieden schlichtweg nicht geben.“

Verstärkte internationale Solidarität und Hilfe sind auch in einem Konflikt nötig, der länger dauert als beide Weltkriege zusammen: Ungefähr 12 Millionen Syrer*innen hat der andauernde Bürgerkrieg zu Flüchtlingen oder zu Vertriebenen innerhalb ihres Landes gemacht. Sie bilden damit die größte Flüchtlingsgruppe der Welt. Bestandteile des UNHCR-Winterprogramms sind u.a. Bargeldhilfen für besonders schutzbedürftige Familien, damit sie ihren täglichen Lebensbedarf zusätzlich mit speziell für die kalte Jahreszeit benötigten Gütern bestreiten können.

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