Das BIK verurteilt den Austritt der Türkei aus der Istanbul-Konvention scharf und fordert Konsequenzen für die deutsch- bzw. europäisch-türkischen Beziehungen. Das „Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt”, die sogenannte Istanbul-Konvention, ist das Ergebnis jahrzehntelanger Bemühungen der Frauenbewegung, um Gewalt gegen alle Frauen und Mädchen auf jeder Ebene zu bekämpfen.

Die Befürchtungen der letzten Monate haben sich nun bewahrheitet. Präsident Erdoğan hat ein Dekret unterzeichnet, mit dem die Türkei aus der Istanbul-Konvention verfassungswidrig ausscheiden will. Auch innerhalb der EU gibt es Staaten, die eine Ratifizierung der Konvention auf Eis gelegt haben oder erwägen, aus der Konvention auszutreten. Dies ist das Ergebnis einer schon seit Jahren schwelenden Entwicklung, die darauf abzielt die Rechte von Frauen und Mädchen auf ein gewaltfreies Leben massiv einzuschränken. Der Kampf von Frauen für Gleichstellung und Selbstbestimmung ist durch das Wiedererstarken patriarchaler, nationalistischer und autoritärer Strömungen und Politik vehementen Angriffen ausgesetzt.

Deutschland und die EU müssen nun dafür sorgen, dass diese Entwicklung nicht von anderen Ländern innerhalb der EU übernommen wird. Die Verwirklichung ihrer in der Istanbul-Konvention verbrieften Rechte darf den Frauen und Mädchen in der Türkei nicht verwehrt werden, dafür müssen sich Deutschland und die EU stark machen.

In Solidarität mit der Frauenbewegung, den Frauen und den aktuell besonders angegriffenen LBTIQ* und geflüchteten Frauen in der Türkei appelliert das BIK an die Bundesregierung:

  • Im Rahmen des aktuellen Vorsitzes des Ministerkomitees des Europarates die Türkei aufzufordern, diesen Schritt unverzüglich rückgängig zu machen.
  • Sich als aktuelles Mitglied der EU-Triopräsidentschaft ohne Verzug dafür einzusetzen, dass der Austritt der Türkei Konsequenzen für die deutschen und EU-Beziehungen mit der Türkei haben muss. Die Menschenrechtsverletzungen und antidemokratischen Entwicklungen des Landes dürfen nicht länger ignoriert werden.
  • Jeder weiteren Bestrebung anderer Unterzeichnerstaaten, wie beispielsweise Polen oder Ungarn, das Abkommen zu blockieren oder auszutreten entschieden entgegenzuwirken.
  • Die Ratifizierung der Konvention auf EU-Ebene und in allen EU-Mitgliedstaaten sowie die konsequente und vorbehaltlose Umsetzung – auch in Bezug auf den Artikel 59 und damit den bedingungslosen Schutz von geflüchteten Frauen vor Gewalt –  in Deutschland voranzutreiben.

Im Bündnis Istanbul-Konvention haben sich 2018 führende Frauenrechtsorganisationen, Bundesverbände und Expert*innen mit dem Arbeitsschwerpunkt Gewalt gegen Frauen und Mädchen in Deutschland zusammengeschlossen. Ziel des Bündnisses ist es, die Umsetzung der Istanbul-Konvention in Deutschland zu begleiten und voranzutreiben sowie das öffentliche Bewusstsein für die Rechte und Pflichten, die sich aus der Konvention ergeben, zu stärken. Mehr Informationen unter www.buendnis-istanbul-konvention.de.

Mitgliedsorganisationen: BAG Autonome Mädchenhäuser, BAG FORSA e.V., BAG kommunaler Frauenbüros, BAG Täterarbeit Häusliche Gewalt e.V., BAG Wohnungslosenhilfe e.V., bff – Frauen gegen Gewalt e.V., BIG e.V., BVFeSt e.V., CORA – stark machen e.V., DaMigra e.V., Deutscher Frauenrat e.V., djb e.V., Frauenhauskoordinierung e.V., GESINE Intervention e.V., JUMEN e.V., KOK e.V., medica mondiale e.V., MIA e.V.i.G, S.I.G.N.A.L. e. V., Weibernetz e. V., Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser

Beratende Expert*innen: Prof. Dr. Ariane Brenssell, Ostfalia Hochschule Braunschweig/Wolfenbüttel; Karin Heisecke, politische Beraterin und Expertin zu Gewalt gegen Frauen; Dr. Monika Schröttle, Forschungs- und Beobachtungsstelle Geschlecht, Gewalt, Menschenrechte (FOBES) am Institut für empirische Soziologie, Nürnberg

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