Angesichts der Debatte um die Notwendigkeit einer Ergänzungsstation für den in Bau befindlichen Stuttgarter Hauptbahnhof im Rahmen des Projektes Stuttgart 21 lohnt ein Blick zurück in die Vergangenheit, findet der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD). „Eisenbahninfrastruktur ist teuer und langlebig, deshalb muss vorausschauend der Bedarf der nächsten 100 Jahre abgeschätzt werden und dürfen nicht nur Prognosen für die nächsten 5 Jahre berücksichtigt werden“, so VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb.  

Der Bau des heutigen Stuttgarter Hauptbahnhofs wurde nach einer mehrjährigen politischen Debatte beschlossen und vor rund 100 Jahren in Betrieb genommen. Noch während des Baus von 1914 bis 1922 wurden die Pläne modifiziert. Die Zahl der Bahnsteiggleise wurde von 14 auf 16 erhöht, um der steigenden Einwohner- und Pendlerzahl gerecht zu werden. Rund 95 Jahre lang konnte der Hauptbahnhof so den Anforderungen genügen, erst in den letzten Jahren und durch die Baumaßnahmen sank die Pünktlichkeit ab, so der VCD. 

„Auch heute haben sich während des Baus von Stuttgart 21 die Anforderungen an die Leistungsfähigkeit des Eisenbahnknotens Stuttgart erhöht. Der Klimaschutz erfordert einen deutlich leistungsfähigeren öffentlichen Verkehr mit kurzen Taktzeiten nicht nur bei der S-Bahn, sondern auch im Regional- und Fernverkehr“, stellt VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb fest und ergänzt: „In Stuttgart kommt als Erschwernis noch hinzu, dass die Stadt Stuttgart die Eisenbahnflächen zukünftig bebauen will, so dass spätere Erweiterungen der Eisenbahninfrastruktur nahezu ausgeschlossen sind oder extrem teuer werden. Deshalb muss jetzt rechtzeitig Vorsorge getroffen werden, indem entweder Teile des oberirdischen Kopfbahnhofs samt seiner Zulaufstrecken erhalten bleiben oder indem eine unterirdische Ergänzungsstation realisiert wird“. Zumal der VCD zur Herstellung der gleichen Sicherheit beim schräg geneigten Tiefbahnhof behördliche Auflagen erwartet, die die Kapazität des neuen Bahnhofs einschränken werden. 

Mit den Planungen zur zweigleisigen Wendlinger Kurve und zur Erweiterung des Nordzulaufs auf Stuttgart und den Überlegungen zu einer Stärkung der Gäubahn werden aus Sicht des VCD zu Recht die Zulaufstrecken nach Stuttgart ertüchtigt. Dies müsse dann aber auch Konsequenzen im Knoten Stuttgart selbst haben, indem die Zahl der Bahnhofsgleise ergänzt werde, fordert der VCD. Da dies im Durchgangsbahnhof nicht möglich sei, könnten nur in Form einer zusätzlichen Station die notwendigen weiteren Bahnsteiggleise geschaffen werden.

„Es ist ein Schildbürgerstreich erster Güte, für rund 12 Mrd. € einen neuen Stuttgarter Hauptbahnhof samt Schnellfahrstrecke nach Ulm zu bauen, um dann kurz nach Inbetriebnahme festzustellen, dass der Bahnhof an der Kapazitätsgrenze ist und erweitert werden müsste, dies aber nicht mehr möglich ist, da die Stadt Stuttgart die Flächen bebaut hat und auch im Untergrund Parkgaragen für Autos eine Erweiterung der Eisenbahninfrastruktur verhindern“, bemerkt Matthias Lieb. Der VCD fordert deshalb eine ernsthafte Diskussion über die Chancen und Notwendigkeiten des Erhalts von bestehender Eisenbahninfrastruktur und des Zubaus weiterer Elemente wie einer Ergänzungsstation. 

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