Für die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister der deutschen Städte bleiben Klimaschutz und Mobilität trotz Pandemie die wichtigsten Themen. Eine deutliche Trendänderung zeigt das OB-Barometer 2021 des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) beim Thema Innenstadtentwicklung, das stark an Bedeutung gewinnt.

Das diesjährige OB-Barometer des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu) steht im Zeichen der Coronapandemie. So überrascht es nicht, dass die Stadtspitzen auf die Frage nach den momentan wichtigsten Themen für Städte die Bewältigung der Krise und ihrer Folgen mit 69 Prozent am häufigsten nannten. Einen erneuten Bedeutungszuwachs verzeichneten die Themen „Klima, Energie, Nachhaltigkeit“ mit 45 Prozent. Sieht man von der Sondersituation Corona ab, so stände „Klima“ aktuell sogar auf Platz 1. Bei diesem Politikfeld zeigte sich bereits 2020 ein starker Bedeutungszuwachs, 2021 schätzten die Stadtspitzen es sogar nochmals wichtiger als im Januar/Februar 2020 ein. Aber auch bei der Frage nach den wichtigsten Themen für die Zukunft nannten 53 Prozent der OBs „Klima, Energie, Nachhaltigkeit“ vor Mobilität (50 Prozent) und Digitalisierung (37 Prozent).

Dass Klimaschutz und Mobilität momentan und mit Blick auf die Zukunft als so wichtig eingeschätzt werden, unterstreicht den großen Stellenwert, den die Stadtspitzen Umweltfragen einräumen. „Die spannende Frage, ob Corona das Thema Klimaschutz in den Hintergrund drängt oder für eine zusätzliche Sensibilisierung sorgt, scheint in den deutschen Städten entschieden. Die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister wollen ihre Stadt klimagerecht und mit einer angepassten Mobilität in die Zukunft entwickeln“, kommentiert Difu-Institutsleiter Prof. Dr. Carsten Kühl die Ergebnisse des aktuellen OB-Barometer 2021.

Eine deutliche Trendänderung offenbart das OB-Barometer 2021 beim Thema „Innenstadtentwicklung“. Hier sehen die Stadtspitzen aktuell und für die Zukunft einen starken Bedeutungszuwachs: Das Thema gewann in den letzten Jahren durch den zunehmenden Onlinehandel Aufmerksamkeit. Die Corona-Pandemie hat diesen Trend massiv verstärkt: Immer mehr Ladenlokale schließen, mehr Büros bleiben leer, seit viele Menschen aus dem Homeoffice arbeiten, und auch die Kulturszene musste in den digitalen Raum ausweichen – viele Innenstädte verlieren an Aufenthaltsqualität. Die Innenstädte stehen vor einem gewaltigen Umbruch, der die Kommunen vor große Herausforderungen stellt. Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, sagt: „Wir brauchen mehr Vielfalt, über den Handel hinaus. Deshalb arbeiten die Städte an neuen Konzepten für Innenstädte und Stadtteilzentren: Wir wollen mehr Platz für Begegnung, Grün, Kultur, Sport, Handwerk und Wohnen. Damit das gelingt, brauchen wir ein Förderprogramm Innenstadt des Bundes.“

Die Digitalisierung gehört weiter zu den TOP-Themen, hat jedoch keinen erneuten Bedeutungsgewinn auf kommunaler Ebene erfahren. Dies liegt vermutlich an den Anforderungen und bereits gemachten Erfahrungen und Veränderungen während der Coronapandemie. Die Themen Smart City, Wohnungsbau und Finanzen sind weiterhin unter den wichtigsten aktuellen Handlungsfeldern zu finden. Der Finanzlage der Kommunen wird dabei keine stärkere Dringlichkeit beigemessen, was daran liegen könnte, dass die Städte diese aufgrund fiskalischer Kompensationsmaßnahmen des Bundes und der Länder etwa so einschätzen wie in den beiden Vorjahren. „Aus den Ergebnissen der Befragung wird aber auch deutlich, dass die Einschätzung der Finanzlage eine Momentaufnahme ist und für die Kommunen in Zukunft nicht automatisch so sein wird. Die Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister nennen den Verlust von Steuereinnahmen als zweitgrößte Herausforderung in der Coronakrise. Und die Finanzpolitik ist der Politikbereich, bei dem die Kommunen am zweithäufigsten bessere Rahmenbedingungen von Bund und Ländern einfordern“, so Projektleiterin Dr. Beate Hollbach-Grömig.

Das Thema Coronamaßnahmen und Coronafolgen wird nach Einschätzung der Stadtspitzen in der Kommunalpolitik bald wieder an Brisanz verlieren: Mehr als zwei Drittel der Stadtspitzen nennen das Thema als momentan wichtiges Handlungsfeld, unter den wichtigen Themen für die Zukunft liegt „Corona“ jedoch nur noch auf dem vorletzten Platz.

Nur wenig verändert haben sich laut OB-Barometer 2021 die Wünsche der Oberbürgermeisterinnen und Oberbürgermeister im Hinblick auf die Handlungsfelder, in denen sie bessere Rahmenbedingungen durch Länder, Bund oder EU wünschen: An Bedeutung gewonnen hat hier der Wunsch nach Unterstützung im Handlungsfeld Digitalisierung (71 Prozent). Dies ist vermutlich überwiegend auf die in der Krise deutlich gewordenen Engpässe zurückzuführen – beispielsweise in der Datenübermittlung von Gesundheitsämtern, der Möglichkeit von Verwaltungsbeschäftigten, im Homeoffice zu arbeiten, oder in der digitalen Infrastrukturausstattung von Schulen. Auf den nächsten Plätzen folgen die Handlungsfelder Finanzen, Wohnungspolitik und Verkehr, in denen sich die Gewichtungen nur gering verschoben haben. Im Vergleich zu den Vorjahren ist eine Kontinuität in den „großen Linien“ der Kommunalpolitik festzustellen – und den gewünschten Verbesserungen der Rahmenbedingungen für die Arbeit vor Ort.

Detaillierte Ergebnisse, Grafiken, Charts, Fotos zum OB-Barometer 2021 sowie zu den Vorjahresauswertungen stehen auf der Difu-Website bereit: www.difu.de/16644

Über Deutsches Institut für Urbanistik gGmbH

Das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) ist als größtes Stadtforschungsinstitut im deutschsprachigen Raum die Forschungs-, Fortbildungs- und Informationseinrichtung für Städte, Kommunalverbände und Planungsgemeinschaften. Ob Stadt- und Regionalentwicklung, kommunale Wirtschaft, Städtebau, soziale Themen, Umwelt, Verkehr, Kultur, Recht, Verwaltungsthemen oder Kommunalfinanzen: Das 1973 gegründete unabhängige Berliner Institut – mit einem weiteren Standort in Köln – bearbeitet ein umfangreiches Themenspektrum und beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Ebene praxisnah mit allen Aufgaben, die Kommunen heute und in Zukunft zu bewältigen haben. Der Verein für Kommunalwissenschaften e.V. ist alleiniger Gesellschafter des in der Form einer gemeinnützigen GmbH geführten Forschungsinstituts.

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