DIW-Studie untersucht klassische Inflationstreiber wie Lohndruck, Konsum oder Produktionskosten – Viele Faktoren wie Konjunkturpakete oder Lieferengpässe treiben Teuerung nur temporär – Risiko einer Lohn-Preis-Spirale aber nicht ausgeschlossen, wenn Inflationserwartungen steigen ­– EZB sollte rechtzeitig kommunikativ gegensteuern

Die Inflationsrate in Deutschland, aber auch im gesamten Euroraum ist seit dem Sommer sprunghaft gestiegen. Viele Bürgerinnen und Bürger sorgen sich, dass die Preise in diesem Tempo weiterhin so zulegen könnten. Derzeit tragen vor allem die höheren Energiepreise zur Gesamtinflation im Euroraum bei – mit knapp 50 Prozent. Die klassischen Inflationstreiber wie Lohndruck, Konsum oder Produktionskosten entwickeln sich hingegen eher moderat und wirken nur temporär. Ein Risiko geht jedoch von den Inflationserwartungen aus, die eine Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen könnten. Das sind die zentralen Ergebnisse einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).

„Das, was die Inflation derzeit treibt, sind vorübergehende Effekte, die aber leider alle gleichzeitig zusammenkommen.“ Kerstin Bernoth

DIW-Ökonomin Kerstin Bernoth hat zusammen mit ihrem Kollegen Gökhan Ider die wesentlichen Preistreiber untersucht und zusätzlich die Effekte der Pandemie-Konjunkturpakete auf die Inflation berechnet. „Das, was die Inflation derzeit treibt, sind vor allem vorübergehende Effekte, die aber leider alle gleichzeitig zusammenkommen“, resümiert Studienautorin Bernoth. Die Effekte der Konjunkturpakete, die die Inflation über die nächsten zwei bis drei Jahre verteilt um 0,6 bis 1,7 Prozentpunkte schüren werden, laufen in absehbarer Zeit aus. Auch Lieferengpässe, die derzeit die Kosten in der Produktion in die Höhe schießen lassen, sollten sich im kommenden Jahr auflösen. Von Angebotsseite ist allein deswegen weniger Preisdruck zu erwarten, weil die Inflation bei den Dienstleistungen, die zwei Drittel der Kerninflationsrate ausmachen, weiterhin bei unter einem Prozent liegt. Auch der Lohndruck und die Konsumneigung entwickeln sich bisher moderat. Die DIW-ForscherInnen gehen daher davon aus, dass die Inflation noch mehrere Monate erhöht bleibt, sich aber abschwächt, wenn die temporären Effekte nachlassen.

Die Angst könnte die Inflation treiben

„Gefahr droht eher von den Erwartungen, zu der auch gerade die alarmistische Berichterstattung beiträgt. Gehen die KonsumentInnen, aber auch die Unternehmen davon aus, dass die Preise weiter so steigen, werden die Menschen Käufe vorziehen und höhere Löhne fordern. Die Unternehmen wiederum werden auf ihre Preise aufschlagen, wenn sie damit rechnen, höhere Löhne und höhere Erzeugerpreise zahlen zu müssen.“ Dies könnte eine klassische Lohn-Preis-Spirale in Gang setzten, die nach Ansicht von Bernoth weniger auf tatsächlichen strukturellen Faktoren als auf einer psychologischen Dynamik basiert. „Höhere Inflationserwartungen könnten dann zu einer sich selbst erfüllenden Prophezeiung werden und die tatsächliche Inflation ankurbeln.“

Bisher entsprechen die Inflationserwartung der von der EZB regelmäßig befragten ExpertInnen noch dem Inflationsziel von um die zwei Prozent. Gerade auf die mittelfristigen Inflationserwartungen hatte die derzeit steigende Inflation im Euroraum kaum Einfluss. „Die EZB sollte die Entwicklung dieser Erwartungen aber genau beobachten und sich rechtzeitig für den Fall einer Lohn-Preis-Spirale wappnen, möglichst jetzt schon kommunikativ gegensteuern“, rät Bernoth. „Letztlich ist es aber nicht nur die Aufgabe der Zentralbank, sondern auch der Politik und Wissenschaft, die Öffentlichkeit über die Ursachen der derzeitigen Inflation faktenbasiert zu informieren, um die Inflationserwartungen solange wie möglich auf einem angemessenen Niveau zu halten.“

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