Der Lkw-Verkehr hat im vergangenen Jahr in Deutschland ein Rekordniveau erreicht. Der Marktanteil an der Verkehrsleistung im Gütertransport stieg um fast eineinhalb Prozentpunkte auf 72,6 Prozent. Zugleich sank der Anteil der klimafreundlichen Schiene von 18,6 auf 18,0 Prozent. Dies zeigen Statistiken aus dem noch unveröffentlichten Bericht „Verkehr in Zahlen“ des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (BMDV), der dem gemeinnützigen Verkehrsbündnis Allianz pro Schiene vorliegt.

„Güterverkehr steuert in die falsche Richtung”

„Nie zuvor war der Marktanteil des Lkw am Güterverkehr so hoch“, sagte Dirk Flege, Geschäftsführer der Allianz pro Schiene, am Dienstag in Berlin. „Der Güterverkehr in Deutschland steuert in die völlig falsche Richtung. Nirgends sind die Altlasten im Klimaschutz für die neue Bundesregierung so hoch wie im Verkehr. Die Ampel-Koalition startet mit einem extrem hohen Handlungsdruck, da sich der Gütertransport in der Realität immer weiter von den Zielsetzungen entfernt“, so Flege weiter. Im Koalitionsvertrag bekennen sich die Regierungsparteien dazu, den Marktanteil der Schiene am Güterverkehr bis 2030 auf 25 Prozent ausbauen zu wollen. Der Abstand zu diesem Niveau ist inzwischen auf sieben Prozentpunkte angewachsen. Eine Rolle spielen dabei Corona-Effekte, da die Schiene stärker unter den Pandemie-Einschränkungen leidet als die Straße. Doch Corona hat die Schieflage nur verschärft und nicht verursacht. Auch strukturell und damit langfristig bleibt der Verkehrsanteil der Eisenbahnen weit hinter den politischen Vorgaben zurück. Dabei transportiert ein Güterzug nach Berechnungen des Umweltbundesamtes im Vergleich zu Lkw Waren pro Tonne und Kilometer mit einem Siebtel des CO2-Ausstoßes.

Europa zeigt: 25 Prozent sind machbar und kein unrealistisch hohes Niveau

Ein Blick auf eine Europa-Karte zeigt, was möglich ist. In mehreren europäischen Volkswirtschaften wie der Schweiz, Österreich, Schweden und Finnland kommt die Schiene im Güterverkehr auf Marktanteile über diesen 25 Prozent. Spitzenreiter sind die baltischen Staaten Lettland mit 70 Prozent, Litauen mit 67 Prozent und Estland mit 42 Prozent. Auch andere osteuropäische Länder wie Slowenien, Rumänien oder die Slowakei übertreffen die deutsche Zielmarke bereits heute.

Kurzfristig könnte die Schiene einen Schub bekommen

Hoffnung für die nächsten beiden Jahre macht die „Kurzfristprognose 2021“, die das Beratungsunternehmen Intraplan im Auftrag des BMDV kürzlich im Rahmen der gleitenden Mittelfristprognose erstellt hat. Demnach wird die Eisenbahn im Güter- und auch im Personenverkehr 2022 und 2023 stärker wachsen als alle anderen Verkehrsträger. „Diesen Schub braucht Deutschland dringend für mehr Klimaschutz im Verkehr“, betonte Flege. „Allerdings gilt auch hier, dass man sich von den kurzfristigen Trends nicht täuschen lassen darf. Eine Erholung in den nächsten beiden Jahren kann maximal die Corona-Delle ausgleichen. Damit Deutschland seine Verkehrs- und Klimaschutzziele erreichen kann, muss die Bundesregierung jetzt neue Impulse setzen.“

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