Gas- und Ölpreise sind auf einem Rekordniveau – viele Energieversorger haben ihre Preise in der ersten Jahreshälfte 2022 deutlich erhöht. Vermieterinnen und Vermieter reichen die Kosten für Heizung und Warmwasser im Rahmen der jährlichen Heizkostenabrechnung an ihre Mieterinnen und Mieter durch. Diesen droht daher insbesondere im Jahr 2023, also in dem Jahr, in dem sie die Abrechnung für 2022 bekommen werden, eine hohe Nachzahlung. Viele Mieterinnen und Mieter haben bereits Aufforderungen zur Erhöhung ihrer Abschlagszahlungen an den Vermieter oder die Vermieterin zur Deckung der Preisanstiege erhalten.

Einige Wohnungsunternehmen gehen dabei jetzt schon von Nachzahlungen in Höhe von bis zu zwei Monatskaltmieten aus. Wie hoch die Nachzahlungen im Einzelfall konkret ausfallen werden, lässt sich aus Sicht des Deutschen Mieterbundes derzeit noch nicht belastbar darstellen. Denn die Höhe der Nachzahlung hängt natürlich nicht nur von den Preisen, sondern auch vom individuellen Verbrauchsverhalten und der Höhe der Vorauszahlungen ab. Dennoch ist für die meisten Mieterhaushalte allein aufgrund der aktuellen Preissteigerungen für Öl und Gas mit einer deutlich erhöhten Nachzahlung spätestens im Jahr 2023 zu rechnen.
  Der Deutsche Mieterbund beantwortet im Folgenden die häufigsten Fragen:
Mit welchen Summen muss ich rechnen?

Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BEDW) stieg der Gaspreis für Haushalte in Mehrfamilienhäusern zum Jahresbeginn 2022 um 83 % an, von 6,47 Cent/kWh auf durchschnittlich 11,84 Cent/kWh. Wer einen neuen Vertrag abschließt, muss nochmal mit höheren Preisen rechnen. Rund die Hälfte der rund 43 Mio. Wohnungen werden mit Gas beheizt, rund 25 % mit Heizöl. Hinzukommt Fernwärme, die ca. 14 % aller Wohnungen mit Wärme versorgt und für welche Erdgas als Brennstoff ebenfalls eine zentrale Rolle spielt. Das bedeutet, von den Preisanstiegen für Öl und Gas werden unmittelbar bis zu 90 % aller Wohnungen und damit fast alle Mieterinnen und Mieter betroffen sein. Die Stiftung Warentest bietet aktuell einen Nachzahlungsrechner für Heizkosten an, um zumindest abschätzen zu können, womit Sie rechnen müssen. Sie finden den Rechner hier.

Mein Vermieter verlangt von mir, dass ich ab sofort eine höhere Vorauszahlung auf die Nebenkosten leiste. Muss ich dem zustimmen?

Nein. Einen Anspruch auf höhere Vorauszahlungen hat der Vermieter oder die Vermieterin nur nach Rechnungslegung, sprich nachdem er bzw. sie dem Mieter oder der Mieterin eine formal und inhaltlich korrekte Abrechnung über die Nebenkosten zugestellt hat.

Ergibt diese Abrechnung einen Saldo zulasten des Mieters bzw. der Mieterin und ist davon auszugehen, dass die Beibehaltung der bisherigen Vorauszahlungen auch in Zukunft nicht ausreichen wird, darf der Vermietende vom Mieter bzw. der Mieterin die Zahlung entsprechend höherer Vorauszahlungen verlangen.

Die Höhe einer monatlichen Vorauszahlung ergibt sich aus dem Ergebnis der Jahresabrechnung geteilt durch zwölf. Vermieterinnen und Vermieter dürfen zwar bei der Erhöhung keinen allgemeinen Sicherheitszuschlag, z.B. von 10 % für allgemeine Kostensteigerungen vornehmen. Ist allerdings klar und nachweisbar, dass die Kosten steigen oder bereits gestiegen sind, können sie diese Kostensteigerung in die künftige Erhöhung des monatlichen Abschlags einbeziehen.

Das bedeutet: Erhalten Sie im Laufe des Jahres 2022 ihre Abrechnung für das Jahr 2021 und ergibt diese einen Saldo zu Ihren Lasten, kann der Vermieter oder die Vermieterin von Ihnen die Zahlung entsprechend höherer Vorauszahlungen verlangen. Auch wenn die Abrechnung für 2021 keine nennenswerte Nachzahlung ausweist, darf der Vermieter bzw. die Vermieterin die aktuelle Steigerung der Energiepreise in die künftige monatliche Vorauszahlung mit einkalkulieren, d.h. eine Erhöhung verlangen.

Eine Begründung der Erhöhung durch den Vermieter oder die Vermieterin ist grundsätzlich nicht erforderlich. Addiert der Vermietende aber einen Zuschlag aufgrund gestiegener Energiekosten, müssen die maßgeblichen Umstände dem Mieter bzw. der Mieterin erläutert werden.

Tipp: Mieterinnen und Mieter sollten in jedem Fall darauf bestehen, dass der Vermieter bzw. die Vermieterin ihnen erläutert, auf welcher Grundlage die Erhöhung berechnet wurde. Dafür müssen Vermieter:innen den Mieter:innen aus Sicht des Deutschen Mieterbundes auch die Verträge und Rechnungen mit den Energiedienstleistern vorlegen. Mieter:innen sollten diese auch auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüfen. Das Gebot der Wirtschaftlichkeit bedeutet, dass Vermieter:innen im Rahmen ihrer Möglichkeiten darauf achten müssen, preisgünstig einzukaufen und Preisvergleiche anzustellen.

Hinweis: Der Vermieter bzw. die Vermieterin hat das Recht auf Anpassung der Vorauszahlung nach Abrechnungslegung nur ein Mal pro Abrechnungsjahr. Eine weitere Anpassung im laufenden Jahr ist ausgeschlossen. Die Erhöhung muss dem Mieter bzw. der Mieterin in Textform, also bspw. per Mail, mitgeteilt werden. Ob der Mieter bzw. die Mieterin die erhöhten Vorauszahlungen mit der nächsten oder erst übernächsten Miete schuldet ist höchstrichterlich nicht geklärt. Um kein Risiko einzugehen, sollten Mieter:innen die erhöhten Vorauszahlungen daher am besten mit der nächsten Monatsmiete überweisen.

Sollte ich besser Geld zurücklegen oder höhere Vorauszahlungen zahlen?

Um auf die gestiegenen Energiepreise und die aller Voraussicht nach erhöhten Nachzahlungsbeträge spätestens in 2023 vorbereitet zu sein, sollten Mieter:innen, sofern sie wirtschaftlich dazu in der Lage sind, jetzt entweder Geld zurücklegen, also ansparen, oder erhöhte Vorauszahlungen an ihre Vermieter:innen leisten. Denn natürlich können Mieter:innen – unabhängig von einem Anspruch des Vermieters bzw. der Vermieterin auf Zahlung erhöhter Vorauszahlungen – jederzeit freiwillig mit dem Vermieter oder der Vermieterin vereinbaren, höhere Vorauszahlungen zu leisten.

Die Vor- und Nachteile der beiden Varianten (Rücklage oder erhöhte Vorauszahlungen) sollte der Mieter bzw. die Mieterin kennen und berücksichtigen:

Vorteil Erhöhung der monatlichen Vorauszahlung:

Der Mieter bzw. die Mieterin überweist dem Vermieter bzw. der Vermieterin einen höheren Betrag und schmälert so im besten Fall den Nachzahlungsbetrag auf null. Der „dicke“ Hammer bei der Jahresabrechnung bleibt so im Idealfall aus.

Nachteile Erhöhung der monatlichen Vorauszahlung:

Das Geld liegt beim Vermieter bzw. der Vermieterin. Ergibt die Abrechnung durch die erhöhten Vorauszahlungen ein Guthaben, muss der Mieter oder die Mieterin im Zweifel auf Herausgabe des Guthabens klagen, wenn der Vermieter bzw. die Vermieterin das Guthaben nicht „freiwillig“ herausgibt. Streitigkeiten um die Rückzahlung von Nebenkostenguthaben sind leider nicht unüblich und kosten Zeit, Geld und Nerven.

Weiterhin ist zu bedenken, dass die Nichtzahlung oder nur teilweise Zahlung der erhöhten Vorauszahlungen zur Kündigung des Mietverhältnisses führen kann, sobald die rückständige Summe einen Betrag von mehr als einer Monatsmiete erreicht. Vereinbaren die Mietvertragsparteien also die Zahlung erhöhter monatlicher Vorauszahlungen und schätzt der Mieter oder die Mieterin die eigenen finanziellen Möglichkeiten falsch ein, kann also die Erhöhung doch nicht zahlen, droht sogar die fristlose Kündigung des Mietvertrages. An dieses Risiko sollten Mieterinnen und Mieter unbedingt denken, bevor sie vorschnell einer Erhöhung zusagen.

Vorteil Rücklage beim Mieter:

Mieterinnen und Mieter haben das Geld in der „eigenen“ Hand. Kommt es zur Nachzahlung und hat die Überprüfung der Abrechnung durch den Mieter bzw. die Mieterin ergeben, dass der Betrag korrekt ist, können die Schulden beim Vermieter bzw. der Vermieterin sofort beglichen werden.

Hinweis: Mieterinnen und Mieter sollten ihre Nebenkostenabrechnung immer überprüfen bzw. überprüfen lassen. Denn Nebenkostenabrechnungen sind oft falsch und für juristische Laien auch nur schwer nachzuvollziehen. Hilfe bei der Überprüfung der Heizkostenabrechnung erhalten Mieter:innen bei ihrem örtlichen Mieterverein, zu finden hier.

Ich bin wirtschaftlich weder dazu in der Lage, Geld zurückzulegen noch höhere Vorauszahlungen an meinen Vermieter zu zahlen. Was kann ich tun?

Sie sollten in jedem Fall frühzeitig das Gespräch mit dem Vermieter oder der Vermieterin suchen. Im Idealfall können Sie sich auf eine Rückzahlungsmodalität – bspw. Ratenzahlung – einigen, wenn die Abrechnung einen Saldo zu Ihren Lasten ergibt. Mieterinnen und Mieter sollten sich bei ihrem Mieterverein erkundigen, ob es staatliche Unterstützung für sie gibt und wie ihnen geholfen werden kann. Durch die Beantragung von Wohngeld und anderen staatlichen Zuschüssen können Mieterinnen und Mieter konkrete Hilfe erhalten.

Ich habe die Nebenkostenabrechnung erhalten. Wie lange Zeit habe ich, den Saldo zu bezahlen?

Ist die Abrechnung korrekt, haben Mieterinnen und Mieter in der Regel 30 Tage nach Erhalt der Abrechnung Zeit, den Saldo zu begleichen. Auf jeden Fall sollten sie die Abrechnung überprüfen bzw. überprüfen lassen und etwaige Einwände schnellstmöglich dem Vermieter bzw. der Vermieterin mitteilen.

Kann ich gekündigt werden, wenn ich den Saldo nicht rechtzeitig bezahle?

Das ist höchstrichterlich noch nicht geklärt. Es gibt allerdings Urteile von Amts- und Landgerichten, nach der auch die Nichtzahlung eines Nachzahlungsbetrages zur Kündigung des Mietverhältnisses führen kann. Um dieses Risiko auszuschließen, sollten Mieterinnen und Mieter daher entweder Geld zurücklegen, wenn sie es finanziell stemmen können, oder frühzeitig das Gespräch mit dem Vermieter oder der Vermieterin suchen und bspw. eine Rückzahlung in Raten vereinbaren.

Aus Beweisgründen sollte diese Vereinbarung am besten schriftlich erfolgen.

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