Beim globalen Klimastreik am Freitag gehen weltweit Millionen von Menschen auf die Straße. Die Klimakrise ist längst auch in Deutschland angekommen und bedroht hier bereits bäuerliche Existenzen. Dennoch handelt der Verkehrsminister nicht.

Bioland-Bauer Ulf Allhoff-Cramer aus Detmold schlägt Alarm: "Hitze, Dürre, Starkregen – das Extremwetter der vergangenen Jahre ist für viele von uns Landwirten absolut existenzbedrohend". 2022 war abermals ein extremer Sommer für Deutschland, laut Deutschem Wetterdienst der sonnigste, viertwärmste und sechstrockenste seit Aufzeichnungsbeginn. Und auch die Tendenz ist besorgniserregend: Es war der vierte Dürresommer der letzten fünf Jahre.

"Während die Klimakrise gerade so richtig eskaliert und wir uns immer schneller gefährlichen Kipppunkten nähern, verweigert Verkehrsminister Wissing immer noch wirksame Klimamaßnahmen. Das ist unverantwortlich, denn unsere Lebensgrundlagen sind akut bedroht", sagt Bioland-Präsident Jan Plagge. "Bundeskanzler Scholz muss den Klimaschutz jetzt zur Chefsache machen und die Richtlinienkompetenz im Verkehrsbereich ins Kanzleramt ziehen." Es könne nicht sein, dass ein Minister die Vorgaben des Klimaschutzgesetzes für seinen Sektor so eklatant missachte.

Der Expertenrat für Klimafragen hatte zuletzt festgestellt, dass das sogenannte Sofortprogramm des Verkehrsministeriums gar keines sei, weil es nicht die Anforderung an ein Sofortprogramm gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz erfülle und "schon im Ansatz keinen hinreichenden Anspruch" habe: "Das Sofortprogramm für den Verkehrssektor spart nach Angaben des Verkehrsministeriums nur 14 Megatonnen an Treibhausgas-Emissionen ein, so dass sich rechnerisch immer noch eine Erfüllungslücke von 261 Megatonnen bis 2030 ergibt", rechnet Brigitte Knopf, stellvertretende Vorsitzende des Expertenrats vor.

Vor diesem Hintergrund fordern 43 zivilgesellschaftliche Organisationen, denen auch Bioland angehört, Bundeskanzler Scholz in einem offenen Brief dazu auf, in das neue Klimaschutz-Sofortprogramm zusätzliche Maßnahmen mit erheblicher CO2-Wirkung im Verkehrssektor aufzunehmen.

Verkehrsminister auf der Bremse

Und sinnvolle Klimamaßnahmen im Verkehrssektor liegen geradezu auf der Hand: "Es gibt kein einziges rationales Argument gegen ein generelles Tempolimit auf Autobahnen. Die Treibhausgasemissionen könnten um mehrere Millionen Tonnen gesenkt werden. Zusätzlich würden wir Milliarden Liter Kraftstoff einsparen und uns damit auch wieder ein Stück weit unabhängiger vom Import fossiler Energie machen. Aber Verkehrsminister Wissing lässt lieber die Finger davon, wohl aus Angst, jemandem auf die Füße zu treten."

Auch in anderen verkehrspolitischen Fragen, wie bei der Suche nach einem bezahlbaren Nachfolger für das 9-Euro-Ticket oder beim verweigerten konsequenten Verbot für Autos mit Verbrennungsmotor, entscheidet sich das Verkehrsministerium im Zweifelsfall gegen das Klima.

Bioland-Bauer wehrt sich

Dass die Lebensgrundlagen und damit auch die Arbeitsgrundlagen in der Landwirtschaft bedroht sind, spürt Bioland-Bauer Ulf Allhoff-Cramer aus Detmold bei der täglichen Arbeit. "Schon heute ist normale Landwirtschaft, wie ich sie von früher kenne, nicht mehr möglich. Es ist zu heiß, zu trocken, andernorts werden immer häufiger Erträge durch Unwetter und Starkregen zunichte gemacht. Die Bedingungen sind total unberechenbar geworden, man kann sich auf nichts mehr verlassen."

Allhoff-Cramer sieht unter anderem die großen Autobauer der Welt mit ihren klimaschädlichen Geschäftsgebaren als Mitverursacher dieser Entwicklung. Gemeinsam mit Greenpeace führt er daher aktuell eine Klage gegen den Volkswagen-Konzern. Sein Ziel: Eine Einstellung der Produktion von Verbrenner-Autos bis 2030. "Wenn die Politik nicht handelt, müssen es eben andere tun", so Allhoff-Cramer. Zuletzt hatte das Landgericht Detmold verkündet, dass die Verhandlung dazu im Februar 2023 fortgesetzt wird.

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