• Insgesamt befinden sich mehr Frauen als Männer in der Stillen Reserve
  • Gut ein Drittel der 25- bis 59-jährigen Frauen in Stiller Reserve geben Betreuungspflichten als Hauptgrund für ihre Inaktivität am Arbeitsmarkt an
  • Fast 60 % der Menschen in Stiller Reserve verfügen über ein mittleres oder hohes Qualifikationsniveau

Im Jahr 2022 wünschten sich in Deutschland 3,0 Millionen Nichterwerbspersonen im Alter von 15 bis 74 Jahren Arbeit. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis des Mikrozensus und der Arbeitskräfteerhebung mitteilt, waren das rund 16 % aller Nichterwerbspersonen. Diese sogenannte „Stille Reserve“ umfasst Personen ohne Arbeit, die zwar kurzfristig nicht für den Arbeitsmarkt verfügbar sind oder momentan nicht aktiv nach Arbeit suchen, sich aber trotzdem Arbeit wünschen. Sie gelten deshalb nicht als erwerbslos, sondern als Stille Reserve am Arbeitsmarkt.

Die Personen, die trotz Arbeitswunsch nicht auf dem Arbeitsmarkt aktiv sind, lassen sich in drei Gruppen einteilen. Zur ersten Gruppe gehören Personen, die zwar Arbeit suchen, jedoch zum Beispiel aufgrund von Betreuungspflichten kurzfristig (innerhalb von zwei Wochen) keine Arbeit aufnehmen können (Stille Reserve A). Personen der zweiten Gruppe würden gerne arbeiten und wären auch verfügbar, suchen aber aktuell keine Arbeit, weil sie zum Beispiel glauben, keine passende Tätigkeit finden zu können (Stille Reserve B). Die dritte Gruppe ist die arbeitsmarktfernste. Sie umfasst Nichterwerbspersonen, die zwar weder eine Arbeit suchen noch kurzfristig verfügbar sind, aber dennoch einen generellen Arbeitswunsch äußern (Stille Reserve C). Im Jahr 2022 setzte sich die gesamte Stille Reserve aus knapp 1,3 Millionen Personen in Stiller Reserve A und B und weiteren gut 1,7 Millionen Personen in Stiller Reserve C zusammen.

Geschlechtsspezifische Unterschiede: Knapp 57 % der Stillen Reserve sind Frauen

Frauen stellten 56,8 % der Stillen Reserve im Jahr 2022. Im Geschlechterverhältnis zeigen sich jedoch Unterschiede innerhalb der Gruppen der Stillen Reserve. So lag der Frauenanteil in den Gruppen A und B bei 51,5 %. In der Gruppe C überwogen dagegen die Frauen mit 60,7 %.

Deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechtern zeigten sich bei den Hauptgründen für die Inaktivität am Arbeitsmarkt in der Altersgruppe der 25- bis 59-Jährigen: So gaben gut ein Drittel (34,4 % bzw. 0,4 Millionen) der Frauen zwischen 25 und 59 Jahren in der Stillen Reserve an, dass sie aufgrund von Betreuungspflichten derzeit keine Arbeit aufnehmen können. Von den 25- bis 59-jährigen Männern in der Stillen Reserve nannten dagegen nur 5,6 % beziehungsweise knapp 40 000 Betreuungspflichten als Hauptgrund für ihre Inaktivität.

Ein Großteil der Stillen Reserve hat mindestens ein mittleres Qualifikationsniveau

58,1 % der Personen in der Stillen Reserve hatten 2022 ein mittleres oder hohes Qualifikationsniveau, das heißt mindestens eine abgeschlossene Berufsausbildung oder die Hoch-/Fachhochschulreife. Bei den Frauen hatten 60,5 % eine mittlere oder hohe Qualifikation.

40,7 % der Stillen Reserve A und B und 42,7 % der Stillen Reserve C wiesen 2022 ein niedriges Qualifikationsniveau auf, die Hochqualifizierten machten dagegen einen Anteil von 20,8 % bei der Stillen Reserve A und B und 17,5 % bei der Stillen Reserve C aus.

Methodische Hinweise:

Im Vergleich zu früheren Jahren wurden ab dem Berichtsjahr 2021 einzelne Subgruppen der Stillen Reserve den Kategorien A und B neu zugeordnet, um einer veränderten europäischen Berichterstattung Rechnung zu tragen. Die Gesamtsumme der Stillen Reserve A und B blieb jedoch unverändert. Darüber hinaus werden Nichterwerbspersonen, die keine Arbeit suchen und auch nicht kurzfristig verfügbar sind, aber dennoch einen generellen Arbeitswunsch äußern, seit dem Berichtsjahr 2021 als Stille Reserve C bezeichnet.

Der Mikrozensus mit der integrierten Arbeitskräfteerhebung wurde 2020 methodisch neugestaltet. Ausführliche Informationen zu den Auswirkungen der Neugestaltung und der Corona-Krise auf den Mikrozensus sowie eine Bewertung der Ergebnisse des Mikrozensus 2022 sind auf einer Sonderseite verfügbar. Darüber hinaus liefern die jährlichen Qualitätsberichte zum Mikrozensus Informationen zu den verwendeten Methoden und Definitionen sowie zur Qualität statistischer Ergebnisse, die auch berichtsjahrspezifische Besonderheiten thematisieren. Für den Mikrozensus 2022 zählt dazu der Ausbruch des Kriegs in der Ukraine, der zu einer verstärkten Zuwanderung Schutzsuchender führte, was wiederum Auswirkungen auf die Struktur und Interpretierbarkeit der hochgerechneten Stichprobenergebnisse hat und damit auch den Zeitvergleich einschränkt.

Weitere Informationen:

Diese und weitere Ergebnisse zur Stillen Reserve sind auf der Themenseite „Erwerbstätigkeit“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes verfügbar. Abgebildet werden aus dem Mikrozensus 2022 Ergebnisse zur Stillen Reserve nach Altersklassen, Geschlecht, Qualifikationsniveau, Lebensform, Alter des jüngsten Kindes sowie nach Gründen für die Inaktivität am Arbeitsmarkt.

Ein Aufsatz von Rengers/Fuchs (2022) in der Zeitschrift „AStA Wirtschafts- und Sozialstatistisches Archiv“ erörtert darüber hinaus ausführlich die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Stillen Reserve des Statistischen Bundesamtes und derjenigen des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB). Der Beitrag enthält auch eine Übersicht zu den verschiedenen definitorischen Abgrenzungen sowie eine Chronik der Definitionen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, Eurostat und dem Statistischen Bundesamt. Weiterhin stellt er umfangreiche Ergebnisse zur Struktur der Stillen Reserve aus dem Mikrozensus 2019 vor.

Daten und Fakten rund um das Thema Fachkräfte bündelt das Statistische Bundesamt auf einer eigenen Sonderseite (www.destatis.de/fachkraefte): Das Datenangebot umfasst die Bereiche Demografie, Erwerbstätigkeit, Bildung und Zuwanderung. Es reicht von Vorausberechnungen zur künftigen Zahl von Erwerbspersonen über Analysen zum Arbeitskräfteangebot bis hin zu Daten zu Arbeitsmigration und Ausbildungsmarkt – und wird sukzessive erweitert.

Daten zur unterschiedlichen Erwerbs- und Einkommenssituation von Männern und Frauen sowie der geschlechterspezifischen Verteilung von Sorgearbeit enthält die Themenseite „Gleichstellungsindikatoren“ im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes. Sie bietet einen Überblick zu Stand und Entwicklung der Gleichstellung von Frauen und Männern in Deutschland.

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