Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) weist anlässlich des Welttages gegen die Todesstrafe am 10. Oktober darauf hin, dass die Islamische Republik Iran in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mindestens 354 Menschen hingerichtet hat, zwei davon öffentlich. Unter den Getöteten seien sechs Frauen gewesen.

Die Verhängung von Todesurteilen sei laut IGFM ein Mittel, Angst in der Gesellschaft zu schüren. Viele Todesurteile beruhten auf unter Folter erzwungenen Geständnissen. Die Verhängung der Todesstrafe erfolge für die Betroffenen ohne Rechtsbeistand. Die Islamische Republik Iran verhänge die Todesstrafe gemäß dem im Land gültigen islamischen Strafgesetzbuch. Die Hadd-Strafe sei nach islamischem Recht eine in der Scharia festgelegte Strafe, die weder reduziert noch erlassen werden kann.

„Frau-Leben-Freiheit“-Proteste 2022

Nach Ausbruch der Protestbewegung anlässlich des Todes der iranischen Jugendlichen Jina-Mahsa Amini im September 2022 setze der Iran die Todesstrafe verstärkt ein. Das Regime habe im Zusammenhang mit den „Frau, Leben, Freiheit“-Protesten gegen mindestens 25 Demonstranten Todesurteile verhängt. Bisher seien sieben Todesurteile gegen Demonstranten wegen „Moharebeh“ (Kriegsführung gegen Gott und seinen Propheten) und „Korruption auf Erden“ vollstreckt worden.

Namen hingerichteter Demonstranten

Mohammad Mahdi Karmi und Mohammad Hosseini (wegen Korruption auf Erden), Majid Reza Rahnavard (wegen angeblichem Angriff und Tötung eines Polizeibeamten), Mohsen Shekari, Majid Kazemi, Saeed Yaqoubi und Saleh Mirhashmi (wegen Moharebeh).

Doppelstaatsbürger besonders gefährdet

Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft, denen Spionage oder terroristische Aktivitäten vorgeworfen wurden, galten der iranischen Justiz regelmäßig als „Mohareb“ oder „Korrupte auf Erden“. Der britisch-iranische Staatsbürger Alireza Akbari wurde im Januar 2023 wegen „Korruption auf Erden und der umfassenden Verletzung der inneren und äußeren Sicherheit des Landes durch die Weitergabe von Informationen“ zum Tode verurteilt und hingerichtet. Ebenso wurde das Todesurteil am schwedisch-iranischen Doppelstaatsbürger Habib Chaab im Mai 2023 wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten vollstreckt.

Die Todesstrafe drohe derzeit Jamshid Sharmahd und Dr. Ahmadreza Jalali. Jamshid Sharmahd, der sich seit 2020 in Einzelhaft befinde, wurde im April 2023 wegen „Korruption auf Erden“ zum Tode verurteilt. Der Deutsch-Iraner wurde von Agenten der Islamischen Republik aus Dubai entführt und wegen angeblicher Beteiligung an einer umstrittenen Explosion angeklagt. Dr. Ahmadreza Jalali ist Arzt und Forscher mit iranisch-schwedischer Staatsangehörigkeit, der im Mai 2016 verhaftet und im Jahr 2022 wegen „Korruption auf Erden“ und „Kollaboration mit einer feindlichen Regierung“ zum Tode verurteilt wurde. Beide Fälle habe der Richter Abolghasem Salavati „verhandelt“.

Richter Salavati laut IGFM eine Marionette des Geheimdienstministeriums

Das Regime habe wichtigste Fälle in der Regel von diesem Richter entscheiden lassen, da er laut IGFM sehr eng mit dem Geheimdienst zusammenarbeite. Salavati sei einer der berüchtigtsten Richter in der 44-jährigen Geschichte der Islamischen Republik. Er habe 30 Todesurteile und Haftstrafen von insgesamt 1.500 Jahren verhängt. Sowohl den ersten hingerichteten Demonstranten der Proteste von 2022, Mohsen Shekari, verurteilte er als auch den zuvor in Frankreich lebenden Medienaktivisten Ruhollah Zam. Dieser wurde aus dem Irak entführt und im Iran hingerichtet. Salavati ließ ebenso den britisch-iranischen Staatsbürger Alireza Akbari wegen angeblicher Spionage hinrichten. Die Urteile von Salavati, der als „Todesrichter“ bekannt sei, würden in Schauprozessen gefällt, ohne Rechtsbeistand auf Grundlage erzwungener Geständnisse unter dem Einfluss von Vernehmungsbeamten des Geheimdienstministeriums und der Revolutionsgarden. „Das ist ein weiteres Merkmal für die fehlende Unabhängigkeit der Richter und der Justiz im Iran“, betont die IGFM.

Weitere Informationen von IGFM zur Menschenrechtslage im Iran: https://www.igfm.de/iran 

In China Zahl der Todesurteile Staatsgeheimnis

Menschenrechtsorganisationen gehen davon aus, dass jedes Jahr in der Volksrepublik China tausende Menschen mit dem Tod bestraft werden. So schätzt Amnesty International, dass China auch im vergangenen Jahr weit mehr Menschen hingerichtet hat als der Rest der Welt zusammen. Die genaue Zahl sei ein Staatsgeheimnis. Eine Dokumentation sei deshalb nicht möglich.

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