Die ungebremst steigenden notwendigen Ausgaben der Städte und Gemeinden gefährden die Leistungsbereitschaft der Kommunen. Auf den ersten Blick suggerieren die reinen Zahlen von Steueraufkommen und Finanzausgleichsvolumen eine stabile Finanzlage. Doch auf den zweiten genaueren Blick zeigt sich, dass die Steuereinnahmen stagnieren und Ausgaben weiter steil ansteigen. Künftig ist wegen der angespannten Wirtschaftslage ein rückläufiges Steueraufkommen zu erwarten. Die Steuereinnahmen gehen zusätzlich zurück aufgrund der staatlichen Entlastungsmaßnahmen, etwa aufgrund des Inflationsausgleichsgesetzes (Abmilderung der kalten Progression) und des Jahressteuergesetzes 2022. Darüber hinaus wird das geplante Wachstumsbeschleunigungsgesetz zu einem erheblichen Rückgang bei der Gewerbesteuer führen. Der Vorsitzende des Bayerischen Städtetags, der Straubinger Oberbürgermeister Markus Pannermayr, zieht das Fazit: „Die Einnahmen der Kommunen gehen bereits jetzt zurück, die Ausgaben steigen rapide und übermäßig. Die Rahmenbedingungen verschärfen sich enorm. Kommunale Haushalte rutschen vereinzelt bereits in bedrohliche Schieflagen. Inzwischen ist in vielen Städten und Gemeinden ein Schmerzpunkt erreicht. In einzelnen Städten müssen schon Haushaltssperren verhängt werden, wie in Straubing und Ingolstadt.“

Aktuell verzeichnen Bayerns Städte und Gemeinden einen massiven Anstieg bei den Ausgaben um mehr als 10 Prozent; das Finanzierungsdefizit lag im ersten Halbjahr 2023 bereits bei ungewöhnlich hohen 3 Milliarden Euro. Im Jahr 2024 verschärft sich die Situation wegen des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst und weiter steigenden Sozialausgaben. Das Umfeld entwickelt sich für die kommunalen Kämmereien zunehmend beunruhigend. Die Inflation schränkt Spielräume bei kommunalen Investitionen deutlich ein, sagt Pannermayr: „Was wir alle persönlich im Geldbeutel empfindlich spüren, trifft auch die Kämmereien: Wegen der Inflation bekommt man für den Euro weniger Waren und Leistungen als noch vor einem Jahr.“ Steigende Personalausgaben (+ 7 Prozent), enorme Kostensteigerungen nicht zuletzt aufgrund der Energiepreise, bei Verwaltungs- und Betriebsaufwand (+ 11 Prozent), Bau (+ 14 Prozent) belasten die Kommunalhaushalte ebenso wie wachsende Sozialausgaben (+ 9 Prozent). Mehrbelastungen entstehen aufgrund der Kosten der Unterkunft für Geflüchtete aus der Ukraine und Leistungen für Lebensunterhalt und Krankenhilfe. Bei den Sozialausgaben legten vor allem die Leistungen der Sozialhilfe (+ 19 Prozent) zu, hier sind besonders die 25 kreisfreien Städte in Bayern betroffen (+ 41 Prozent). Und damit nicht genug: Eine Fülle an zusätzlichen Aufgaben und Ausgaben werden gerade in den nächsten Jahren den Kommunen zugewiesen, wie der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder, sowie Investitionen in Klimaschutz, Klimaanpassung und Wärmeplanung. Als massive Belastung erweisen sich Krankenhäuser, da Städte enorme Defizite ausgleichen müssen. Pannermayr: „Es ist eine dramatische Fehlentwicklung, wenn regionale Gesundheitsversorgung aus städtischen Haushalten am Leben erhalten werden muss. Kommunen dürfen nicht zu Ausfallbürgen werden, die Defizite übernehmen müssen.“

Pannermayr: „Die allgemeine Finanzausstattung der Kommunen muss auf die Tagesordnung. Nötig ist eine Aufstockung von jährlich wiederkehrenden Finanzausgleichsleistungen. Ein gutes Instrument sind Schlüsselzuweisungen. Eine Stärkung der Verbundmasse im allgemeinen Steuerverbund gibt den Kommunen mehr finanzielle Planungssicherheit und Flexibilität. Es braucht für 2024 einen starken kommunalen Finanzausgleich, der sich nicht auf den geringen Aufwuchs bei den Gemeinschaftssteuereinnahmen beschränken darf. Der Freistaat muss gerade unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen mehr zusätzliche Mittel in das Finanzausgleichssystem geben, damit Kommunen handlungsfähig bleiben. Kommunen haben einen Anspruch auf eine aufgabengerechte Finanzierung über einen leistungsfähigen kommunalen Finanzausgleich. Das ist kein Gnadenakt von Staatsregierung und Landtag, sondern die Basis, damit Kommunen ihre Aufgaben ordnungsgemäß erfüllen können.“ Dazu gehört auch, dass der Freistaat den kreisfreien Städten endlich Mittel für die Erfüllung der übertragenen staatlichen Aufgaben der Kreisverwaltung gewährt.

Generell wird künftig in vielen Bereichen ein Umdenken erforderlich sein. Pannermayr: „Den Kommunen dürfen nicht mehr laufend neue Aufgaben und Rechtsansprüche aufgebürdet werden, ohne dass die vollständige Übernahme der Sach- und Personalkosten gesichert ist. Außerdem ist dringend der Abbau bürokratischer Hürden erforderlich. Und schließlich werden die Entscheidungsträger gezwungen sein, sich künftig verstärkt auf das Wesentliche zu fokussieren. Das ist sicherlich kein leichter Weg, den wir aber vor dem Hintergrund des demographischen Wandels als Gesellschaft gemeinsam gehen werden müssen.“

Oberbürgermeisterin Eva Weber, Augsburg:

„Wir Kommunen stehen vor zahlreichen Herausforderungen, die wir nicht selbst in der Hand haben: Die Explosion der Baukosten für dringende Investitionen in die Infrastruktur, dazu Bundesgesetze, die Kommunen stillschweigend in die Mitfinanzierung einbeziehen, wie zum Beispiel die Einkommensteuerentlastungen zum Inflationsausgleich und mögliche Verluste bei der Gewerbesteuer aufgrund des Wachstumschancengesetzes. Dazu neue Aufgaben, unter anderem durch Bundesgarantien für Kinder- und Ganztagsbetreuung, steigende Personalkosten trotz Zurückhaltung bei den Stellenplanberatungen und immer höhere Ausgaben im Sozialbereich, unter anderem durch höhere Bedarfe in der Jugendhilfe sowie die seit Jahren steigende Bezirksumlage bringen uns Kommunen, insbesondere die kreisfreien Städte zunehmend an unsere finanziellen Grenzen. Viele sind am Ende ihrer Möglichkeiten. Zahlreiche gesamtgesellschaftliche Entwicklungen stimmen nicht mit der Verteilung der kommunalen Aufgaben überein, wie sie einst in der Bayerischen Verfassung und der Bayerischen Gemeindeordnung niedergelegt wurden. Wir brauchen daher mehr staatliche Hilfe und praxisnahe Förderverfahren.“

Oberbürgermeister Dr. Christian Scharpf, Ingolstadt:

„Ingolstadt liegt in einer der prosperierenden Regionen Bayerns. Mit Großunternehmen wie Audi und Media-Saturn, zahlreichen innovativen mittelständischen Unternehmen, starken Handwerksbetrieben sowie einer insgesamt niedrigen Arbeitslosenquote konnte die Stadt Ingolstadt stets stabile soziale, wirtschaftliche und ökologische Rahmenbedingungen für die rund 142.000 Einwohnerinnen und Einwohner schaffen. Ingolstadt ist bisher die einzige Großstadt Bayerns, die keine Schulden hat.

Die finanzielle Lage Ingolstadts hat sich nun aber dramatisch zugespitzt. Deutlich einbrechende Steuereinnahmen und steigende Kosten stellen uns vor eine beispiellose Herausforderung. Bis 2027 müssen wir im städtischen Haushalt 100 Millionen Euro einsparen, gleichzeitig steigt unsere Verschuldung von Null auf einen deutlich dreistelligen Millionenbetrag. Ein Ausgleich unseres Verwaltungshaushaltes wird nur mit deutlichen und spürbaren Leistungseinschränkungen möglich sein.

Wir steuern im Rahmen unserer Möglichkeiten mit aller Kraft gegen diese Entwicklung und planen unseren Haushalt drastisch neu. Frühzeitig haben wir umfassende Maßnahmen getroffen und umgesetzt, um kommunale Aufgaben und Ausgaben zu senken und den Haushalt zu konsolidieren, zum Beispiel schmerzliche Null-Runden beim Personal sowie interne Budgetvorgaben. Die jüngsten Steuerschätzungen und internen Berechnungen zum Haushalt sowie zur Mittelfristplanung zeigen jedoch, dass diese Maßnahmen nicht ausreichen werden.

Diese dramatische Situation hat viele Ursachen: Steuereinnahmen, insbesondere die Gewerbesteuer, brechen ein, gleichzeitig steigen Personal- und Sachkosten in allen Bereichen deutlich an. Wir müssen zunehmend Defizite bei unseren kommunalen Beteiligungen ausgleichen (30 Mio. Defizit alleine beim Klinikum). Zusätzliche Aufgaben, die Freistaat oder Bund übertragen, etwa beim Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung oder bei der Versorgung und Unterbringung von Geflüchteten, erfahren keine ausreichende finanzielle Kompensation.

Wenn Bund und Freistaat hier nicht durch eine dauerhaft tragfähige Finanzierungsstruktur gegensteuern, werden die Kommunalhaushalte an die Wand fahren: Ausgeglichene Verwaltungshaushalte werden kaum noch möglich sein und die Spielräume der Kommunen werden immer weiter eingeengt, bis nur noch Pflichtaufgaben verwaltet werden können. Es muss deshalb Schluss damit sein, dass Bund und Länder den Kommunen immer noch mehr Aufgaben ohne ausreichende Finanzierung aufbürden. Standards beim öffentlichen Bauen und in anderen Bereichen müssen deutlich gesenkt, statt immer weiter angehoben werden, damit öffentliches Bauen finanzierbar bleibt. Überregulierung und Überbürokratisierung in EU-, Bundes- und Landesregelungen erfordern immer noch mehr Personal in den Kommunen, das den Verwaltungshaushalt belastet. Auch hier braucht es dringend ein Umdenken.“

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