„Die im Frühjahr 2022 eingeleitete Zinswende hat auch den Wohnimmobilienmarkt in der bayerischen Landeshauptstadt München sowie der umliegenden Region erheblich gedreht. Deutlich gewachsene Finanzierungskosten und strenge Kreditvergabekriterien der Banken haben die zuvor sehr hohe Nachfrage im Kaufsegment spürbar abgebremst“, so Prof. Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts. „In diesem neuen Marktumfeld müssen zum Verkauf stehende Objekte länger bzw. auch über mehrere Portale angeboten werden, um letztendlich einen Käufer zu finden. Gegenüber der Zeit vor der Zinswende ist das Objektangebot demzufolge erheblich angewachsen.“

Traditionell kennzeichnet sich der Wohnimmobilienmarkt in der bayerischen Landeshauptstadt München sowie auch in den umliegenden Landkreisen durch ein hohes Preisniveau. Die prosperierende Region, die sich unter anderem durch ihre hohe Pro-Kopfkaufkraft auszeichnet, erfuhr in den vergangenen Jahren ein deutliches Bevölkerungswachstum. Dank einer über Jahre anhaltenden Niedrigzinsphase war der Immobilienerwerb auch in diesem hochpreisigen Marktumfeld beliebt wie selten zuvor; die Kaufpreise wuchsen angesichts des starken Nachfragedrucks bis etwa Mitte 2022 sogar kontinuierlich weiter an.

Im aktuellen Kaufmarkt haben sich diese Voraussetzungen grundlegend geändert. Die in den letzten Monaten bereits erheblich zurückgegangenen Kaufpreise konnten die starken Zinsanstiege bei Weitem noch nicht kompensieren. Für die klassischen Kaufinteressenten, die in der Regel einen hohen Fremdkapitalanteil benötigen, ist der Immobilienerwerb derzeit nicht bzw. kaum zu finanzieren. Marktakteure mit Eigenkapital profitieren von der aktuellen Situation bzw. von dem breiten Objektangebot zu etwas niedrigeren Kaufpreisen.

Im Jahr 2023 wurden im Schnitt der Münchner Umlandlandkreise* +99 % mehr Immobilien zum Kauf am Markt offeriert als 2021 (jeweils Januar bis November), dem letzten Jahr vor der Zinswende. Die deutlichsten Zuwächse wurden im Landkreis Bad-Tölz-Wolfratshausen (+121 %) gemessen, gefolgt von den Landkreisen Ebersberg (+116 %) und Fürstenfeldbruck (+114 %); im Landkreis Freising lag der Zuwachs mit +30 % am niedrigsten. In der Landeshauptstadt München wurden 2023 +49 % mehr Objektangebote registriert als noch 2021.

„Nach wie vor finden potenzielle Verkäufer und Käufer oftmals überhaupt nicht bzw. wenn, dann erst nach zähen Verhandlungen preislich zueinander“, fasst Prof. Stephan Kippes die Situation zusammen. „Größere Preisabschläge, die den neuen Finanzierungsmöglichkeiten auf Käuferseite entsprechen würden, werden seitens der Anbieter selten akzeptiert. Teilweise wird die Immobilie angesichts der Unsicherheiten bzgl. der Preisfindung lieber im eigenen Bestand gehalten, wenn ein Verkauf nicht dringend notwendig ist. Insbesondere gilt, dass vermietete Objekte, die eigentlich veräußert werden sollten, nicht verkauft werden, wenn der anvisierte Preis nicht erzielbar ist, da sie eine sichere und stabile Anlage sind.“

Vor dem Hintergrund der beschränkten Finanzierungsmöglichkeiten wanderten viele traditionelle Kaufinteressenten in den vergangenen Monaten in Richtung des Mietmarktes ab. Der ohnehin sehr hohe Nachfragedruck wird hier weiter verstärkt. Diese Entwicklung ist vor allem angesichts der Krise im Wohnungsbau – bereits seit Ende 2022 liegen die Baugenehmigungszahlen auf sehr niedrigem Niveau – mit großer Sorge zu betrachten.

* In die Berechnungen fließen die Landkreise Bad Tölz-Wolfratshausen, Dachau, Ebersberg, Erding, Freising, Fürstenfeldbruck, München und Starnberg ein

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