Zehn Prozent aller Erwachsenen in Deutschland haben in den vergangenen 15 Jahren geerbt. Dabei ging es durchschnittlich um 85.000 Euro pro Person. Doch es ist nicht alles Gold, was glänzt. Denn manchmal entpuppt sich eine Erbschaft als finanzieller Reinfall. ARAG Experte Tobias Klingelhöfer erläutert, wann es sich lohnt, ein Erbe anzutreten und wann man besser darauf verzichten sollte.

Annehmen oder ablehnen? Damit das Erbe nicht zur Kostenfalle wird…
Tobias Klingelhöfer:
 Eine Erbschaft kann Hinterbliebene zu enormem Vermögen verhelfen, aber ebenso mit Pflichten verbunden sein. Besteht der Nachlass in erster Linie aus Verbindlichkeiten, kann es sogar zur finanziellen Schieflage bei den Erben führen.

Andererseits muss man, schlägt man das Erbe einmal aus, zwar die Schulden des Erblassers nicht tilgen. Aber in dem Fall hat man auch keinerlei Ansprüche auf die positiven Vermögenswerte. In der Regel kann man bei einem Verzicht noch nicht einmal seinen Pflichtteil einfordern und auch keine persönlichen Erinnerungsstücke wie Briefe oder Fotos behalten. Es gilt alles oder nichts.

Welche Entscheidungshilfen gibt es?
Tobias Klingelhöfer:
 Niemand muss blind entscheiden. Zuvor haben potenzielle Erbnehmer die Möglichkeit, sich einen Überblick über die Vermögens- und Schuldenverhältnisse des Erblassers zu verschaffen, indem sie dessen Unterlagen und Policen sichten. Ich rate, auch den digitalen Nachlass im Blick zu behalten. Denn immer häufiger liegen Vermögenswerte in Kryptowährungen vor. Auch Kunstgüter können nur in digitaler Form vorliegen.

Für diese Recherche haben Erben sechs Wochen Zeit. Und zwar ab dem Tag, an dem sie vom Erbe erfahren. Nur wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte oder sich der Erbe selbst zu Beginn der Ausschlagungsfrist im Ausland aufhält, verlängert sich die Frist auf sechs Monate. Wichtig: Wer diese Fristen versäumt, erbt mit allen Konsequenzen.

Was passiert, wenn man eine Erbschaft ausschlägt?
Tobias Klingelhöfer:
 Schlagen Erben den Nachlass aus und gibt es ein Testament, erben die darin genannten Ersatzerben oder die nach gesetzlicher Erbfolge nächstberechtigten Erben, also möglicherweise Kinder. Sind diese minderjährig, müssten beide Elternteile für sie aktiv werden und gegebenenfalls das Erbe ausschlagen. Erbt eine Erbengemeinschaft, entscheidet jeder für sich, ob er annimmt oder verzichtet. Und wenn sämtliche gesetzlichen Erben das Erbe ausschlagen, erbt der Staat. Das Vermögen inklusive der Schulden geht an das jeweilige Bundesland über.

Kann man eigentlich einen Rückzieher vom Rückzieher machen? Also eine Erbschaft erst ausschlagen und dann doch annehmen?
Tobias Klingelhöfer:
 Nein, dazu gibt es ja diese Ausschlagungsfrist. Bevor man eine Erbschaft ausschlägt, sollte man immer ganz genau hinschauen, was es zu erben gibt. In einem aktuellen Fall dachte eine Enkelin, sie würde nur einen Haufen Schulden erben und schlug das Erbe ihrer Oma aus. Da die alte Dame kein Testament verfasst hatte, ging das Erbe automatisch an zwei Urenkel. Und die traten das Erbe an und holten sich damit den Jackpot. Denn sie verkauften nicht nur das Haus der Uroma für einen enormen Erlös, sondern fanden auch noch ein Sparkonto mit vierstelligem Guthaben. Die Enkelin hatte nachträglich keine Chance, sich noch ein Stück vom Kuchen zu sichern (Oberlandesgericht Zweibrücken, Az.: 8 W 102/23).

Wann ist es sinnvoll, ein Erbe auszuschlagen?
Tobias Klingelhöfer:
 Es kann beispielsweise für Ehepartner, die in Zugewinngemeinschaft gelebt haben, klüger sein. Denn sie haben Anspruch auf den Pflichtteil, auch wenn sie die Erbschaft ausschlagen. Hat der verstorbene Ehegatte einen hohen Zugewinn erwirtschaftet, ist es für den Überlebenden manchmal besser, die Erbschaft auszuschlagen und den Ausgleich des Zugewinns zu verlangen. Dazu kommt noch der Pflichtteil vom restlichen Erbe.

Auch bei eigenen Schulden kann es sinnvoll sein, ein Erbe auszuschlagen. Nehmen wir als Beispiel einen hoch verschuldeten Alleinerben mit mehreren Kindern. Er erbt ein Vermögen von 100.000 Euro. Wenn er die Erbschaft annimmt, fällt der Nachlass wirtschaftlich gesehen vollständig an seine Gläubiger und seine Kinder würden leer ausgehen. Schlägt er die Erbschaft hingegen aus, werden die Kinder Erben, ohne dass die Gläubiger an den Nachlass herankommen.

Was muss man tun, um ein Erbe auszuschlagen?
Tobias Klingelhöfer:
 Zunächst darf man keinen Erbschein beantragen. Denn sonst gilt das Erbe als angenommen. Wer sich entscheidet, aufs Erbe zu verzichten, kann beim Nachlassgericht, das ist im Amtsgericht zu finden, am eigenen Wohnort oder dem des Erblassers eine entsprechende Erklärung abgeben. Dazu wird der Personalausweis oder Reisepass benötigt. Oder man erklärt einem Notar, dass man das Erbe ausschlagen möchte. Er leitet die Erklärung mit notarieller Beglaubigung an das zuständige Nachlassgericht weiter. Die Gebühren für das Ausschlagen eines Erbes richten sich nach dem Wert der Erbschaft. Sind es nur Schulden, fällt eine Mindestgebühr von 30 Euro beim Nachlassgericht an.

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